Beratung in der Hausarztpraxis
Was tun bei Hautwarzen?
Humane Papillomaviren (HPV) finden sich bei etwa 40% der Allgemeinbevölkerung, aber nur ein Bruchteil bildet Hautwarzen aus – meist bei Vorliegen bestimmter Risikofaktoren. Sind Warzen bereits vorhanden, bleibt nach wie vor die Frage: Wie behandelt man sie, damit sie langfristig verschwinden?
Hautwarzen (Verrucae vulgares) werden durch Infektion von Hautepithelzellen mit humanen Papillomaviren (HPV) verursacht, die nach einer Inkubationszeit von bis zu 20 Monaten zur benignen Epithelhyperplasie führen können (Abb.1). Häufige Auslöser sind die HPV-Typen 1–4, 7 und 54, im Bereich der Fußsohlen auch 27, 57, 60 oder 63.1 Doch nicht jeder, der Kontakt mit einem der heute mehr als 200 bekannten HPV-Typen hat, entwickelt auch eine Warze. Die meisten Infektionen werden durch zelluläre und humorale Immunreaktionen kontrolliert oder beseitigt.
Prävalenz und Risikofaktoren
Die Prävalenz von Warzen liegt für Erwachsene bei rund 3% und, vergleichsweise höher, bei etwa 20% für Kinder und Jugendliche. Besonders anfällig sind Menschen mit Immundefizienz, bei denen sich auch atypische HP-Viren wie HPV-69 finden.1 Allgemeine Risikofaktoren für die Entstehung von Hautwarzen sind eine erhöhte Exposition gegenüber HPV, zum Beispiel in Feuchtbereichen oder Gemeinschaftseinrichtungen wie Schwimmbädern und Sportstätten. Begünstigt werden sie durch die Schädigung der Hautbarriere infolge von Feuchtarbeiten, Bagatellverletzungen oder durch atopische Prädisposition. Berufsbezogen besteht bei Metzgern und Beschäftigten in Schlachtbetrieben durch Bagatellverletzungen der Haut und Kontakt mit frischem Fleisch ein nachweislich erhöhtes Risiko für die Übertragung von HPV-7 („Fleischerwarze“).
Über Autoinokulation oder Fremdinokulation – vor allem innerhalb der Familie oder des engen sozialen Netzes junger Menschen – können sich Warzen zudem vermehren und so zu einer besonderen psychischen Belastung werden. Denn sie zählen zu den Erkrankungen, die aufseiten der Betroffenen mit einem hohen Schamgefühl besetzt sind, besonders im Jugendalter. Die mit einer jährlichen Inzidenz von 14% auftretenden Warzen im Fußsohlenbereich verursachen zudem nicht selten Schmerzen beim Auftreten (Abb. 2) und können besonders für Sportler sehr störend sein.1
Erscheinungsformen
Je nach Lokalisation und klinischem Erscheinungsbild werden die Verrucae vulgares weiter unterteilt in Verrucae palmares im Bereich der Hände (Abb.3) und Verrucae plantares an Fußsohle (Abb.4) und Metatarsalköpfchen, bei deren Konfluenz sogenannte Mosaikwarzen (Abb.5) entstehen. Warzen mit fransig-fadenförmiger Oberfläche werden als Verrucae filiformes (Pinselwarzen; Abb.6) bezeichnet. Bei Auftreten im Nagelbereich spricht man von paronychalen Warzen oder – unterhalb der Nagelplatte gelegen – von Verrucae subunguales (Abb.7).
Klinisch imponieren Verrucae vulgares als hyperkeratotische, papillomatöse, hautfarbene bis weißlich-graue Tumoren mit einem Durchmesser von i.d.R.max. 10mm, meist an den Händen, aber auch an Armen und Beinen, an Gesicht und Füßen. Häufig ist auch eine „Mutterwarze“ von kleineren Satelliten umgeben.
