Metastasiertes Melanom
Therapieentscheidung und Überwachung bei Immuntherapien
Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICIs) revolutionierten die Behandlung des metastasierten Melanoms, doch viele Patient:innen entwickeln Resistenzen. Innovative Biomarker könnten helfen, die Wirksamkeit der Therapie präziser vorherzusagen und Resistenzen frühzeitig zu detektieren. Neben Proteinanalysen ist ein innovativer und vielversprechender Ansatz hierfür die nichtinvasive Analyse von Molekülen aus dem Fingerschweiß, die wertvolle Echtzeitdaten zurTherapietreue und Krankheitsprogression liefern könnte.
Biomarker zur Überwachung von Immuncheckpoint-Inhibitoren1
Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICIs) haben die Behandlung des metastasierten Melanoms stark geprägt. Aktuell sind die 10-Jahres-Überlebensdaten publiziert worden, wobei das mediane Gesamtüberleben bei Patient:innen, die die Anti-PD-1-Immuntherapie erhalten haben, bei 36,9 Monaten liegt.2 Trotzdem entwickeln viele Patient:innen eine Resistenz und sind möglicherweise unnötigen Nebenwirkungen ausgesetzt.3 Um die Wirksamkeit der ICI-Therapie besser vorherzusagen, sind robuste Marker erforderlich.4 Während einige Studien nahelegen, dass PD-1- und PD-L1-Spiegel nützlich sein könnten,5 betrachten andere sie nur als korrelativ, nicht prädiktiv6 – was den Bedarf an aussagekräftigen Markern verdeutlicht.
In der Klinik kommen bereits tumor-basierende Biomarker wie LDH, S100, der Mutationsstatus, besonders der BRAF-Mutationsstatus, in Bezug auf eine „targeted therapy“ oder die immunhistochemische Färbung auf PD-L1 zum Einsatz. Zudem könnten immunbasierte Marker wie Zytokine, die Interferon-gamma-Signatur, Autoantikörper und Immunzellsubtypen sowie das Darmmikrobiom eine Rolle spielen. Dabei könnte eine Kombination von Markern in einem validierten Biomarker-Panel vielversprechend sein.7 Patient:innen mit hohen Eosinophilen- und Lymphozytenzahlen, niedrigem LDH und ohne Metastasen haben ein günstigeres Gesamtüberleben (OS) bei einer ICI-Therapie.8 Diese Kombination von Faktoren zeigt eine stärkere prädiktive Kraft als einzelne Marker. Zudem könnten der entzündliche T-Zell-Tumorphänotyp und der Status von tumorinfiltrierenden Lymphozyten (TILs) als Marker dienen.4
Die Analyse von Immunzellen bei Melanompatient:innen zeigte, dass eine Monozytensignatur vor der Therapie auf ein verlängertes progressionsfreies Überleben (PFS) und OS unter Anti-PD-1-Therapie hinweist.9 Weitere immunsuppressive Mechanismen in der Tumormikroumgebung (TME), wie PD-L2, LAG3 und IDO1, bieten weitere Ansätze für die Immuntherapie.10 Eine Transkriptionssignatur, die mit Angiogenese, Hypoxie und Remodellierung der extrazellulären Matrix (ECM) verbunden ist, wurde als Prädiktor für Resistenz gegen anti-PD-1 identifiziert, wohingegen eine erhöhte Mutationslast und Neoantigene bei Patient:innen mit gutem Therapieansprechen zu finden waren.7 Derzeit wird keiner dieser Marker routinemäßig in der klinischen Praxis verwendet, jedoch könnte eine Kombination von Tumor- und TME-Markern aus Serum- und Tumorgewebe weiterführend sein. Proteine bieten sich für die Analyse besonders gut an, da sie den dynamischen Zustand von Tumor und TME widerspiegeln. In einer aktuellen Studie haben wir diese Proteinanalysen durchgeführt.
Translationale Studie zu prädiktiven Biomarkern1
In einer aktuellen multizentrischen Studie1 führten wir ein Screening von Serum- und Tumorzellen unter Anwendung proteomischer Methoden durch. Hier wurden Serumproben von Melanompatient:innen verwendet, die vor Verabreichung des ersten Zyklus der Anti-PD-1-Immuntherapie gesammelt wurden, um die Daten dann auf Prädiktion ausarbeiten zu können. Zudem wurde eine Vielzahl an klinischen Parametern dokumentiert.
