«Airway remodeling»: permanente oder vorübergehende Folge von schwerem Asthma?
Das «airway remodeling» ist eine Folge der anhaltenden Atemwegsentzündung bei schwerem Asthma und verantwortlich für die funktionellen Einschränkungen und das klinische Krankheitsbild bei Asthma. Ob es sich dabei um eine permanente Manifestation handelt oder ob die Umbauprozesse mit einer Biologikatherapie möglicherweise reversibel sind, dieser Frage ging ein von Sanofi unterstütztes Symposium am ERS-Kongress in Wien nach.
Die eingeschränkte Lungenfunktion bei Patienten mit einem schweren Typ-2-Asthma ist eine Konsequenz der anhaltenden Entzündungsprozesse in den Atemwegen, die vor allem durch die Typ-2-Zytokine Interleukin(IL)-4, IL-5 und IL-13 vermittelt werden und zu strukturellen Umbauprozessen führen.1,2
IL-13 begünstigt die epitheliale Barrieredysfunktion, führt zu einer Verdickung der Basalmembran, zu Schleimhauthyperplasie und zu einer vermehrten Schleimproduktion. Die Signalwege von IL-13 und IL-4 überlappen sich teilweise. Gemeinsam fördern sie die Proliferation und Kontraktion der glatten Atemwegsmuskulatur und begünstigen durch das Auftreten von Fibroblasten und extrazellulärer Matrix die Entstehung einer Atemwegsfibrose. Die beiden Zytokine sind auch für die Induktion des Klassenwechsels bei den B-Lymphozyten verantwortlich, der zur Produktion von IgE und zu allergischen Reaktionen führt.1,2 IL-5 ist vor allem wichtig für das Auftreten, die Differenzierung und die Lebensdauer der eosinophilen Granulozyten. Zusammen mit IL-13 und IL-4 begünstigt IL-5 die Rekrutierung von weiteren Entzündungszellen und kreiert einen Zustand der «Hyperinflammation», der schwer zu durchbrechen ist.1–3
Eine Folge der Atemwegsentzündung, die für die Patienten mit schwerem Typ-2-Asthma besonders einschränkend ist, ist die vermehrte Produktion von zähem Mukus. Dieser beeinträchtigt einen der wichtigsten Schutzmechanismen der Atemwege, die mukoziliäre Clearance, und kann zu anhaltendem Husten, einem erhöhten Risiko für Atemwegsinfektionen und einer Verschlechterung des Krankheitsverlaufs führen.4 Wie eine aktuelle Studie zeigt, scheint die Ursache der veränderten Viskosität eine erhöhte MUC5AC-Expression zu sein, die ebenfalls durch IL-13 vermittelt wird.5
«Alle diese Veränderungen sind Teil eines strukturellen Umbauprozesses, des sogenannten ‹airway remodeling›, das zu einem chronischen Verlust der Lungenfunktion führt», sagte Prof. Dr. med. Celeste Michala Porsbjerg vom Department Pneumologie des universitären Bispebjerg-Spitals in Kopenhagen, Dänemark. Ob es sich dabei um eine permanente oder vorübergehende Konsequenz von schwerem Asthma handelt, ist unklar. Sicher sei aber, dass man den Prozess unterbrechen müsse, um das Ziel einer Asthmaremission mit einer Normalisierung der Lungenfunktion zu erreichen.
Lassen sich die Umbauprozesse mit Biologika umkehren?
«Mit den Biologika gegen Asthma verfügen wir möglicherweise über Medikamente, um das ‹airway remodeling› zu modifizieren», sagte Prof. Dr. med. Mario Castro vom Medical Center der Universität Kansas, USA. Erste Hinweise auf die Wirkung lieferte eine kleine randomisierte Studie aus dem Jahr 2012. Diese zeigte, dass die Dicke der Atemwegswand in der CT bei Patienten mit schwerem Asthma im Vergleich zu einer konventionellen Therapie mit dem Anti-IgE-Antikörper (AK) Omalizumab reduziert werden konnte.6 Eine neuere Studie, die Bronchialbiopsien von Patienten mit schwerem Asthma verglich, die mit Omalizumab oder oralen Kortikosteroiden behandelt wurden, zeigte eine signifikante Abnahme der Basalmembrandicke durch die Behandlung mit dem Anti-IgE-AK.7 Hinweise auf die Reversibilität des «airway remodeling» gibt es auch mit Mepolizumab. So zeigte eine Studie bei Patienten mit schwerem refraktärem Asthma und Eosinophilie, dass die Dicke der Atemwegswand unter der 50-wöchigen Behandlungsdauer mit dem Anti-IL-5-AK abnahm, während sie im gleichen Zeitraum unter Placebo zunahm.8 Im Mai dieses Jahres wurden am ATS-Kongress zudem Daten einer kleinen Untersuchung präsentiert, die eine signifikante Abnahme der glatten Muskulatur und der Basalmembrandicke bei mit dem Anti-IL-5-AK behandelten Patienten zeigte.9
Reduktion von «mucus plugs» kann Outcome bei Asthma verbessern
«Die Rolle von ‹mucus plugging› bei der Atemwegsobstruktion wurde lange Zeit unterschätzt», sagte Prof. Castro. Das änderte sich, nachdem eine Untersuchung von Patienten des «Severe Asthma Research Program» zeigte, dass die Therapie mit dem Anti-IL-5r-AK Benralizumab die Anzahl der «mucus plugs» (MP) reduzierte. Die Dicke der Atemwegswand blieb zwar unter der Therapie weitgehend konsistent. Mit der Abnahme der MP nahm jedoch das Lumen der Atemwege zu und der Atemwegswiderstand ab: Das Resultat war eine Verbesserung der Lungenfunktion.10 Positive Effekte auf den Mukus-Score und konsekutiv eine verbesserte Lungenfunktion, konnten auch mit dem Anti-TSLP-AK Tezepelumab beobachtet werden.11,12 Die Dicke der Atemwegswand unter dieser Therapie blieb ebenfalls weitgehend konsistent.
