OncoViews: Prostata- und Urothelkarzinom

Metastasiertes Prostatakarzinom: optimierte systemische Therapie

Klinische Studien haben signifikante Benefits diverser Medikamente beim metastasierten hormonsensitiven oder kastrationsresistenten Prostatakarzinom gezeigt. Während die Forschung Themen wie Sequenzierung, Deeskalation und Biomarker evaluiert, ist die Umsetzung der anerkannten Evidenz in die tägliche klinische Praxis noch immer eine Herausforderung.

Wegen der allgemeinen Überalterung wird weltweit mit einem massiven Anstieg der Prostatakarzinominzidenz gerechnet.1 Der Verbesserung des klinischen Managements von Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom kommt daher grosse Bedeutung zu. Mehrere Studien haben bei Hochrisikopatienten verbesserte Überlebensraten durch die Intensivierung der systemischen Behandlung gezeigt, was zur Zulassung einer Reihe von Substanzen und Kombinationen führte. Dennoch ist die Umsetzung von Studienerkenntnissen in der klinischen Praxis nach wie vor eine Herausforderung, besonders bei älteren Patienten. Analysen der SEER- und VHA-Datenbanken belegen eine Verlängerung der medianen Gesamtüberlebenszeit bei jüngeren Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom zwischen 2000 und 2019, während bei Männern im Alter von ≥80 Jahren keine wesentliche Änderung eingetreten ist.2

Daten aus Grossbritannien zeigen, dass ein grosser Teil der Patienten mit metastasiertem hormonsensitivem Prostatakrebs (mHSPC) nach wie vor eine alleinige Androgendeprivationstherapie (ADT) erhält, obwohl die Leitlinien bei fitten Personen davon abraten.3 Erwiesenermassen wird die in den Leitlinien empfohlene überlebensverlängernde Therapie weltweit nicht ausreichend eingesetzt, was den Ruf nach einer Optimierung der systemischen Behandlung laut werden lässt.

mHSPC als Spektrum

Bei fitten mHSPC-Patienten stehen zusätzlich zur ADT diverse Medikamente und Kombinationen zur Verfügung. Bei High-Volume-Tumoren können Abirateron/Prednisolon, Apalutamid oder Enzalutamid sowie Docetaxel allein oder gemeinsam mit Abirateron/Prednisolon oder Darolutamid Anwendung finden. Patienten mit geringem Tumorvolumen profitieren von einer ADT plus Abirateron/Prednisolon, Apalutamid, Enzalutamid und einer Bestrahlung des Primärtumors. Auch bei Oligometastasierung kann potenziell bestrahlt werden, und eine Chemotherapie mit oder ohne Abirateron/Prednisolon oder Darolutamid ist möglich.

Angesichts dieser zahlreichen Optionen sollte die Erkrankung als Spektrum wahrgenommen werden. Patienten mit indolenter Biologie können von einer Intensivierung lokaler Massnahmen profitieren, während eine Deeskalation der systemischen Therapie im Raum steht. Andererseits sind Männer mit sehr aggressiver Erkrankung zum Zeitpunkt der Progression möglicherweise nicht fit genug für eine Behandlung. Diese profitieren mit höherer Wahrscheinlichkeit von einer intensiveren systemischen Erstlinientherapie.

Die Definition des Krankheitsvolumens/Risikos in klinischen Studien variiert basierend auf der Bildgebung und hat zu einer etwas künstlichen Einteilung der Patienten geführt. In der CHAARTED-Studie war eine High-Volume-Erkrankung als ≥4 Knochenmetastasen definiert, davon ≥1 ausserhalb der Wirbelsäule oder des Beckens und/oder viszerale Metastasen.4 In LATITUDE wurde der Begriff «Hochrisiko» verwendet, definiert als ≥2 Hochrisikomerkmale, darunter ≥3 Knochenmetastasen, viszerale Metastasen und ISUP-Grad ≥4.5 Die einzige in den Leitlinien enthaltene Differenzierung bezieht sich jedoch auf die Entscheidung, ob eine Radiotherapie des Primärtumors durchgeführt werden soll oder nicht. Diese klinische Unterscheidung wird derzeit nur bei Low-Volume-Tumoren getroffen.

Aktuell ist die Deeskalation bei hervorragender PSA-Response ein heisses Thema. In der STAMPEDE-Studie war beispielsweise mehr als die Hälfte der Patienten in der M1-Kohorte mit geringem Volumen unter ADT und Abirateron nach sieben Jahren rezidivfrei.6 Laufende und geplante Studien werden versuchen, hier Antworten zu finden.

