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Gynäkoonkologie

Behandlung des Zervixkarzinoms: Wo stehen wir heute?

In der Therapie des Zervixkarzinoms sind in den vergangenen Jahren in verschiedenen Bereichen beträchtliche Fortschritte erzielt worden. Das frühe Zervixkarzinom wird inzwischen deutlich weniger radikal operiert. In Fortsetzung alter Diskussionen ersetzt die Sentinellymphknotenbiopsie zunehmend die systematische Lymphadenektomie. Somit wird die Behandlung der Lymphabflusswege zunehmend deeskaliert, das Operationsausmaß wird präzisiert und unnötige Komplikationen bzw. Operationsfolgen werden vermieden. Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren erzielt moderne, MR-basierte Radiochemotherapie beeindruckende Erfolgsraten. Der Einsatz von Antiangiogenese, Immunmodulatoren und „tumor-drug conjugates“ hat die Prognose von Patient:innen mit fortgeschrittenen bzw. metastasierten Tumoren verbessert.

Keypoints

  • Das Stadium IA kann oft mit der alleinigen Konisation behandelt werden. Tumoren, die die SHAPE-Kriterien erfüllen, können mit einer einfachen Hysterektomie statt der radikalen Hysterektomie behandelt werden.

  • Die Sentinellymphknotenbiopsie ersetzt weitgehend die systematische Lymphadenektomie.

  • Frauen mit lokal fortgeschrittenen Tumoren können mit moderner, „image-guided“ Radiochemotherapie inkl. Brachytherapie erfolgreich behandelt werden.

  • Immunmodulatoren etablieren sich bei Frauen mit fortgeschrittener Erkrankung.

  • Trotz der Fortschritte bei der Behandlung bleiben die primäre und die sekundäre Prävention (HPV-Impfung bzw. HPV-basiertes Screening) der Schlüssel zum Erfolg im Kampf gegen das Zervixkarzinom.

Am Anfang des 20. Jahrhunderts war bald klar, dass eine einfache Uterusexstirpation zur Behandlung der damaligen großen Zervixkarzinome (es gab keine kleinen Karzinome, weil es noch keine Früherkennung gab) insuffizient war. Schauta, Wertheim et al. erweiterten deshalb die Exstirpation des erkrankten Organs um die Entfernung des Parametriums und der oberen Scheide. Die erweiterten Operationen vermochten erstmals zu heilen, brachten aber auch erhebliche Morbidität und Mortalität mit sich.

Heute werden in entwickelten Ländern die meisten Zervixkarzinome in einem früheren Stadium diagnostiziert, die pathologische Evaluierung der Läsionen und Operationspräparate ist detailliert, und moderne Technologien stehen uns für Diagnostik und Therapie zur Verfügung. Frühe Zervixkarzinome werden meist operativ, lokal fortgeschrittene Tumoren mit primärer Radiochemotherapie behandelt. Freilich bleibt das Zervixkarzinom in Entwicklungsländern eine führende krebsbedingte Todesursache.1

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Abb. 1: Adenokarzinom der Zervix bei einer 40-jährigen Patientin

Operative Therapie

Sehr kleine Zervixkarzinome (FIGO Stadium IA, Mikrokarzinome) können meist mit Konisation alleine fertilitätserhaltend oder mit einfacher Hysterektomie behandelt werden.

Einen weiteren Schritt in Richtung Reduktion der operativen Radikalität brachte 2024 die SHAPE(„simple hysterectomy and pelvic node dissection in early-stage low-risk cervical cancer“)-Studie.2 Hier wurden die einfache und die radikale Hysterektomie, jeweils mit Sentinellymphknotenbiopsie bzw. systematischer Lymphadenektomie, beim frühen Zervixkarzinom randomisiert verglichen. Sowohl die Rate an pelvinen Rezidiven als auch die Rate des Gesamtüberlebens waren in beiden Gruppen gleich (3% bzw. 99%).

Urologische Komplikationen wie Harninkontinenz oder Blasenentleerungsstörungen waren jedoch nach radikaler Hysterektomie häufiger und die einfache Hysterektomie wies bessere Ergebnisse bei den Parametern Lebensqualität und sexuelle Gesundheit auf. Die SHAPE-Studie etablierte die einfache Hysterektomie mit Evaluierung der Lymphknoten beim frühen, nodal-negativen Zervixkarzinom.

Eine Überraschung in der operativen Therapie des frühen Zervixkarzinoms brachten 2018 die Ergebnisse des LACC-(„laparoscopic approach to cervical cancer“)-Trials.3 Hier wurde der laparoskopische Zugang mit der offenen radikalen Hysterektomie randomisiert verglichen. Überraschenderweise wiesen Patient:innen im Laparoskopie-Arm eine höhere Rate an lokoregionalen Rezidiven und ein kürzeres Gesamtüberleben auf. Dabei war die Lebensqualität im Laparotomie-Arm der minimalinvasiven Chirurgie nicht unterlegen. Auch die Ergebnisse der LACC-Studie schlugen sich in entsprechenden Leitlinien nieder und führten dazu, dass der offene Zugang zum Standard bei der operativen Therapie des Zervixkarzinoms wurde bzw. Standard blieb.4,5

Beim Zervixkarzinom ist der Lymphknotenstatus ein zentraler Prognosefaktor und auch für die Therapieplanung entscheidend. Zur Evaluierung des Lymphknotenstatus hat sich in den Studien SENTICOL6 und SENTIX7 die Sentinellymphknotenbiopsie durchgesetzt und die systematische pelvine Lymphadenektomie bei gegebener onkologischer Sicherheit und geringerer Komplikationsrate weitgehend abgelöst. Die Sentinellymphknotenbiopsie dürfte sogar der systematischen Lymph-adenektomie insofern überlegen sein, als diese Lymphknoten in Serienschnitten und mit Immunhistochemie aufgearbeitet werden und somit kleine Metastasen erkannt werden können.

