Laborwerte richtig interpretieren
Fallstricke bei der Gerinnungsdiagnostik
In der idealen Welt ist es ganz einfach: Wenn zur Diagnosestellung eine Blutuntersuchung nötig ist, nimmt man eine Blutprobe, schickt sie ins Labor und erhält wenig später einen aussagekräftigen Befund, der die Grundlage für die Therapie liefert. Dass es nicht immer so einfach ist, erläuterte Priv.-Doz. Florian Prüller, Klinisches Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik am LKH-Universitätsklinikum Graz.
Die Bestimmung der Blutgerinnungswerte unterliegt zahlreichen Einflüssen. So verändern beispielsweise Antibiotika die Prothrombinzeit (PTZ)durch die verminderte Bereitstellung von Vitamin K durch das Mikrobiom im Darm. Das Gleiche gilt für pflanzliche Arzneimittel wie Johanniskraut sowie beliebte Nahrungsmittel und Gewürze, zum Beispiel Knoblauch, Ingwer, Mangos, Cranberrys und grüner Tee. Sie verfälschen bei Patienten, die mit Coumarinen antikoaguliert werden, die Blutgerinnungswerte. Solche Wechselwirkungen treten jedoch nicht nur mit Coumarinen auf, sondern auch zwischen den neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) und Johanniskraut sowie verschiedenen Gewürzen, unter anderem schwarzem Pfeffer. Dies bedeutet, dass auch bei diesen Patienten der antithrombotische Schutz vermindert sein kann, erklärte Doz. Prüller.
Einflüsse bei der Blutabnahme
"Bei der Blutabnahme muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Blutröhrchen vollständig gefüllt sind, da eine Unterfüllung zu pathologischen Messwerten führt", betonte Prüller. Dies gelte besonders für die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT), die sehr empfindlich auf eine Unterfüllung reagiere.
Ist das Blut hämolytisch, können weder zuverlässigen PTZ- noch aPTT-Werte erhoben werden, da sie falsch normal sein können. "Dies wird aufgrund der zunehmenden Automatisierung in Zukunft noch strenger beurteilt werden", ist Prüller überzeugt.
Was die Werte aussagen
Die Thrombinzeit kann als Kontrolle bei Patienten unter Dabigatran-Therapie eingesetzt werden. Wird die Thrombinzeit zwei bis drei Stunden nach der Einnahme des Medikaments bestimmt, fällt sie hochpathologisch aus. Ist sie normal, kann an der Compliance des Patienten gezweifelt werden. Die anderen NOAK, diedie Anti-Xa-Aktivität hemmen,beeinflussen die Thrombinzeit nicht.
Eine verlängerte aPTT weist auf einen Blutgerinnungsfaktormangel, einen Lupus-Inhibitor oder bestimmte Medikamente hin. Abbildung 1 zeigt den Algorithmus zur Abklärung.
Bericht:
Dr. Corina Ringsell
Quelle:
Vortrag "Kritische Laborbefunde richtig bewerten – was
ist indiziert, wie befunde ich?" im Rahmen des Sommerquartetts von Allgemeine+ , 7. September 2019, Wien
G. Sigert 2014