
21. April 2021
Die ärztliche Aufklärungspflicht
Ärzte haften aus dem Behandlungsvertrag nicht nur für Kunstfehler, sondern auch für eine mangelhafte Aufklärung des Patienten, wenn bei der Behandlung Komplikationen auftreten. Der folgende Beitrag gibt einen kurzen Überblick über den Vortrag beim virtuellen ALLGEMEINE+Frühlingsquartett 2021.
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Jeder Eingriff in die körperliche Integrität einer Person ist rechtswidrig, ja vielfach sogar als Körperverletzung auch gerichtlich strafbar, es sei denn, die Person willigt in die Integritätsverletzung ein. Voraussetzung dafür, dass der Integritätseingriff nicht rechtswidrig ist, ist eine rechtsgültige, valide Zustimmung der Person, im Falle des Arztes also des Patienten.
Ziel der Aufklärung
Die Judikatur der Gerichte statuiert als eine der Voraussetzungen für eine valide Zustimmung die Aufklärung des Patienten, damit dieser umfassend über die bevorstehende Behandlung informiert ist, insbesondere auch über die mit der Behandlung verbundenen möglichen Komplikationen. Der Patient soll so in die Lage versetzt werden, selbst zu entscheiden, ob er in die Behandlung einwilligt oder nicht. Ziel der Aufklärung ist es demnach, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären.
Aufzuklären ist über die vorgeschlagene Behandlung, allenfalls auch über Vor- und Nachteile von Behandlungsalternativen, sowie über die mit der Behandlung einhergehenden möglichen Komplikationen, seien sie entweder typische Komplikationen oder solche, die häufiger (in etwa 1–2% der Fälle) auftreten. Nicht aufzuklären ist über allgemein bekannte Tatsachen; auch gegenüber Arztkollegen kann die Aufklärung unterbleiben, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Arztkollege sämtliche wesentlichen Umstände ohnehin kennt.
Zeitpunkt der Aufklärung
Je dringender notwendig eine Behandlung ist, desto kurzfristiger vor der Behandlung kann die Aufklärung erfolgen. Umgekehrt: Je weniger dringend eine Behandlung geboten ist, umso frühzeitiger vor der Behandlung hat die Aufklärung zu erfolgen. Die Judikatur entscheidet im Einzelfall; konkrete Zeitangaben für bestimmte Behandlungen sind daher kaum möglich. Die Eckpunkte sind: Bei vitaler Indikation ist überhaupt keine Aufklärung mehr notwendig, bei ästhetischen Operationen sieht das Gesetz über ästhetische Operationen und Behandlungen für die Aufklärung mindestens zwei Wochen vor der Einwilligung in die ästhetische Operation vor.
Aufklärungsadressat
Die Aufklärung hat gegenüber dem Patienten zu erfolgen, sofern dieser entscheidungsfähig ist, ansonsten gegenüber der gesetzlichen Vertretung. Selbst minderjährige Patienten gelten bei einfachen medizinischen Behandlungen und Eingriffen als entscheidungsfähig und entscheiden selbst (ohne Eltern oder gesetzliche Vertreter), ob sie einer Behandlung zustimmen oder nicht. Das Gesetz vermutet bei über 14-jährigen Personen sogar, dass diese entscheidungsfähig sind. Selbst unter 14-Jährige können selbst entscheidungsfähig sein. Anderes gilt bei Minderjährigen nur bei Behandlungen und Eingriffen, die mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden sind. Dann entscheiden der entscheidungsfähige Minderjährige und die Eltern (bzw. die gesetzliche Vertretung) gemeinsam, wobei gegen den Willen des entscheidungsfähigen Kindes die Behandlung nicht stattfinden darf.
Art der Aufklärung
Die Aufklärung hat immer mündlich zu erfolgen; eine rein schriftliche Aufklärung, insbesondere mit Vordrucken, genügt nach der Judikatur nicht. Schriftliche Unterlagen wie die bekannten Aufklärungsbögen können als Hilfsmittel herangezogen werden. Mit schriftlichen Unterlagen kann der Patient vorinformiert werden, es können Einzeichnungen und Eintragungen auf der schriftlichen Unterlage anlässlich des mündlichen Aufklärungsgesprächs erfolgen, was den Beweis für die erfolgte mündliche Aufklärung stärkt. Hintergrund dieser Judikatur ist es, dem Patienten Fragen an den aufklärenden Arzt zu ermöglichen, was bei einer rein schriftlichen Aufklärung nicht möglich wäre.
Verzicht auf die Aufklärung
Außer im Bereich von ästhetischen Operationen kann ein Patient auch auf die Aufklärung verzichten, was für mögliche spätere Beweiszwecke schriftlich festgehalten werden sollte.
Aufklärung am Beispiel einer 13-Jährigen
Verschreibung der Pille
§173 Abs 1 1. Satz ABGB: Einwilligungen in medizinische Behandlungen kann das entscheidungsfähige Kind nur selbst erteilen; im Zweifel wird das Vorliegen dieser Entscheidungsfähigkeit bei mündigen Minderjährigen vermutet.
Daher gilt:
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Aufklärungsadressatin ist die 13-jährige Minderjährige, wenn keine Zweifel an der Entscheidungsfähigkeit bestehen.
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Verschwiegenheitsverpflichtung gegenüber den Eltern, wenn diese nicht mit in die Ordination kommen
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Selbstverständlich keine Verpflichtung, die Pille (überhaupt oder ohne Beiziehung der Eltern) zu verschreiben, da keine kurative Leistung