22. Juni 2020
Dr. med. Marianne Meli
«Kein Tag ist wie der andere»
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In ihrer 2018 eröffneten Praxis Dermanence vereinen Dr. med. Marianne Meli und ihr Team dermatologische und ästhetisch-medizinische Expertise. Wir haben mit Dr. med. Meli über die Herausforderungen bei der Gründung einer Praxis sowie ihre persönlichen Beweggründe für das Medizinstudium gesprochen. Dass die junge Ärztin den Kontakt mit anderen Menschen geniesst und ein unglaublich lebensfroher Mensch ist, wird einem schnell klar, wenn sie zu erzählen beginnt: von ihrer Leidenschaft zur Dermatologie und ästhetischen Medizin, von der Freude an der Arbeit mit ihren Kolleginnen und Patienten sowie von ihrem Faible für südländische Sprachen und Kultur.
Wann keimte in Ihnen der Wunsch, als Ärztin zu praktizieren? Woher rührt Ihr Interesse für die Dermatologie und Ästhetik?
M. Meli: In meiner Jugend wollte ich eigentlich immer Krankenschwester werden und hätte sogar schon eine entsprechende Lehrstelle gehabt. Kurzfristig habe ich mich dann aber doch dazu entschieden, Medizin zu studieren. Ich wollte immer einen Beruf ergreifen, der Abwechslung und Kontakt mit vielen verschiedenen Menschen verspricht. Täglich ausschliesslich am Computer zu arbeiten wäre für mich nie in Frage kommen.
Das Fach der Gynäkologie hat mich anfangs sehr gereizt, als ich dann aber auf einer gynäkologischen Abteilung gearbeitet habe, habe ich schnell gemerkt, dass es doch nicht ganz das Richtige für mich ist. Im Wahlstudienjahr hatte ich schliesslich eine großartige dermatologische Stelle, bei welcher mir klar wurde, wie vielfältig und abwechslungsreich das Fach der Dermatologie ist. Kein Tag ist wie der andere, und man behandelt Patienten aller Altersklassen. In wenigen anderen Fächern braucht es ein derart vernetztes Denken, auch um die weiten Differenzialdiagnosen richtig zu stellen. Zudem ist es ein praktisches Fach: Man kann und muss viel mit den Händen arbeiten, was mir grosse Freude bereitet. Ein weiteres Plus ist, dass man in der Dermatologie gut Teilzeit arbeiten kann.
Auf der Website Ihrer Hautarztpraxis Dermanence geben Sie an, dass Sie neben Deutsch beeindruckende weitere fünf Sprachen sprechen (Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch). Ist Ihnen diese Multilingualität denn schon oft zugutegekommen?
M. Meli: Sehr. Unsere Praxis befindet sich in der Bahnhofsstrasse in Zürich, deshalb sind wohl auch viele unserer Patienten Expats – wir sprechen also täglich Englisch. Manche Patienten, die nicht gut Deutsch können, suchen sich spezifisch Ärzte aus, die ihre Muttersprache sprechen. Sie kommen dann gezielt zu mir, weil ich mich gut mit ihnen verständigen kann, und empfehlen mich nach einer Zeit auch ihren Familienangehörigen. So haben wir uns ein doch recht grosses Netzwerk nicht-Deutschsprachiger Patienten aufgebaut.
Auf Reisen ist es auch äusserst hilfreich, viele Sprachen zu sprechen. Ich geniesse es sehr, mich mit den Einwohnern einer Region in ihrer Muttersprache zu verständigen und dabei meine Sprachkenntnisse zu verfeinern. Aktuell versuche ich gerade vor allem, mein Portugiesisch zu verbessern, und besuche aus diesem Grund jeden Mittwochabend eine Sprachschule. Italienisch, Französisch und Spanisch habe ich vor allem bei im Zuge längerer Aufenthalte in Lugano, Lausanne und Barcelona gelernt. Generell habe ich auch ein Faible für südliche Länder. Mir gefällt die dortige Mentalität, die Lebenslust, das Gesellige.
