27. Juni 2025
dHealth 2025: neue Wege in der Patient:innenversorgung
Digitale Transformation der Onkologie
Bereits zum 19. Mal fand von 6. bis 7. Mai 2025 die dHealth – „Annual Conference on Health Informatics meets Digital Health“ – in Wien statt. Sie lieferte wertvolle Informationen und Updates zum Thema digitale Transformation der Medizin und des Gesundheitssystems. In der Session „Onkologie & Digital Health“ lag ein besonderer Schwerpunkt auf der onkologischen Nachsorge.
Geleitet wurde die Session „Onkologie & Digital Health“ von Univ.-Prof. DI Dr. Bernhard Tilg, Universitätsprofessor für Medizinische Informatik, UMIT Tirol, und DI Dr. Robert Modre-Osprian, Geschäftsführer telbiomed GmbH. Sie betonten zu Beginn der Präsentation das Potenzial digitaler Technologien, die Onkologie grundlegend zu verändern: hin zu einer präziseren, personalisierten und effizienteren medizinisch-pflegerischen Patient:innenversorgung bei gleichzeitiger Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Ziel der Session war es, einen Überblick über die Integrationsmöglichkeiten der digitalen Technologien und die daraus entstehenden Vorteile – für Patient:innen sowie für Angehörige der Gesundheitsberufe – zu geben.
Telemedizinische Betreuungin der Palliativmedizin
In seiner Keynote Lecture sprach Prim. Univ.-Prof. Dr. Ewald Wöll, Ärztlicher Direktor/Ärztlicher Leiter der Abteilung für Innere Medizin, Krankenhaus St. Vinzenz, Zams, sowie Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie (OeGHO), über aktuelle und zukünftige Innovationen und Herausforderungen in der Onkologie.
Die vielen innovativen Entwicklungen, die durch den rasch voranschreitenden medizinischen Fortschritt stattfinden, treffen auf eine zunehmende finanzielle sowie personelle Ressourcenknappheit. Wöll betonte, dass gerade vor diesem Hintergrund digitale Technologien, wie KI-gestützte Diagnostik, intelligente Versorgungsprozesse und mobile Nachsorge, wichtige Tools zur Unterstützung des medizinischen Personals sind und die Versorgung chronisch kranker Personen verbessern können. Auch in der Palliativmedizin stellen digitale Tools eine hilfreiche und sinnvolle Unterstützung dar.
Diesbezüglich präsentierte Wöll eine Studie,1 die zeigt, dass ein persönlicher Kontakt des Palliativteams mit den Patient:innen und eine elektronische Hilfestellung mittels telemedizinischer Betreuung gleichwertig sind, und zwar u.a. hinsichtlich folgender Aspekte: Symptome, Coping, Krankheitsverständnis und Therapieentscheidungen sowie Verbesserung der Lebensqualität.
Hybrid Care beim Managementchronischer Erkrankungen
Unter dem Titel „Bridging the Gaps – Hybrid Care in der Onkologie“ befasste sich Univ.-Prof. Dr. Alexander Gaiger, Universitätsklinik für Innere Medizin I, Medizinische Universität Wien, mit der Vernetzung von klinischer Forschung, Chronic-Disease-Management, eHealth und Dateninfrastrukturen für eine moderne Medizin.
Auch Gaiger stellte zu Beginn seines Vortrags klar, dass bei bestenfalls gleichbleibenden Ressourcen die steigenden Herausforderungen (mehr Patient:innen, mehr Therapielinien, teurere Medikamente, komplexere Nebenwirkungen, mehr Dokumentation etc.) nur durch den Einsatz neuer Technologien bewältigt werden können. Seiner Ansicht nach lautet die Frage daher nicht mehr, ob Telemedizin und künstliche Intelligenz im europäischen Gesundheitssystem eingesetzt werden, sondern, welche Systeme es gibt und woher diese stammen (ob aus China, den USA oder Europa).
Hybrid-Care-Modelle unter Einsatz von Telemedizin können beispielsweise beim Management chronischer Erkrankungen zielführend angewandt werden. Zu den Vorteilen von Hybrid Care gehören laut Gaiger u.a. die Unterstützung der Therapie, eine bessere Nachbetreuung, bessere Früherkennung durch Vorhersagemodelle, Entlastung von Kliniken und Ärzt:innen sowie Kostensenkung im Gesundheitssystem.
Als Erfolgsbeispiel für ein Hybrid-Care-Tool stellte Gaiger „eSMART“ vor, ein „Advanced symptom management“-System.
Dieses wurde seit 2005 im Rahmen von EU-Grants gemeinsam mit Firmenpartnern und führenden europäischen Universitäten zu einem CE-zertifizierten Medizinprodukt weiterentwickelt. Im Rahmen der weltweit größten prospektiven randomisierten Studie zum Einsatz von Telemedizin in der Onkologie konnten Nutzen, Wirksamkeit und Akzeptanz in fünf europäischen Ländern belegt und publiziert werden.
eSMART ist an zahlreichen medizinischen Zentren im Rahmen des NHS in Großbritannien wie auch an der Medizinischen Universität Wien im Einsatz. Solche digitalen Tools sollten nach Ansicht von Prof. Gaiger bei Krebserkrankungen, Herzinsuffizienz, Diabetes, COPD, entzündlichen Darmerkrankungen und neurodegenerativen Erkrankungen zum Einsatz kommen. Denn durch den Einsatz von Hybrid-Care-Tools könne laut Gaiger eine zukunftssichere, kosteneffektive und qualitativ hochwertige Patient:innenversorgung ermöglicht werden.
