DGSM-Tagung 2020
Insomnie bei Multipler Sklerose
Bei vielen neurologischen Erkrankungen bestehen Schlaf- und/oder Wachstörungen.1 Bei der Multiplen Sklerose (MS) liegen, je nach Diagnosekriterien und Erhebungsinstrument, bei zwischen 25 und 95% der Betroffenen Schlaf- und Wachstörungen, insbesondere Insomnien und Fatigue, vor.2,3 Eine Übersicht zu häufig auftretenden Schlaf- und Wachstörungen bei MS stellt Tabelle 1 dar.
Insomnie und MS
Eine Insomnie ist als eine Schlafstörung definiert, bei der Betroffene über einen Zeitraum von mindestens einem Monat Ein- und/oder Durchschlafstörungen haben und diese mit einer Beeinträchtigung der Tagesbefindlichkeit bzw. der Leistungsfähigkeit tagsüber einhergehen.
Bei MS besteht bei 25–54% der Betroffenen eine Insomnie.2,3 Die Insomnie tritt mit zunehmender Dauer der MS und dem Vorliegen einer Fatigue auf.4,5
Eine Insomnie kann verschiedene Ursachen haben. Hierzu zählen neben den primären Insomnien, v.a. der psychophysiologischen Insomnie, auch Insomnien, die aufgrund von anderen Schlaferkrankungen (Tab.1) oder Störungen, die im Rahmen der MS auftreten, wie die neurogene Blasenfunktionsstörung mit Nykturie oder Schmerz bedingt durch Spastik. Auch besteht bei einer Depression sehr häufig eine Insomnie. Selten können auch Nebenwirkungen von MS-spezifischen Therapien Schlaf- oder Wachstörungen verstärken, wie z.B. die grippeartigen Nebenwirkungen von Interferon-beta-Präparaten. Diese Nebenwirkungen halten oftmals nur kurz an und treten oft nur zu Beginn der entsprechenden Therapie auf.
Bei vielen MS-Patienten liegen kognitive Einschränkungen vor. Daher ist es von besonderer Bedeutung, dass Insomnien auch mit körperlichen und funktionellen Beeinträchtigungen einhergehen. In Studien gaben schlafgestörte MS-Patienten stärkere kognitive Einschränkungen an.6
Eine MRI-Studie konnte diesen Befund anhand einer reduzierten thalamischen funktionellen Konnektivität unterstützend belegen.7 Zudem wurde durchschnittlich höheres Niveau des Grads der Aktivierung des zentralen Nervensystems («arousal») dokumentiert.8
Behandlung der Insomnie bei MS
Die Behandlung der Insomnien bei MS orientiert sich zunächst einmal an den allgemeinen Insomnie-Therapieleitlinien:9
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Informationen zu Schlafhygiene,
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Psychoedukation zu Schlafstörungen (u.a. Entwicklung eines Einschlafrituals),
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Entspannungsübungen, Meditation u.a.,
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kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT-I),
Einige Studien konnten auch bei MS-Patienten positive Effekte einer KVT-I belegen.10
Etwaig vorliegende andere neurologisch, internistisch oder psychiatrisch bedingte Schlafstörungen müssen berücksichtigt werden und ggf. entsprechend spezifisch (mit-)behandelt werden. Liegt beispielsweise ein RLS vor, muss ggf. auch hier eine spezifische medikamentöse RLS-Therapie eingesetzt werden.
Bei MS gilt es zudem, Symptome zu bedenken, die durch die Erkrankung bedingt sein können bzw. hierbei häufig auftreten können. Dazu zählen beispielsweise Nykturie, Spastik/Schmerz oder Schlafapnoe.
Falls eine medikamentöse Behandlung erfolgen muss, sollte idealerweise eine Therapie ausgewählt werden, die gleichzeitig auf die verschiedenen Störungen wirkt (z.B. ein schlafförderndes Antidepressivum bei Depression und Insomnie). Bei MS-Patienten mit Insomnie wurde in einer Studie durch den Einsatz von Melatonin ein positiver Effekt auf die Schlafqualität beschrieben.11◼
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Tab. 1: Hauptergebnisse von Metaanalysen und systematischen Reviews zu Schlaf- und Wachstörungen bei Multipler Sklerose12