9. September 2024
ÖGPÄRC-Jahrestagung – Vorberichterstattung
Präpektorale Rekonstruktion
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Heute werden deutlich mehr Mastektomien durchgeführt als vor 25 Jahren. In weiterer Folge hat dadurch auch die Anzahl der Sofortrekonstruktionen zugenommen. Die Nippel-sparende Mastektomie (NSM) mit sofortiger Implantat-basierter Rekonstruktion (IBBR) ist dabei die weltweit am häufigsten gesetzte Maßnahme. Diesbezüglich lautet die zentrale Frage, ob das Implantat vor oder hinter dem Brustmuskel platziert werden soll. Eine Metaanalyse retrospektiver Daten, welche die prä- und rektopektorale Implantatsetzung verglich, sowie die retrospektive Analyse von 100 eigenen präpektoralen Rekonstruktionen suchen Antworten.
Die Rate an durchgeführten Mastektomien in Brustzentren liegt seit 10 Jahren weltweit bei ungefähr 20–30%.1 Diese Rate hat sich von den vor der Jahrtausendwende gelegenen 10% aufgrund der zusätzlichen MR-Untersuchungen, der vermehrten genetischen Beratungen sowie der höheren Sorge unserer Patientinnen wieder erhöht, obgleich das onkologische Ergebnis unbeeindruckt davon zu sein scheint.2–7
Getrieben von den höheren Mastektomieraten haben in den letzten Jahren auch die Sofortrekonstruktionsraten zugenommen.1 Der Grund dafür dürfte in der Verwendung von immer moderneren Techniken und Materialien liegen, wie auch an dem vermehrten Interesse an einer Sofortrekonstruktion sowie der umfassenderen Aufklärung unserer Patientinnen über Sofortrekonstruktionen. Hierbei kommen in den letzten Jahren zumeist Implantatrekonstruktionen vor autologen Rekonstruktionen zum Einsatz, wobei Letztere auf lange Sicht haptisch und optisch bessere Ergebnisse nach sich ziehen. Implantate werden aber vor allem auch aufgrund der kleineren Schnittführungen, der einfachen Handhabung und der kürzeren Operationsdauer vermehrt den Patientinnen angeboten.
Hierbei gibt es eine Reihe von verschiedenen Optionen, welche mit den Patientinnen besprochen werden müssen. Zum einen gibt es die notwendige Entscheidung über anatomisch geformte oder runde Implantate zu treffen. Zum anderen stellt sich die Frage, ob die Implantate vor oder hinter dem Pektoralismuskel platziert werden sollen und zu guter Letzt stellt sich dann noch die Frage nach einem Netz. All diese Fragen werden vor allem dadurch bestimmt, zu welchem Chirurgen die Patientin geht, tatsächlich aber sollten Frauen über alle Vor- und Nachteile dieser verschiedenen Methoden aufgeklärt werden und selber entscheiden können.
Hierfür ist es jedoch notwendig, prospektive Daten zu haben, welche man Patientinnen mitteilen kann, leider ist das in diesen Fällen noch sehr dürftig. Dies vor allem, weil prospektive Studien teuer sind. Somit ist es zumindest von entscheidender Notwendigkeit, retrospektive Analysen zu haben, die mit einer ausreichenden Menge an Patientinnen zumindest eine Level-III-Evidenz nach sich ziehen.
Die Nippel-sparende Mastektomie (NSM) mit sofortiger Implantat-basierter Rekonstruktion (IBBR) wurde aufgrund moderner Implantate und neuer chirurgischer Techniken zur häufigsten Rekonstruktionsmaßnahme weltweit. Diesbezüglich ist eine der vordergründigsten Fragen, ob das Implantat vor oder hinter dem Brustmuskel gesetzt werden soll.
Daher befasste sich diese Arbeit nun eingehend mit dem Thema der Lage der Implantate zum Brustmuskel. Hierbei haben wir zum einen eine Metaanalyse retrospektiver Daten analysiert, welche zwischen prä- und retropektoraler Lage der Implantate verglichen hat. Weiters haben wir 100 eigene Fälle von präpektoraler Rekonstruktion mittels modernerPolyurethan-beschichteter Implantate ohne Netz analysiert und zwischen kleinen nicht ptotischen und großen ptotischen Brüsten unterschieden, da es immer wieder Stimmen gibt, welche die Meinung vertreten, dass eine ptotische Brust nicht sofortrekonstruiert werden sollte. Wir haben auch Frauen mit und ohne Strahlentherapie miteinander verglichen.
