Highlights vom ATTD 2025

Fortschrittliche & bestehende Technologien im Diabetesmanagement

Die 18. ATTD-Konferenz (International Conference on Advanced Technologies & Treatments for Diabetes) stellt – auch wenn im Titel der Begriff „Behandlung“ enthalten ist – das jährliche Highlight der Fortschritte in der Diabetestechnologie dar. Im Folgenden möchte ich gerne einige dieser technologischen Neuerungen auch in ihrer Bedeutung für den Alltag der Betroffenen beleuchten.

Keypoints

  • Der ATTD 2025 hat gezeigt, wie viel derzeit im Bereich der Technologie im Wandel ist, vor allem getrieben durch künstliche Intelligenz.

  • Zusätzlich zeichnete sich ab, inwieweit bereits etablierte Anwendungen wie CGM in die therapeutische/diagnostische Breite drängen.

  • CGM-Analysen sind zukünftig für die Risikoprädiktion für Menschen mit Verdacht auf Typ-1-Diabetes von Bedeutung.

  • Der diagnostische Einsatz von CGM ist auch bei Menschen mit Typ-2-Diabetes sinnvoll.

  • Die CLOSE-IT-Studie bestätigte, dass ein FCL-System einem HCL-System in allen Parametern der Glukoseregulation gleichwertig ist.

  • HCL-Systeme im Automodus gelten auch in der Schwangerschaft als sicher.

Das ATTD-Jahrbuch 2024

Vorneweg soll ein ganz zentrales, frei im Internet nutzbares Highlight des ATTD vorgestellt werden: das alljährliche Jahrbuch des ATTD, publiziert im Journal Diabetes Technologies & Therapeutics.1 In diesem Sonderheft werden, geordnet nach Themengebieten, die von einem Reviewkomitee ausgewählten, jeweils wichtigsten wissenschaftlichen Publikationen des vergangenen Kalenderjahres zusammengefasst. Damit ist dieses Jahrbuch eine wichtige Ressource für jeden Interessierten, der sich weiter in ein Thema vertiefen möchte und dazu vorausgewählte Literatur zusammengefasst oder auch in weiterer Folge im Original lesen möchte.

Vor allem der Sensortechnologie, dem kontinuierlichen Glukosemonitoring (CGM), kommt im diagnostischen und therapeutischen Einsatz immer mehr Bedeutung zu. Zusammenfassend lässt sich dazu sagen, dass Sensoren immer genauer werden und auch länger funktionell bleiben. So wurden etwa die ersten Daten eines Dexcom-G7-Sensors vorgestellt, der 15 Tage getragen werden kann. Auch der evidenzbasierte Einsatz dieser Technologie verbreitert sich laufend.

Früher T1D: CGM für Risikoprädiktion

Die Entität des Typ-1-Diabetes (T1D) wurde in der Diagnostik, dem pathophysiologischen Verlauf entsprechend, in Stadien eingeteilt. Personen mit einem positiven Antikörper (GAD, IA2, Zinktransporter-8, IAA) werden als Personen mit Risiko eingestuft. Zwei oder mehr positive Antikörper unter Normoglykämie werden als das Stadium 1 des T1D definiert. Zwei oder mehr positive Antikörper unter Dysglykämie (IGT oder IFG) sind bereits das Stadium 2 eines T1D, während positive Antikörper mit einer diabetischen Stoffwechsellage (früher der klassische Typ-1-Diabetes) das Stadium 3 darstellen. Im Stadium 2 nun ist es von großem Interesse für Betroffene, den Übergang zum klinisch manifesten Diabetes im Stadium 3 möglichst ohne Ketoazidose oder andere Komplikationen zu erleben. Das Stadium 2 kann jedoch unterschiedlich lang (wenige Monate bis Jahre) dauern.