Digitale Tools in deronkologischen Nachsorge
APN/DGKP Marlene Fitzek, BSc, MA, LKH-Universitätsklinikum Graz, referierte zum Thema „Onkologische Versorgung aus der Sicht von Cancer-Nurses“. Sie betonte, dass ein etablierter Einsatz von Cancer Nurses in der onkologischen Nachsorge eine ganzheitlichere – und damit verbesserte – Versorgung herbeiführen würde. Denn Cancer Nurses könnten zu einer Verbesserung der Kommunikation zwischen intra- und extramuralem Bereich, einer Stärkung der Selbstmanagementfähigkeiten der Patient:innen sowie einer Früherkennung von Rückfällen und Nebenwirkungen beitragen.
Als Schnittstellenmanager:innen zwischen Patient:innen und Gesundheitsakteur:innen könnten Cancer Nurses die Schulung von Patient:innen im Umgang mit digitalen Tools sowie das Monitoring übernehmen und als Feedback-Kanal fungieren, so Fitzek weiter. Der richtige Einsatz von digitalen Tools in der onkologischen Nachsorge ist in ihren Augen relevant, um die Versorgungskontinuität und Lebensqualität zu verbessern.
Als Beispiele für sinnvolle digitale Tools nennt sie u.a. telemedizinische Nachsorge, Symptomtracking-Apps und Patient:innenportale. Fitzek appellierte abschließend an Technik- und Systementwickler:innen, bei der Entwicklung von digitalen Lösungen mit Pflegeexpert:innen zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass diese praxisorientiert und effektiv sind.
„Onkologie & Digital Health“: über Digitalisierung in der Onkologie sprachen (v.l.n.r.) R. Modre-Osprian, E. Wöll, A. Rzepka, M. Fitzek, A. Gaiger, B. Tilg
OnkoMobil: digitales Nachsorgeprojekt
Auch DI (FH) Angelika Rzepka, MPH, AIT – Austrian Institute of Technology, widmete sich in ihrem Vortrag dem Potenzial von Digital Health in der onkologischen Nachsorge, und zwar am Beispiel der App OnkoMobil.
Sie erläuterte, dass die steigende Anzahl an Krebspatient:innen (bedingt durch den demografischen Wandel und die bessere Früherkennung), längere Behandlungszeiten und komplexere Behandlungsregime eine verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit erforderlich machen. Dazu komme ein zunehmender Bedarf an Palliativversorgung sowie an psychosozialer und rehabilitativer Unterstützung. Dies führe zu einer massiven Erhöhung des Versorgungsaufwands im Gesundheitswesen, betonte auch Rzepka. Tools wie das OnkoMobil sollen dabei helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen.
OnkoMobil ist ein digitales Nachsorgeprojekt, das speziell für die Bedürfnisse von Krebspatient:innen entwickelt wurde. Das Motto lautet: „Gemeinsam ist es leichter.“ OnkoMobil ermöglicht eine strukturierte und koordinierte Nachsorge, bei der die Patient:innen via App aktiv eingebunden sind und dadurch dabei unterstützt werden, ihren Behandlungsplan zu verfolgen.
Das Programm nutzt die Erfahrung aus ähnlichen Projekten, wie z.B. HerzMobil, und zielt darauf ab, die Kontinuität der Versorgung zu verbessern und die Effizienz im Umgang mit Ressourcen zu steigern. Zudem ist die strukturierte Dokumentation ein zentraler Bestandteil von OnkoMobil; diese Daten sollen auch sekundär in der Qualitätskontrolle sowie der Weiterentwicklung von Behandlungsprozessen und Behandlungsplänen genutzt werden.
Als zweites Beispiel für Digital-Health-Tools in der onkologischen Nachsorge stellte Rzepka den „Survivorship Passport“ (SUPA) vor, der darauf abzielt, die Therapie und Nachsorge für Patient:innen, die als Kind eine onkologische Erkrankung überstanden haben, zu verbessern. Mit dem 18. Lebensjahr wechseln solche Patient:innen von der pädiatrischen Versorgung in die allgemeine Erwachsenenmedizin. Dabei gehen leider oftmals wichtige Informationen verloren.
Der SUPA fasst die gesamte Therapiegeschichte in einem Dokument zusammen und enthält außerdem Nachsorgeempfehlungen für den niedergelassenen Bereich. Dieser Ansatz soll sicherstellen, dass die Kontinuität der Versorgung erhalten bleibt und die Patient:innen auch weiterhin die bestmögliche Betreuung erhalten.