Zürich ist eine der lebenswertesten Städte der Welt. Haben Sie sich bewusst dafür entschieden, sich hier niederzulassen, oder vielmehr im Zuge günstiger äußerer Gegebenheiten?
M. Meli: Obwohl ich doch einige Jahre in anderen Städten gelebt habe, vor allem, um eben meine Sprachkenntnisse zu vertiefen, war die Entscheidung für ein Leben in Zürich einfach für mich. Ich wurde in Zürich geboren und bin hier aufgewachsen und tief verwurzelt. Und natürlich ist die Lebensqualität sehr hoch. Das einzige, das mir ein bisschen fehlt, ist das Meer. Aber man kann sowieso nie alles haben.
Die Lage unserer Praxis an der Bahnhofsstrasse gefällt mir sehr gut. Sie bietet eine gute Erreichbarkeit sowohl für die Patienten als auch für mich. Ich komme jeden Tag mit dem Rad. Zudem liegt mein Ruderclub auf dem Arbeitsweg, was mir die Möglichkeit bietet, vor einer Sprechstunde rudern zu gehen. Das war ein sehr wichtiger Punkt für mich – das Private mit dem Beruflichen zu verbinden.
Die Gründung einer Praxis ist mit enormen Kosten verbunden. Haben Sie sich deshalb für Rechtsform einer AG entschieden oder gab es andere Beweggründe?
M. Meli: Man sollte es sich auf jeden Fall gut überlegen, eine eigene Praxis zu eröffnen, da hohe Ausgaben auf einen zukommen und in den meisten Fällen wahrscheinlich ein Kredit aufgenommen werden muss. Ich habe die Praxis mit meinem Bruder und mit meinem Lebenspartner gegründet, die sich um Finanzen, Personalwesen und Marketing-Agenden kümmern. Wir drei ergänzen uns gut. Ich finde diese Aufteilung äusserst praktisch, da ich mich so voll und ganz auf meine Kernkompetenzen – Dermatologie und ästhetische Medizin – konzentrieren kann. Ich bin sehr froh, dass es die Möglichkeit gibt, Aufgaben, die damit wenig zu tun haben, zu delegieren. Eine Praxis dieser Grösse allein zu führen wäre denke ich ein Ding der Unmöglichkeit.
In Ihrer Praxis setzen Sie auch auf eher neuere Methoden wie das nichtinvasive 4D Laser-Facelifting. Sind Sie auch im Privaten jemand, der gerne Neues probiert, oder vertrauen Sie dort lieber auf Altbewährtes?
M. Meli: Ich probiere gern Neues aus, aber vor allem habe ich Techniken wie das 4D Laser-Facelifting gewählt, weil sie eine nichtinvasive Möglichkeit der Hautverjüngung/-straffung bieten. So ergeben sich besonders schöne, natürliche Resultate. Wenn man als Patient schon früh beginnt, sich solche nichtinvasiven Therapien zu gönnen, lässt sich ein operativer Eingriff doch sehr viele Jahre hinauszögern. Ich selbst bin ein natürlicher Mensch und persönlich gefallen mir eher keine Gesichter, wo sich schon aus weiter Ferne erkennen lässt, dass sich eine Person einer Operation unterzogen hat. Am besten finde ich jene Behandlungen, die gut zum Typ passen, und durch welche die Person einfach ein frischeres Aussehen erlangt.
Sie haben in der Praxis auch einen OP-Bereich. War es schwierig, diesen den Vorschriften entsprechend umzusetzen?
M. Meli: Wir haben die Bewilligung für einen Praxis-OP und führen alle Eingriffe in lokaler Betäubung durch. Die hygienischen Auflagen sind dieselben wie in der Klinik. Im Unterschied zu einem OP I benötigt ein Praxis-OP jedoch keine spezielle Lüftung. Es war gut, dass wir die Praxis neu gebaut haben, denn so konnten wir den OP genau nach den Anforderungen, die für eine Bewilligung nötig sind, errichten. Wenn man eine ältere Praxis übernimmt, gestaltet sich das sicher oft schwieriger.