Dornwarzen (Verrucae planeres) werden durch andere HPV-Subtypen verursacht als die typischen Hautwarzen. Im Bereich der Fußsohlen zeigen sie aufgrund des Auflagedrucks eine endophytische Proliferation der Epidermis mit gefäßthrombotisch bedingten intraläsionalen punkt- oder streifenförmigen Einblutungen in die brüchige Epidermis aus der Dermis heraus. Sie sind zudem oft stark druckschmerzhaft (Abb. 2). Sie finden sich vor allem bei Kindern zwischen zwölf und 16 Jahren; sie treten gehäuft in den Wintermonaten sowie mit unterschiedlichen Prävalenzen je nach Region und Ethnie auf.1
Epidermodysplasia verruciformis
Zu unterscheiden sind Verrucae vulgares von der „Epidermodysplasia verruciformis“ (EV), einer Genodermatose. Während die typische EV autosomal-rezessiv vererbt wird, basiert die atypische EV auf unterschiedlichen Mutationen, die eine Immunschwäche verursachen. Aufgrund des genetischen Defekts und der damit einhergehenden Immundefizienz besteht eine höhere Suszeptibilität der Haut gegenüber den HPV (Fleischhauertyp). Als Folge kann das Hautbild aus Papeln und Hyperkeratosen entstehen. Die erworbene EV findet sich bei erworbener Immunschwäche. Bei EV-Patienten findet sich auch die sonst bei HPV-bedingten Hautwarzen selten zu beobachtende maligne Entartung in ein Plattenepithelkarzinom häufiger. Maligne Läsionen zeigen sich in der Regel schmerzhafter, brüchiger und erythematöser als gutartige Läsionen.2
Therapiemöglichkeiten und präventive Maßnahmen
Die meisten Warzen heilen innerhalb von zwei Jahren von selbst ab und führen schließlich zu einer B-Zell-vermittelten Immunität gegen den betreffenden HPV-Typ. In Studien konnte auch bei den eher hartnäckigen plantaren Warzen eine Spontanheilungsrate von 65 bis 78% innerhalb von zwei Jahren dokumentiert werden.1,3 Im Allgemeinen sind sie aber behandlungsresistenter als Warzen an anderen Stellen der Haut.
Je länger eine Warze besteht und je älter die Betroffenen sind, desto mehr nehmen Spontanheilungsrate und Therapieerfolg ab.1 Deshalb ist ein frühzeitiger Therapiestart gerade bei Verrucae plantares oft von Vorteil.
Rezidive nach einer erfolgreichen Behandlung sind jedoch keine Seltenheit und stellen eine weitere therapeutische Herausforderung dar.4 Hier spielen besonders präventive Maßnahmen eine große Rolle, über die betroffene Patienten aufgeklärt werden sollten (siehe Praxis-Tipp).
In puncto Behandlung von Hautwarzen existiert keine nationale Leitlinie. International gibt es Bestrebungen, Leitlinien zu etablieren, in denen eine Reihe an medikamentösen und interventionellen Optionen angeführt sind(Tab.1).5 Von diesen sind die topische Anwendung hoch konzentrierter Salicylsäure und die Kryotherapie mit flüssigem Stickstoff die am besten untersuchten und hierzulande am häufigsten angewendeten Therapien.1
Anwendung von Säuren
Die vom Autor aus guter Erfahrung empfohlene Therapie ist die streng läsionale Applikation eines Warzenlacks aus 5-Fluorouracil mit Salicylsäure und Hyaluronsäure in Fixkombination, ggf. nach vorhergehender flacher Kürettage sehr dicker Warzen. Die alleinige Behandlung mit Salicylsäure ist zwar meist gut verträglich, weist aber nur eine etwa 50% bessere Wirksamkeit als Placebo auf, ihre Ansprechrate liegt je nach Studie zwischen 5% und 92%.1,6 Durch Anwendung aggressiverer Säuren wie Monochloressigsäure kann das Ansprechen um das Dreifache (Verrucae vulgares) bzw. das Doppelte (Verrucae planares) gesteigert werden.7 85%ige Ameisensäure soll sogar Ansprechraten von 91% gegenüber 11% unter Placebo erbracht haben. Sie birgt aber durch ihre Aggressivität auch die Gefahr von Ulzerationen, weshalb sie nur durch erfahrene Ärzte und nicht im Gesicht angewendet werden sollte.8
Kryotherapie
