8. Juli 2020

Analyse österreichischer Versicherungsdaten

Triptanverschreibung bei kardiovaskulärer Komedikation

Triptane sind bei kardiovaskulären und zerebrovaskulären Erkrankungen kontraindiziert sowie bei Patienten über 65 Jahre nicht empfohlen oder ebenfalls kontraindiziert. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Verschreibung dennoch erfolgen. Eine Auswertung von Versicherungsdaten untersuchte die Situation in Österreich.

Die Prävalenz der Migräne liegt bei 10–18%. Frauen sind davon im Verhältnis 2,5:1 häufiger betroffen als Männer. Die Erstmanifestation liegt in der Adoleszenz bzw. im jungen Erwachsenenalter. Die Prävalenz gipfelt im mittleren Erwachsenenalter, nimmt dann wieder ab, ist aber auch bei älteren Menschen noch präsent.1 Zebenholzer et al. erhoben 2018 die Triptanverschreibung in der österreichischen Allgemeinbevölkerung anhand einer Auswertung der Datenbank der österreichischen Sozialversicherung. Die Analyse von Daten aus dem Jahr 2007 ergab, dass 33062 (0,56%) von ca. 5,9 Mio. Versicherten zumindest einmal ein Triptan verschrieben bekommen hatten. Davon waren 23,6% 51–65 Jahre alt und 5,4% älter als 65.

Triptane: Kontraindikation bei vaskulären Erkrankungen

Triptane wirken als Serotonin-5-HT1B/1D-Agonisten und werden in der Akuttherapie von Migräneattacken und Cluster-Kopfschmerzen eingesetzt. Aufgrund ihres Wirkmechanismus sind Triptane bei kardiovaskulären und zerebrovaskulären Erkrankungen, PAVK, nicht kontrolliertem Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen und schweren Nierenschäden kontraindiziert. Bei Personen über 65 Jahre ist je nach Fachinformation und Präparat ein Triptan nicht empfohlen oder sogar kontraindiziert. Dennoch werden Triptane älteren Menschen verschrieben. Deshalb ist es wichtig, darauf zu achten, ob bei dem Patienten kardiovaskuläre Erkrankungen vorliegen.

Biagi et al.2 erhoben die Triptanverschreibung bei gleichzeitiger kardiovaskulärer Komedikation für 2006/07 in einer italienischen Region. Unter den langfristigen Triptananwendern älter als 65 Jahre lag bei 64,3% eine kardiovaskuläre Komedikation vor (5,6% mit absoluter Kontraindikation gegen Triptane). Dies deutet darauf hin, dass bei Patienten, die langjährig Triptane einnehmen, eine Änderung ihrer sonstigen Medikation nicht erfragt wird.

Triptangebrauch älterer Patienten in Österreich

Univ.-Prof. Dr. Karin Zebenholzer, Universitätsklinik für Neurologie, und ihr Team analysierten in einer aktuellen Studie erneut Versicherungsdaten, diesmal von 2011, und fokussierten diesmal auf Triptananwender über 50 Jahren, vaskuläre Diagnosen und vaskuläre Komedikation. Von über 8,3 Mio. Versicherten hatten 45355 (0,57%) eine Triptanverschreibung, knapp 14485 (30,6%) waren älter als 50 Jahre. Selektiert wurden Anwender, von denen der Wohnbezirk bekannt war (13796 Personen), da Studiendaten nahelegen, dass es in einzelnen Bundesländern Unterschiede in der vaskulären Gesundheit gibt. Die Kontrollgruppe wurde nach Alter, Geschlecht und Bundesländerverteilung gematcht. Die Analyse ergab, dass

  • 15,7% der Triptananwender 2011 mindestens in einem Quartal einen Triptanübergebrauch hatten,

  • die Verteilung der Triptanuser den Bevölkerungsanteilen in den Bundesländern entsprach,

  • es keinen signifikanten Unterschied bei Spitalsaufenthalten und der Anzahl an Spitalstagen zwischen Triptanusern und Kontrollpersonen gab,

  • es keinen Unterschied bei vaskulären Diagnosen im Rahmen stationärer Aufenthalte bei Triptanusern älter als 50 Jahre und Kontrollpersonen gab,

  • Antihypertensiva, Betablocker und kardiale Therapeutika häufiger Triptanusern als Kontrollpersonen verschrieben wurden und

  • Medikamente mit Wirkung auf das Renin-Angiotensin-System und Kalziumkanalblocker häufiger Kontrollpersonen verschrieben wurden.

Aus diesen Beobachtungen ergeben sich interessante Fragen. Werden beispielsweise Betablocker zur Migräneprophylaxe eingesetzt? Deutet die erhöhte Verschreibung kardialer Therapeutika und Antihypertensiva bei Triptananwendern auf eine erhöhte Komorbidität hin? Oder wird zu wenig darauf geachtet, dass bei Migränepatienten eine vaskuläre Erkrankung vorliegt? Die erhöhte Verschreibungsrate von Antihypertensiva könnte auch ein Hinweis darauf sein, dass Bluthochdruck bei Migränikern mehr Beachtung geschenkt wird als üblich, da Triptane nicht kontraindiziert sind, wenn der Bluthochdruck kontrolliert wird. Schließlich bleibt auch die Frage offen, ob vaskuläre Diagnosen oder Medikamente zu einem Absetzen von Triptanen führen.

Bericht: Dr. Gabriele Senti

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