Ihre Praxis bietet auch die Möglichkeit von Telefon- und Video-Sprechstunden an. Wie häufig und wofür wird dieses Angebot genutzt?
M. Meli: Mit Patienten, die ich gut kenne, hatte ich schon immer viel Telefon- oder E-Mail-Verkehr, um Fragen zu beantworten oder Resultate zu besprechen. Nun im Zuge der Covid19-Pandemie hat sich die Nachfrage natürlich erhöht. Meiner Meinung funktioniert eine Videokonsultation prinzipiell gut, jedoch kann es schwieriger sein, eine dermatologische Diagnose richtig zu stellen, vor allem, wenn die Bildqualität nicht optimal ist. Ich bin froh, dass wir diese Möglichkeiten haben, sehe nichtsdestotrotz aber keine Zukunft in einer reinen «Ferndiagnose». Um eine Krankheit korrekt zu beurteilen, muss ich manchmal eine Hautstelle abtasten oder ein Dermatoskop benutzen; ebenso kann es nötig sein, einen Abstrich zu nehmen. Besonders heikel ist es bei Muttermalen. Hier würde ich keinesfalls die Verantwortung einer Fehldiagnose im Zuge einer Videokonsultation auf mich nehmen.
Auf der Dermanence-Website hat man auch die Option sich Pflegeprodukte nach Hause liefern zu lassen. Wie wichtig schätzen Sie dieses Angebot ein?
M. Meli: Oftmals reisen Patienten von weit her in unsere Praxis. Darum möchten wir ihnen die Möglichkeit geben, auch direkt von zu Hause aus unsere speziellen Pflegeprodukte zu erstehen. Der Onlineshop wird sehr gut genutzt, in der jetzigen Situation sogar noch mehr. Ausserdem können wir online eine grosse Bandbreite verschiedener Produkte zum Verkauf anbieten.
In der Praxis biete ich 5–6 exklusive Linien an, die weder in Apotheken noch Supermärkten erhältlich sind. Sie sind dementsprechend potenter und benötigen daher eine gute Instruktion vor der Anwendung. Deshalb werden sie auch so gut wie immer erst nach einer Beratung gekauft.
Mit Dr. med. Sabrina Hauser und Dr. med. Nora Gräni sind zwei weitere Dermatologinnen bei Ihnen angestellt. Wie haben Sie denn die Arbeitsteilung organisiert?
M. Meli: Dr. med. Hauser ist in Teilzeit zu 80% bei uns angestellt, Dr. med. Gräni zu 50%. Ich selbst arbeite im Moment noch Vollzeit, möchte aber nach der Familiengründung auf jeden Fall ebenfalls Teilzeit arbeiten. Beide Ärztinnen sind gute Freundinnen von mir. Wir haben auch früher schon zusammengearbeitet, deshalb kannte ich bereits im Vorhinein ihre zuverlässige und sorgfältige Arbeitsweise, die auch meinem Stil entspricht. Ich bin sehr dankbar, sie im Team zu haben, und ermögliche ihnen gern die Teilzeitarbeit. Alle drei behandeln wir alle Patienten, obwohl natürlich jede von uns ihr Steckenpferd hat. Meine grosse Leidenschaft liegt u.a. bei der Arbeit mit den Lasern, während Dr. Gräni und Dr. Hauser besondere Freude an der inneren Medizin haben. Wenn sich jemand in einem bestimmten Gebiet gar nicht wohlfühlt, kommunizieren wir das einfach intern. Ab Juni wird unser Team noch um Dr. med. Lea Wiederkehr erweitert, welche allergologisch sehr versiert ist.
Was sind für Sie die schönsten Momente der ärztlichen Tätigkeit, welches die herausforderndsten?