Die Serumkohorte (n=56) wurde mittels Massenspektrometrie (MS) analysiert: Zum einen durch die Abreicherung der zwölf häufigsten Serumproteine und zum anderen durch die Anreicherung glykosylierter Proteine. So konnten Proteine, die im Serum schwer zugänglich sind, besser erkannt werden. Die identifizierten Marker wurden in drei Serumvalidierungskohorten (n=80; n=12; n=17) mit timsTOF-MS analysiert (Abb.1). Weitere Validierungen basierten auf Literatur und Genomik. Wir analysierten bereits veröffentlichte Signaturen zur Immuntherapie bei Melanomen auf Überschneidungen. Zudem führten wir eine Überlebensanalyse mit Daten des „The Cancer Genome Atlas“ (TCGA) durch, um festzustellen, ob prädiktive Marker auch prognostische Eigenschaften besitzen. Diese Daten wurden integriert, um ein Panel zu erstellen. Zusätzlich wurden Tumormarker durch Immunfluoreszenz an Melanom-Gewebemikroarrays validiert. Durch dieses Vorgehen waren wir in der Lage, eine mögliche prädiktive Signatur herauszuarbeiten, die bei Patient:innen mit schlechtem Therapieansprechen zu finden war (Abb.2).
Metabolomik
Eine andere innovative und vielversprechende Methode für diagnostische Anwendungen ist die nichtinvasive Schweißanalyse. Es wurde gezeigt, dass Entzündungsmetaboliten11 und Antibiotika12 im Schweiß nachverfolgt werden können. Fingerschweiß, der von den Drüsen der Fingerspitzen abgesondert wird, bietet hierbei besondere Vorteile, da er weniger Variabilität aufweist als Schweiß anderer Körperregionen und klinische Informationen über onkologische Therapeutika liefern könnte.13 Die rasche und nichtinvasive Probengewinnung des Fingerschweißes ist in Abbildung 3 dargestellt. Hiermit konnten beispielsweise bereits Stoffwechselprodukte von antipsychotischen Medikamenten oder Koffein14,15 nachgewiesen werden.
Ein weiterer Vorteil der Fingerschweißmessung ist die Möglichkeit wiederholter Messungen in kurzen Abständen. Dies erlaubt eine Echtzeitüberwachung wichtiger Faktoren für die Krebsbehandlung, zum Beispiel die therapeutische Medikamentenüberwachung (TDM).16 Fingerschweißanalysen könnten personalisierte Dosierungsstrategien unterstützen und die Therapietreue überwachen. Zudem bietet diese Methode Einblicke in Prozesse wie Entzündungen, die bei der Krebsentwicklung und Therapie eine wichtige Rolle spielen. Damit könnten sich der Immunstatus und die Krankheitsprognose bewerten lassen. Weitere Anwendungsmöglichkeiten liegen in der Früherkennung von Nebenwirkungen (z.B. Immuncheckpoint-Inhibitor-assoziierte interstitielle Entzündung),17 der Bewertung des Ernährungsstatus und der Überwachung psychosozialer Faktoren, die das Wohlbefinden der Patient:innen beeinflussen.
Die Massenspektrometrie des Fingerschweißes mit einer „hands-on time“ von gerade einmal 20 Minuten wurde von der Gruppe von Prof. Gerner an der Analytischen Chemie, Universität Wien, erfolgreich zur Analyse individueller Stoffwechselaktivitäten entwickelt.13,15 Die Vielseitigkeit dieses Ansatzes bietet große Chancen für die personalisierte Patient:innenversorgung.
Ausblick auf die geplante Fingerschweißstudie
In einer ersten Studie mit der Gruppe von Prof. Gerner (Analytische Chemie, Universität Wien) konnten wir zeigen, dass beispielsweise Metaboliten des Tryptophan-Stoffwechsels im Fingerschweiß von Melanompatient:innen hochreguliert sind. Diese Marker wirken immunsuppressiv und könnten daher besonders interessante und relevante Parameter zur Überwachung unter Immuntherapie sein. Darüber hinaus konnten wir zeigen, dass Marker für Dysbiosen im Mikrobiom im Fingerschweiß von Melanompatient:innen erhöht sind. Nachdem bereits eine Korrelation des Mikrobioms mit der Wirkung der Immuntherapie gezeigt werden konnte, könnte das Monitoring dieser Metaboliten unter Immuntherapie ebenfalls von besonderem Interesse sein.