Daten zur Wirkung des Anti-IL-4/IL-13-AK Dupilumab bei Patienten mit Zeichen eines «airway remodeling» lieferte die VESTIGE-Studie.13 Diese zeigte, im Vergleich zu Placebo, nach einer 24-wöchigen Behandlungsdauer eine signifikante Reduktion der MP (Abb.1) und des Mukusvolumens in den Atemwegen.13 «Besonders faszinierend dabei war, dass der Effekt bereits 4 Wochen nach dem Behandlungsbeginn in der CT nachweisbar war», so Prof. Castro. Mit der Verbesserung des Mucus-Scores, der reduzierten Wanddicke und dem daraus resultierenden niedrigeren Widerstand in den Atemwegen verbesserten sich die Ventilation und Perfusion der Lunge sowie das «air trapping» in den «small airways».14 Eine kürzlich publizierte Untersuchung weist zudem auf eine Modifikation der Atemwegshyperreagibilität durch Dupilumab hin. Wie die Ergebnisse demonstrierten, nahm während der 12-wöchigen Behandlungsdauer mit dem Anti-IL-4/IL-13-AK die Sensitivität gegenüber Mannitol in den seriell durchgeführten Provokationstests ab. Nach 12 Wochen reagierten 61% der Patienten (n=17) nicht mehr auf die Provokation mit Mannitol, was auf eine Remission der Atemwegshyperreagibilität hindeutet.15
Einen interessanten Einblick in das «airway remodeling» und die Wirkung von Biologika gab eine kürzlich publizierte experimentelle Studie. Diese konnte zeigen, dass die gestörte mukoziliäre Clearance bei schwerem Asthma u.a. eine Folge der abnehmenden Zahl und Funktion von Atemwegszilien ist. Diese Veränderung wird durch IL-13 vermittelt und war in vivo durch die Zugabe von Dupilumab teilweise reversibel.16
Die Ergebnisse der bisherigen klinischen Studien werden durch erste Real-World-Daten bestätigt. So zeigte eine kleine Beobachtungsstudie bei Patienten mit moderatem bis schweren Asthma, die über 48 Wochen mit Dupilumab behandelt wurden, eine signifikante Verbesserung des Mukus-Scores in der CT sowie der klinischen Symptome wie Husten und Schleim.17 Die Veränderung war mit einer Verbesserung der Lungenfunktion sowie einer Abnahme des FeNO und der Eosinophilenzellzahl im Sputum assoziiert. Darüber hinaus konnte auch die Atemwegshyperreagibilität, eine wichtige Krankheitskomponente, die die Lebensqualität von Patienten mit schwerem Asthma einschränkt, durch die Behandlung mit Dupilumab verbessert werden.15
Fazit
Die Interleukine 4, 13 und 5 sind die wichtigsten Zytokine der Typ-2-Entzündung bei schwerem Asthma.1–3 Die anhaltende Entzündung kann ein «airway remodeling» verursachen und zu einem anhaltenden Verlust der Lungenfunktion führen. Wie der Review von Studiendaten zeigt, lassen sich die strukturellen Umbauprozesse durch die Behandlung mit Biologika möglicherweise vermeiden oder teilweise rückgängig machen. ◼
Quelle:
Satelliten-Symposium der Firma Sanofi: Airway Remodeling: A permanent or transitory consequence in severe asthma patients? ERS-Kongress, 7.–11. September 2024, Wien
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Mit freundlicher Unterstützung durch Sanofi-Aventis (Schweiz) AG
Suurstoffi 2, 6343 Rotkreuz
Kurzfachinformation siehe Seite 33 | MAT-CH-2401722_V1.0_12/2024
CT-Bildgebung
Dupilumab
Placebo
Patienten %
Patienten %
Baseline
Woche 4
Woche 24
Baseline
Woche 4
Woche 24
Hoher Mukus-Score Niedriger Mukus-Score Mukus-Score von null
Abb. 1: Dupilumab führte über die Zeit zu einer Reduktion des Mukus-Scores, während er unter Placebo nahezu unverändert blieb (adaptiert nach Porsbjerg C et al. 2024)13