M. Meli: Ich genieße die Arbeit mit meinen Patienten sehr. Manche meiner Patienten darf ich schon jahrelang betreuen. Sie sind mir immer treu geblieben, egal wo ich praktiziert habe. Das heißt für mich, dass sie sich gut betreut fühlen, was mir sehr wichtig ist. Es ist mir ein grosses Anliegen, dass in meiner Praxis ein angenehmes Klima vorherrscht, in dem sich sowohl die Patienten als auch alle Angestellten wohlfühlen. Wenn ich dann Feedback erhalte, dass dem tatsächlich so ist, bereitet mir dies grosse Freude. Patienten glücklich zu machen, macht auch mich glücklich und froh. Wenn dies gar nicht gelingen mag, weil jemand besonders schwer zufriedenzustellen oder die Chemie zwischen dem Patienten und mir einfach nicht stimmt, bin ich dementsprechend unzufrieden.
Eine grosse Herausforderung war vor allem mit Beginn meiner Selbstständigkeit, die Abläufe innerhalb des neuen Teams so zu organisieren, dass sie möglichst effizient sind. Uns gemeinsam weiterzuentwickeln – daran arbeiten wir auch heute noch. Ich arbeite sehr gern im Team und geniesse den Austausch mit meinen Kolleginnen. Es ist ein gutes Gefühl, bei schwierigen Patientenfällen eine zweite Meinung einholen zu können. Für mich war es nie eine Option, allein in einer Praxis zu arbeiten.
Haben Sie denn bestimmte Tricks, die Leitung der Dermanence AG mit einem erfüllenden Privatleben zu vereinbaren?
M. Meli: Obwohl mein ganzes Herzblut in der Praxis steckt und ich so gut wie nie weniger als 50 Stunden pro Woche arbeite, lege ich trotzdem grossen Wert auf ein erfülltes Privatleben. Ein wichtiges Mittel, um sich freie Stunden zu schaffen, ist meiner Meinung die Delegation von nicht-medizinischen Tätigkeiten.
In meiner Freizeit betätige ich mich gern sportlich, wie bereits erwähnt im Ruderclub oder beim Rennvelo fahren. Das Lernen von Sprachen ist eine weitere Leidenschaft von mir – aber darüber haben wir ja bereits gesprochen. Gerne gehe ich auch nach Feierabend mit den Kolleginnen weg. Die Zeit mit der Familie und den Freunden ist einfach sehr kostbar.
Was würden Sie Ihren Kollegen empfehlen, die gerade vor einer Praxisgründung stehen?
M. Meli: Auf jeden Fall würde ich mir Hilfe suchen und Rat von anderen Kollegen einholen, die bereits Erfahrung haben. Man muss das Rad nicht neu erfinden. Es gibt sogar schon spezielle Workshops zur Praxisgründung. Faktoren, die besonders genau geprüft werden sollten, sind meiner Meinung nach Standort und Grösse der Praxis, da sich diese ja nur schwer rückgängig machen lassen. Ebenso ist es enorm wichtig, sich seine Kollegen gut auszusuchen. Oftmals versteht man sich privat ausgezeichnet, hat aber einen unterschiedlichen Arbeitsstil.
Wie wirkte sich die Covid19-Pandemie bis dato auf Ihren Alltag in der Praxis aus?
M. Meli: Seit unserer Eröffnung vor rund eineinhalb Jahren waren unsere Praxis eigentlich immer voll. Es war ein perfekter Start und bis jetzt ist es äusserst gut gelaufen, weshalb wir uns ja auch entschieden hatten, unser Team um Dr. med. Wiederkehr zu erweitern.
Durch die Covid19-Krise musste ich alle Kolleginnen in Kurzarbeit schicken. Wir haben derzeit nur wenige Patienten und generieren so gut wie kein Einkommen, wobei die Fixkosten natürlich nach wie vor zu bezahlen sind. Für uns heisst das, dass wir unseren Kredit vermutlich langsamer abbezahlen werden und mehr Schulden machen als geplant. Dennoch denke ich stets daran, wie unglaublich privilegiert wir sind: Wir haben einen sicheren Job. Bestimmte Branchen, z.B. der Tourismus, werden bestimmt noch länger mit grossen Einbussen rechnen müssen. Ausserdem geht es meinen Lieben und mir gesundheitlich gut, und das ist meiner Meinung nach sowieso am Allerwichtigsten.
Das Interview führte
Dr. Rita Rom