In weiterer Folge möchten wir systematisch Fingerschweißproben vor und während Immuntherapie sammeln. Durch diese umfangreiche Studie könnten wir neue prädiktive und pharmakodynamische Biomarker zur Anti-PD-1-Therapie ermitteln, sowohl auf Protein- wie auch Metabolitenebene. So wäre es möglich, Patient:innen zu stratifizieren, um einerseits keine wertvolle Therapiezeit zu verlieren und/oder auch frühzeitig das Auftreten einer Therapieresistenz zu erkennen. Außerdem erweitern diese Analysen unser Verständnis der ablaufenden Resistenzmechanismen, in die mit neuen Therapieoptionen gezielt eingegriffen werden kann. Durch die Verwendung eines innovativen und nichtinvasiven Ansatzes könnten wir hier eine neue Methode etablieren, die ohne großen Schwellenwert Vorgänge in Patient:innen aufzeichnet und erkennt. Darauf aufbauend könnte die Umsetzung in der Klinik als nächster Schritt gesetzt werden.◼
◾1509
Entgeltliche Einschaltung
Mit freundlicher Unterstützung durch XXXXXXX
Fachkurzinformation siehe Seite XXXX | FREIGABENUMMERXXXX
1 Minute
Hände waschen & abtrocknen
V. Paulitschke, WienN. Zila, Wien© Med. Uni Wien
1 Minute
schwitzen
1 Minute
Filterpapier zwischen Daumen und Zeigefinger abpressen
Lagerung der Proben bis zur Messung auf –80°C
Abb. 3:Ablauf der Fingerschweißgewinnung (zusammengestellt aus Brunmair J et al.15 und https://archive.nerdist.com/a-finger-sweating-looks-far-more-fascinating-up-close-than-youd-imagine)
Klinik
Proben
Melanompatient:innen vor Therapie
anti-PD-1
Therapie
Therapieansprechen
Responder (R) vs. Non-Responder (NR)
Parameteranalyse
Klin. Charakterisierung der Serumkohorten:
Analyse klin. Daten
Entdeckung
Probenverarbeitung & Datensammlung
n=56
Serumdepletion
Orbitrap Elite
Shotgun/DDA-MS
n=56
Glykoanreicherung
tripleTOF
SWATH/DIA-MS
n=8
Tumorzelllysate
Orbitrap Elite
Shotgun/DDA-MS
Analyse der erhobenen Daten
-
Definition signifikanter Proteine
-
Funktionelle Charakterisierung signifikanter Proteine
-
basierend auf GO-Terms (DAVID)
-
für Überschneidung von Datasets [Metascape]
-
basierend auf KEGG-Pathways (Proteomaps)
Validierung
Probenverarbeitung & Datenerfassung
n=80
Zürich: Validierungskohorte A
timsTOFShotgun/DDA-MS
n=12
Zürich: Validierungskohorte B
n=12
Wien: Validierungskohorte C
n=30
Gewebemikroarray- & Überlebensanalyse
Multiple Immunofluoreszenz + TCGA
Validierungsanalyse
-
Definition signifikanter Proteine
-
Zusätzliche externe Validierung
-
literaturbasierte Validierung durch veröffentlichte Signaturen [hypeR]
Signatur
Proteine und Prozesse für NR
-
Selektionskriterien | Serum
-
Top-5-Proteine aus jeder Kohorte
-
Proteine, die in mindestens 2 Serumkohorten entdeckt wurden
-
Selektionskriterien | Tumor
-
mind. 2 Bioinformatikanalysen
-
Validierung durch hypeR od. TCGA od. alle 3 Bioinformatikanalysen
-
Funktionelle Charakterisierung von Signaturproteinen
-
basierend auf GO-Terms (DAVID)Darstellung biologischer Prozesse bei NR
Bioinformatikanalyse
Abb. 1:Experimenteller Studienansatz für Baseline-Proben von Melanompatient:innen, die mit anti-PD-1 behandelt wurden. Die primäre Serumkohorte (n=56) wurde mit verschiedenen Techniken analysiert. Basierend auf dem Behandlungserfolg wurden die Patient:innen in Responder (R) und Non-Responder (NR) für nachfolgende bioinformatische Analysen kategorisiert. Schließlich wurden die abgeleiteten Signaturen durch weitere MS-Validierungsanalysen in drei unabhängigen Kohorten sowie durch Literatur- und Überlebensanalysen überprüft. (modifiziert nach Zila N et al. 2024)1
© Universimed, Symbole: A Oleksii – stock.adobe.com, iiierlok_xolms – stock.adobe.com
Abb. 2: Markerpanel aus Serum- (li.) und Tumorproben (re.), die durch mehrstufige Analysen zur Vorhersage des Ansprechens auf die PD-1-Blockade bei fortgeschrittenem Melanom bestimmt wurden. Serum-Marker (Top-5-Proteine aus jeder Kohorte und Proteine, die in mindestens 2 Kohorten nachgewiesen wurden) wurden nach strengen Kriterien untersucht. Die 10 Schlüsselmarker aus den 25 Serum-Markern sind als Beispiel dargestellt (dunkelgrau = in 3 Kohorten, hellgrau = in 2 Kohorten). Aufgrund der kleinen Kohorte mussten Tumormarker in mindestens 2 bioinformatischen Analysen identifiziert und durch Literatur oder TCGA-Überlebensanalysen validiert oder in allen 3 bioinformatischen Analysen identifiziert werden. Dies führte zu 23 Tumormarkern, darunter 4 Schlüsselmarker (grau markiert), die sowohl durch Literatur als auch TCGA validiert wurden. (modifiziert nach Zila N et al. 2024)1