Material und Methoden
Wir haben eine systematische Suche in den Datenbanken PubMed und Cochrane Library, bezogen auf den Zeitraum von Jänner 2011 bis Dezember 2021, durchgeführt und zwischen Patientinnen mit prä- versus retropektorale Rekonstruktion verglichen. An der Medizinischen Universität Wien zwischen 2017 und 2021 (EK1597/2021) operierte Frauenmit präpektoraler Rekonstruktion wurden retrospektiv auf Komplikationsrate und Lebensqualität überprüft und danach Frauen mit und ohne ptotische Brust sowie Frauen mit und ohne Strahlentherapie miteinander verglichen.
Ergebnisse
Metaanalyse
15 Studien mit 3101 Patientinnen wurden inkludiert. Unserer Resultate zeigten einen signifikanten Unterschied in der Kapselkontrakturrate zwischen präpektoraler und retropektoraler IBBR mit einer OR von 0,54 (95% CI: 0,32–0,92; p=0,02), weiters einen signifikanten Unterschied in Brustanimation mit einer OR von 0,02 (95% CI: 0,00–0,25; p=0,002) und im Prothesenverlust mit einer OR von 0,58 (95% CI: 0,42–0,80; p=0,001) zugunsten der präpektoralen IBBR. Es gab keinen Unterschied in Serom-, Hämatom- oder Infektions- sowie Hautnekroseraten. Weiters fanden wir auch keinen Unterschied im Breast-Q zwischen den Gruppen.8
Eigene Daten: Ptose versus keine Ptose
Insgesamt wurden 102 Patientinnen analysiert:9 62 in der nichtptotischen Inframammärschnitt-Gruppe (IMF) und 40 in der ptotischen Invers-T-Gruppe. Die Resultate zeigten Gleichheit beider Gruppen in der postoperativen 30-Tage-Komplikationsrate mit gleichen Hämatomen (p=0,392), Seromen (p=0,559), Infektionen (p=1,00), Hautnekrosen (p=1,00), Lokalrezidiven (p=1,00), Implantatverlusten (p=0,279), Kapselkontrakturen (p=1,00) und Nippelnekroseraten (p=0,082).
Eigene Daten: Strahlentherapie versus keine Strahlentherapie
Insgesamt wurden 98 Patientinnen untersucht:10 70 hatten eine präpektorale Rekonstruktion ohne Strahlentherapie, 28 mit Strahlentherapie. Hierbei zeigte sich eine signifikant schlechtere Kapselkontrakturrate bei den Patientinnen mit Strahlentherapie verglichen mit denen ohne (18% vs. 4,3%, p=0,04). Die gesamte Implantatverlustrate lag bei 4% (10,7% mit vs. 1,4% ohne, p=0,05). Wir erhielten einen hohen BREAST-Q-Wert in allen Sparten, „satisfaction with the breast“ und „sexual well-being“ waren aber höher in der nicht bestrahlten Gruppe.
Diskussion
Die präpektorale Sofortrekonstruktion mit modernen Polyurethan-beschichteten Implantaten ohne Netz zeigt eine ausgezeichnete Patientinnenzufriedenheit, eine geringe Komplikationsrate und kann auch trotz erhöhter Komplikationsrate durch die Strahlentherapie bei Frauen mit der Notwendigkeit einer postoperativen Radiatio eingesetzt werden, da die Komplikationsraten deutlich unter denen in der Literatur beschriebenen Komplikationsraten liegen. Verglichen mit der retropektoralen Lage lagen die Vorteile vor allem in der geringeren Kapselkontrakturrate, der nicht vorhandenen Brustanimation und dem reduzierten Implantatverlust. Interessanterweise gab es keinen Hinweis, dass die präpektorale Implantation die Patientinnenzufriedenheit aufgrund des möglicherweise tastbaren und auch sichtbaren Implantates beeinflussen könnte. Eine Strahlentherapie verschlechterte die Komplikationsraten, jedoch lange nicht in dem Ausmaß, wie es in anderen Studien publiziert wurde.
Die sehr geringe Anzahl an Frauen, welche an der MedUniWien operiert wurden, die retrospektive Metaanalyse sowie die geringen Fallzahlen sind allerdings als klare Schwäche dieser Studie zu bemerken, wohingegen die große Anzahl an Frauen in der Metaanalyse zur Stärke dieser Studie zu zählen ist. Die prospektive PREPEC- Studie des Oncoplastic Breast Consortium sollte hier erste Level-I-Daten zu dieser Fragestellung geben, und wir sind schon gespannt, ob die retrospektiven Daten hier bestätigt werden können.11