Auch die Kryotherapie ist mit Ansprechraten zwischen 6% und 65% keine optimale Lösung.6 Sie führt bei Warzen an den Händen aber tendenziell zu einer schnelleren Abheilung als Placebo, wohingegen an den Fußsohlen keine Vorteile durch die Kryotherapie gezeigt werden konnten.4 Der Effekt der Kryotherapie kann durch eine Zweifachanwendung innerhalb einer Sitzung möglicherweise gesteigert werden – wobei die Nebenwirkungen hier ebenfalls zunehmen.1 Nach Anwendung kann es zur Blasen- und Narbenbildung kommen sowie zu Hautreizungen. Bei Patienten mit diabetischem Fuß, PAVK oder Raynaud-Syndrom sollte die Kryotherapie nicht eingesetzt werden. Ob Vereisungssticks, die inzwischen für den Heimgebrauch erhältlich sind und niedrigere Stickstoffkonzentrationen enthalten, effektiv sind, wurde bisher nicht in Studien untersucht.4
Weitere Optionen
Andere Behandlungen wie intraläsionale Einspritzungen von Pilzantigenen, Bleomycin und Interferon sind viel zu teuer und außerdem nebenwirkungsreich. Auch Imiquimod wirkt entgegen der Produktwerbung nicht zufriedenstellend. Die früher übliche tiefe Exzision von Warzen kann als Kunstfehler angesehen werden, denn es besteht die Gefahr von Infektionen, Narbenbildung und Rezidiven (30%).1,4 Lediglich bei dicken, verhornten Warzen ist eine oberflächliche Kürettage der verhornten Anteile hilfreich, um mit der topischen Therapie die Basalzellschicht zu erreichen.
Studiendaten
Aktuelle Studiendaten liegen zur lokalen Hyperthermie, zum Mitomycin-Microneedling und zur intraläsionalen Ozonbehandlung vor.
In einer multizentrischen, offenen, zweiarmigen, nicht randomisierten, kontrollierten Studie mit 1027 Patienten konnte für die lokale Hyperthermie zwar keine überlegene Wirksamkeit im Vergleich zur Kryotherapie gezeigt werden (50,9% bzw. 54,3%), sie ging jedoch mit einer geringeren Rezidivrate (0,8% vs. 12%) und einem geringeren Schmerzempfinden während der Behandlung einher.9
In einer randomisiert-kontrollierten Studie mit 60 Patienten, die an Plantarwarzen litten, wurde ein Mitomycin-Microneedling mit einer Kryotherapie verglichen. Die Behandlung führte nach einem Beobachtungszeitraum von vier Monaten mit im Schnitt zwei bis drei Sitzungen bei 76,7% der Patienten zur vollständigen Abheilung. Bei den mit durchschnittlich vier Anwendungen Kryotherapie Behandelten kam es dagegen nur bei 56,7% zur Abheilung der Warzen. Auch die Verträglichkeit der neuen Methode war besser als jene der Kryotherapie.10
Auf eine intraläsionale Ozongas-Behandlung (max. 10 Sitzungen; 44 Patienten) zur Therapie multipler Warzen zeigten nach sechs Monaten Nachbeobachtungszeit 56,8% der Probanden ein vollständiges und 34,1% ein teilweises Ansprechen auf die Behandlung. Die Wirksamkeit gegenüber Placebo war signifikant (p<0,001). Die Ozontherapie ging mit leichten Nebenwirkungen einher (Schmerzen, Taubheitsgefühl, Müdigkeit), zeigte aber sehr gute kosmetische Ergebnisse.11
Fazit
Insgesamt bleibt die Therapie von persistierenden und rezidivierenden Hautwarzen schwierig – besonders im Bereich der Fußsohle. Somit ist letztlich immer noch der beste Ansatz, das Thema Hautwarzen anzugehen, ihre Prävention:
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Verringerung der Risikofaktoren für eine HPV-Infektion
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Aufrechterhaltung einer intakten Hautbarriere
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Förderung einer guten Immunabwehr1
Facharzt für Innere MedizinFacharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten
Berlin
Dr. Viktor-Alexander Czaika
Tab. 1:Verfügbare Therapieoptionen bei Verrucae plantares (modifiziert nach Witchey DJ et al. 2018)1
Infobox HPV
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Bislang wurden mehr als 200 HPV-Typen identifiziert.