Prof. Chantal Mathieu aus Belgien hat die Evidenz zur Verwendung von CGM zur Risikostratifizierung zusammengefasst.Menschen mit Normoglykämie verbringen rund 98% der Zeit über 24 Stunden in einem Bereich zwischen 70 und 140mg/dl. Das ist die sogenannte „time in tight range“. Nur etwa 1,5% der Zeit werden darüber verbracht („time above range“; TAR). Bei dysglykämischen Menschen mit T1D im Stadium 2 gilt die TAR als wichtiger Risikoprädiktor. Eine TAR von >18% ist beinahe zu 100% prädiktiv dafür, dass binnen eines Jahres ein Übergang ins Stadium 3 erfolgt. Repetitive CGM-Analysen werden daher in Zukunft ein wichtiges Hilfsmittel zur Risikoprädiktion für diese Menschen darstellen.

CGM in der Routinetherapie bei T2D

Im Sommer 2024 wurde in Nature Reviews in Endocrinology ein Positionspapier zur Verwendung von CGM bei Typ-2-Diabetes (T2D) veröffentlicht. Prof. Battelino aus Slowenien, einer der Koautoren dieser Publikation, konnte unter Verweis auf die Bedeutung von frühen Dysglykämien darauf verweisen, dass zumindest der diagnostische Einsatz eines CGM als sinnvoll anzusehen ist. Dies gilt auch für Menschen mit T2D, die keine Insulintherapie oder keine medikamentöse Therapie haben, z.B. über 2 Wochen bei Diagnose oder vor klinischen Kontrollen.

„Fully closed loop“-AID für Insulintherapie

Prof. Neale Cohen aus Melbourne präsentierte die Resultate der CLOSE-IT-Studie. Diese Studie ist die erste randomisierte, kontrollierte Studie, die ein AID mit „hybrid closed loop“ mit einem „fully closed loop“ (basierend auf Oref-Algorithmus und „Artificial Pancreas System“ [APS] von Android sowie CGM von Dexcom und Ypsopump) vergleicht.

Was ist nun aber der Unterschied zwischen diesen Systemen? „Hybrid closed loop“(HCL)-Pumpen haben bereits Eingang in den klinischen Alltag gefunden. Dabei wird die basale Insulinabgabe der Pumpe über einen mathematischen Algorithmus in Abhängigkeit von der von einem Sensor gemessenen Glukose gesteuert. Im Falle einer Mahlzeit muss allerdings der Patient die Menge der Kohlenhydrate erfassen und den von einem Boluskalkulator vorgeschlagenen Bolus manuell abgeben. Dieser Vorgang fällt bei einem „fully closed loop“ (FCL) weg. Der Patient setzt sich einfach zum Essen und der Algorithmus erkennt die Nahrungsaufnahme und reagiert entsprechend.

Praxistipp
Die Highlights des ATTD-Kongresses 2024 können erneut im Jahrbuch des ATTD geordnet nach Themengebieten nachgeschlagen werden. Siehe dazu auch: www.liebertpub.com/toc/dia/27/S1

In der CLOSE-IT-Studie konnte nun gezeigt werden, dass ein FCL-System einem HCL-System in allen Parametern der Glukoseregulation gleichwertig ist. Diese Tatsache ist ein überaus wichtiger Schritt in Richtung Vereinfachung des Alltags für Menschen mit T1D. In anderen Sitzungen wurden Daten zur Performance von FCL-Systemen auch im Hinblick auf Sport und Mahlzeiten mit und ohne Vorankündigung (an das AID) durch den Patienten präsentiert.

„Hybrid closed loop“-Systeme sicher in der Schwangerschaft

Eine Sitzung des Kongresses war dem Thema Schwangerschaft mit T1D gewidmet. In mehreren Präsentationen konnte dort sehr deutlich gezeigt werden, dass Systeme wie Medtronic780G oder CamAPSFX-Ypsopump im Automodus in der Schwangerschaft sicher sind und sogar die dramatischen Veränderungen des Insulinbedarfs im Rahmen der Geburt mathematisch verarbeiten und umsetzen können.

1 Karg SK et al.: ATTD 2024 yearbook advanced technologies and treatments for diabetes. Diabetes Technol Ther 2025; 27: S1: https://www.liebertpub.com/toc/dia/27/S1


Weitere Literatur beim Verfasser

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