Mangel an prädiktiven Biomarkern

Zur Frage der Behandlungsintensivierung bei aggressiver Erkrankung hat zuletzt eine Metaanalyse gezeigt, dass Patienten mit High-Volume-mHSPC die höchste Effektgrösse mit Tripletten und nicht mit Doubletten erzielen.7 Während zahlreiche prognostische Parameter definiert wurden, fehlt es nach wie vor an prädiktiven Markern. Bisher wurden keine prospektiven Studien zur Validierung selektionsrelevanter Marker publiziert. In laufenden Studien wie CAPItello-281 und AMPLITUDE gelangen jedoch Biomarker für die Patientenstratifizierung zum Einsatz.

Wir alle können dazu beitragen, einige der Hürden, die der Umsetzung der evidenzbasierten Medizin entgegenstehen, zu erkennen und zu überwinden. Die Auswahl der Erstlinientherapie erfordert die Evaluierung unserer Patienten, ihrer Präferenzen, Zugangsmöglichkeiten und Krankheitsmerkmale. Da dem PSA-Nadir eine prognostische Bedeutung zugeordnet werden konnte, sollte bei schlechten Respondern ein entsprechendes sorgfältiges Monitoring erfolgen und eine Intensivierung der Therapie in Betracht gezogen werden. Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom leben heute im Allgemeinen länger, weshalb proaktive Kontrollen der Knochengesundheit und des Herz-Kreislauf-Systems indiziert sind.

mCRPC: die Frage der Sequenzierung

Ähnlich wie beim mHSPC wurde beim metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) eine Vielzahl von Studiendaten generiert, und mögliche Optionen wie Radioliganden-Theranostika, Inhibitoren des Androgenrezeptor-Signalwegs und PARP-Inhibitoren sind mittlerweile verfügbar. Die Auswahl hängt von Faktoren wie Krankheitsverlauf, Symptomen, Patientenpräferenz und Komorbiditäten ab. Angesichts der Vielzahl an Therapiemöglichkeiten wird die Sequenzierung zunehmend zur Herausforderung. Im Rahmen der Behandlungsentscheidung finden PSMA-PET, somatische oder in der Keimbahn lokalisierte HRR(homologe Rekombinationsreparatur)-Mutationen, Mikrosatelliteninstabilität und andere seltene tumoragnostische Biomarker Einsatz.

Die Wahl der Erst- und Zweitlinientherapie beim mCRPC hängt von der/den zuvor beim mHSPC verabreichten Substanz(en) ab (Tab.1). Besonders in der Erstlinie nach kombinierten mHSPC-Schemen liegt für einige Kombinationen nur wenig Evidenz vor; hier sollte unser klinisches Urteil zum Tragen kommen. In diesem Bereich warten wir auf weitere Daten, sowohl aus klinischen als auch aus Real-World-Studien. Neue Erkenntnisse deuten auf die Option einer theranostischen Behandlung noch vor der Chemotherapie hin. In der Phase-III-Studie PSMAfore verlängerte 177Lu-PSMA-617 das progressionsfreie Überleben bei Chemotherapie-naiven Patienten mit mCRPC.8 Die Daten zum Gesamtüberleben sind jedoch noch nicht reif.

Multidisziplinarität zu jedem Zeitpunkt

Insgesamt gewinnen bildgebende und genomische Biomarker für die Therapieplanung beim mCRPC an Bedeutung. Klinische Studien testen Substanzen und Kombinationen derzeit bereits deutlich früher im Krankheitsverlauf. Während sich die Therapiestandards angesichts neuer Zulassungen rasch wandeln, ist ein multidisziplinäres Management nach wie vor unerlässlich, nicht nur bei der Diagnosestellung, sondern auch nach dem Eintreten einer Progression. Als Community müssen wir uns auf jeden Fall dafür einsetzen, dass alle unsere Patienten von den verfügbaren neuen Therapien und laufenden Forschungsbemühungen profitieren.◼

Der vorliegende Artikel wurde aus dem Englischen übersetzt.

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Tab. 1: Optionen für die Erst- und Zweitlinienbehandlung beim mCRPC in Abhängigkeit von der vorangegangenen mHSPC-Therapie

Element not implemented: <article-left-content-boxes>Element not implemented: <quotes>Element not implemented: <author>D. Mukherji, Dubai

© Clemenceau Medical Center

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