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Die Übertragung erfolgt mittels direkten Haut- oder Schleimhautkontakt(Vaginal- oder Analverkehr), orogenitale Sexualpraktiken, seltener durch Schmierinfektionen.
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Die verschiedenen Arten des humanen Papillomavirus (HPV) infizieren verschiedene Körperregionen und können Hautwarzen sowie Krebsvorstufen oder Krebs in Gebärmutterhals, Scheide, Vulva, Anus und Rachen verursachen.
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Häufige Auslöser für Hautwarzen sind die HPV-Typen 1–4, 7 und 54, im Bereich der Fußsohlen auch 27, 57, 60 oder 63. Dornwarzen werden durch andere HPV-Subtypen verursacht als die typischen Hautwarzen.
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Die Prävalenz von Hautwarzen beträgt bei Erwachsenen rund 3% und etwa 20% bei Kinder und Jugendlichen. Besonders anfällig sind Personen mit Immundefizienz, bei denen sich auch atypische HP-Viren wie HPV-69 finden.
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Die meisten Hautwarzen heilen innerhalb von zwei Jahren von selbst ab und führen zu einer B-Zell-vermittelten Immunität gegen den betreffenden HPV-Typ.
Abb. 3: Verhornte Warze am Finger
Abb. 4: „Mutterwarze“ an der Fußsohle, umgeben von kleineren Satellitenwarzen
Abb. 5: Mosaikwarzen am Fuß
Abb. 6: Pinselwarzen am Kinn
Abb. 7: Warze unter dem Fingernagel
Abb. 8: Multiple Warzen an der Hand
Praxistipp:
Empfehlungen zur Warzen-Prävention
(modifiziert nach Witchey DJ et al.2018)1
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Allgemeine Hygienemaßnahmen (keine Handtücher, Socken etc. mit anderen teilen; in öffentlichen Umkleiden und Duschen nicht barfuß laufen; gemeinsam benutztes Sportequipment regelmäßig reinigen; Socken regelmäßig wechseln und waschen; gut belüftetes Schuhwerk tragen, Schuhe regelmäßig trocknen lassen)
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Fußhygiene (Füße trocken und sauber halten; Hautpflege der Fußsohlen, um Mazerationen und Verletzungen vorzubeugen)
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Umgang mit Warzen (Manipulation und Blutungen der Warzen vermeiden; direkten Kontakt mit eigenen Warzen oder denen anderer Personen vermeiden; getrennte Nagelfeilen, Bimssteine etc. für Warzen und restliche Haut benutzen)
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Impfung gegen HP-Viren (quadrivalenter Impfstoff) erwägen
Abb. 1: Ablauf einer HPV-Infektion
Humanes Papillomavirus
Hornschicht
Gesundes Epithel
HPV-infiziertes Epithel
1. HPV
2. infizierte Basalzelle
3. HPV in Epithelzellen
4. Virusreplikation
Lederhaut
Basalzellen
Membran
Abb. 2: Warzen an den Fußsohlen werden aufgrund des Drucks nach innen invertiert und neigen zu Einblutungen aus der Dermis heraus in die brüchige Epidermis
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