Radiochemotherapie

Patient:innen mit nodal-positiven bzw. lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinomen werden mit Radiochemotherapie bestehend aus einer Beckenbestrahlung, einer „image-guided“ Brachytherapie und einer wöchentlichen Chemotherapie mit Cisplatin als Radiosensitizer therapiert. Die EMBRACE-Studie8 zeigte mit moderner, MR-basierter Brachytherapie eine lokale Tumorkontrollrate von ca. 90%. Diskutiert wird die Rolle einer neoadjuvanten Chemotherapie vor der definitiven Radiochemotherapie.9

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Abb. 2: Sagittales MR eines lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinoms (Scheideninfiltration)

Immuntherapie bei lokal fortgeschrittenem Zervixkarzinom

Beim lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinom, das mit einer schlechten Prognose einhergeht (5-Jahres-Überlebensrate von 50% bzw. 20% für die FIGO-Stadien III bzw. IV), ist die Hinzunahme von Immuntherapeutika Gegenstand intensiver Forschung.

Für einen Einsatz einer Immuntherapie sprechen die infektiöse Ursache des Zervixkarzinoms und positive Ergebnisse bei Patient:innen mit rezidivierter oder metastasierter Erkrankung. Studien weisen darauf hin, dass durch die immunstimulierenden Eigenschaften von Checkpoint-Inhibitoren die Wirkung der Radiochemotherapie verstärkt wird. Im Rahmen der Studie KEYNOTE-A1810 wurde der PD-1-Inhibitor Pembrolizumab mit Placebo beim lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinom verglichen. Die Gabe erfolgte jeweils zusätzlich zur RCTX und zur Brachytherapie. Der Pembrolizumab-Arm wies signifikant bessere Daten für die PFS-Rate nach 24 Monaten auf (68% vs. 57% in der Placebogruppe), die Gesamtüberlebensrate war bei Zugabe des monoklonalen Antikörpers nicht signifikant erhöht (87% vs. 81%).

Die Hinzunahme von Immunmodulatoren zur primären Radiochemotherapie beim lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinom wird sich vermutlich in den nächsten Jahren durchsetzen.

Zusammenfassung

Das Zervixkarzinom betrifft meist junge Frauen. Patient:innen mit Zervixkarzinom sollten in entsprechenden Zentren betreut werden. Frühe und sehr frühe Zervixkarzinome können ohne Radikaloperation, manchmal sogar organerhaltend operiert werden. Die operative Therapie präzisiert sich zunehmend in Richtung Sentinellymphknotenbiopsie und angepasster operativer Radikalität. Beim fortgeschrittenen Zervixkarzinom sind große Fortschritte in der Radiochemotherapie und bei Systemtherapien gemacht worden.

Wünschenswert bleibt jedoch, dass wir in wenigen Jahren aufgrund der umgesetzten HPV-Impfung sowie durch HPV-basiertes Screening das Zervixkarzinom und seine Vorstufen nur mehr als seltene Erkrankung sehen.

1 Tewari KS: Cervical cancer (review). NEJM 2025; 392(1): 56-71 2 Plante M et al.: Simple versus radical hysterectomy in women with low-risk cervical cancer (SHAPE). NEngl J Med 2024; 390(9): 819-29 3 Ramirez PT et al.: Minimally invasive versus abdominal radical hysterectomy for cervical cancer (LACC). N Engl J Med 2018; 379(20): 1895-904 4 Cibula D et al.: ESGO/ESTRO/ESP guidelines for the management of patients with cervical cancer – update 2023. Int J Gynecol Cancer 2023; 33(5): 649-66 5 Leitlinienprogramm Onkologie: S3-Leitlinie Zervixkarzinom. Version 2.2, März 2022 6 Lécuru FR et al.: SENTICOL III: an international validation study of sentinel node biopsy in early cervical cancer. Int J Gynecol Cancer 2019; 29(4): 829-34 7 Cibula D et al.: Sentinel lymph node mapping and intraoperative assessment in a prospective, international, multicentre, observational trial of patients with cervical cancer: the SENTIX trial. Eur J Cancer 2020; 137: 69-80 8 Pötter R et al.: MRI-guided adaptive brachytherapy in locally advanced cervical cancer (EMBRACE-I). Lancet Oncol 2021; 22(4): 538-47 9 McCormack M et al.: Induction chemotherapy followed by standard chemoradiotherapy versus standard chemoradiotherapy alone in patients with locally advanced cervical cancer (GCIG INTERLACE). Lancet 2024; 404(10462): 1525-35 10 Lorusso D et al.: Pembrolizumab or placebo with chemoradiotherapy followed by pembrolizumab or placebo for newly diagnosed, high-risk, locally advanced cervical cancer (ENGOT-cx11/GOG-3047/KEYNOTE-A18): a randomised, double-blind, phase 3 clinical trial. Lancet 2024; 403(10434): 1341-50

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