Pulmonale Hypertonie (PH)

Einfluss der körperlichen Leistungsfähigkeit auf die Lebensqualität bei PH

In den letzten Jahren hat die körperliche Leistungsevaluierung eine wichtige Rolle bei der Beurteilung des Gesundheitszustands und der Lebensqualität von Patient:innen mit Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie = PH) gespielt. Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Bedeutung der körperlichen Leistungsevaluierung mithilfe des 1-minütigen Sit-to-stand-Tests (1-min STST) und der Lebensqualität bei Patient:innen mit PH und zeigt die Zusammenhänge zwischen den beiden Evaluierungen.

Lungenhochdruck, auch pulmonale Hypertonie genannt, ist laut aktuellen europäischen Leitlinien1 definiert durch einen mittleren pulmonalarteriellen Druck (mPAP) von >20mmHg in Ruhe. Durch den chronisch hohen Druck in den Lungengefäßen wird auch das Herz überlastet. Die Erkrankung ist progressiv. Unbehandelt kann sie zur rechtsventrikulären Dysfunktion und schließlich zum Rechtsherzversagen führen. Obwohl sich die Möglichkeiten der medikamentösen Therapie bei Patient:innen mit pulmonaler Hypertonie in den vergangenen Jahren rasant weiterentwickelt haben, bleiben viele Patient:innen trotz optimaler medikamentöser Einstellung symptomatisch und haben eine reduzierte Leistungsfähigkeit und eine eingeschränkte Lebensqualität.

Leistungsevaluierung bei Lungenhochdruck

Unterschiedliche Tests können zur Abschätzung der alltagsnahen körperlichen Leistungsfähigkeit bei PH-Patient:innen herangezogen werden, darunter die Spiroergometrie, welche der Goldstandard zur Leistungsevaluierung ist. Aufgrund der Komplexität des Verfahrens wurden zunehmend auch einfacher durchzuführende Tests, wie z.B. der 6-Minuten-Gehtest (6MWT), in den medizinischen Alltag integriert, dieser Test ist bereits in den Leitlinien für Lungenhochdruck zur Risikostratifizierung fest verankert (Tab.1).1 Beim 6MWT wird die Strecke, die eine Person in 6 Minuten auf einer geraden Ebene zu Fuß zurücklegen kann, gemessen. Der Test gibt Aufschluss über die körperliche Belastbarkeit, Ausdauer und das Ausmaß der Atemnot bei körperlicher Aktivität, erhoben mittels Borg-Skala.2

Kürzlich publizierte Studien schlagen die Verwendung des 1-min STST als eine Alternative zum 6MWT bei pulmonalen sowie kardialen Erkrankungen, insbesondere der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD)3 und der chronischen Herzinsuffizienz, vor.4 Mit dem 1-min STST wird gemessen, wie oft eine Person innerhalb einer Minute aus einer sitzenden Position aufstehen kann, ohne die Arme als Hilfestellung zu verwenden (Abb. 1).

Der Test kann nützlich sein, um die Fähigkeit einer Person zu beurteilen, alltägliche Aktivitäten wie das Aufstehen von einem Stuhl oder einem Sofa auszuführen. Außerdem bringt dieser Test nützliche Informationen über die Mobilität, die Muskelkraft und die Gleichgewichtsfähigkeit einer Person.

Um beim 1-min STST die Leistungsfähigkeit richtig einordnen zu können, gibt es bereits Referenzwerte von gesunden Personen,5 mit denen die Ergebnisse des Tests bei PH-Patient:innen verglichen werden können. Rezente Studien zeigen eine gute Korrelation des 1-min STST mit wichtigen Prognosemarkern bei PH, wie der WHO-Funktionsklasse,6,7 dem NT-proBNP-Level (NT-proBNP: „N-terminal pro B-Type natriuretic peptid“),6,7 dem mittleren pulmonalarteriellen Druck7 und echokardiografischen Markern der rechtsventrikulären Funktion.8,9 In einer Studie mit PH-Patient:innen10 wurden die Resultate des 6MWT mit den Resultaten des 1-min STST verglichen und es wurde festgestellt, dass beide Testverfahren geeignet zur Leistungsevaluierung bei Patient:innen mit PH sind. Die Vorteile des 1-min STST gegenüber dem 6MWT sind überzeugend: Der Test ist schnell absolviert, unterliegt so gut wie keinem Lerneffekt (Intraklassen-Korrelationskoeffizient: ≥0,93),3,11 testet die alltagsnahe funktionelle Leistungsfähigkeit und benötigt kaum Platz. Gerade Letzteres ist für den niedergelassenen Bereich ein starkes Argument. Der 6MWT hingegen benötigt deutlich mehr Platz (50 Meter langer Korridor) und Zeit. Für Patient:innen mit Sauerstoffgerät ist der 1-min STST im Vergleich zum 6MWT besser geeignet, da sie das Gerät beim 1-min STST nicht mitziehen müssen.

Lebensqualität bei Lungenhochdruck

Spezifische Fragebögen zur Erfassung der Lebensqualität bei Lungenhochdruck, wie z.B. der Cambridge Pulmonary Hypertension Outcome Review (CAMPHOR),12der sich in die 3 Subdomänen Symptome, Aktivitätseinschränkung und Lebensqualität gliedert, werden von den europäischen Leitlinien für PH empfohlen.1 Mit diesem Fragebogen werden u.a. körperliche, emotionale und soziale Auswirkungen der Erkrankung auf das tägliche Leben der Patient:innen abgefragt. Der CAMPHOR-Fragebogen ist bereits im deutschsprachigen Raum validiert.13

Wie hängt die Leistungsfähigkeit mit der Lebensqualität zusammen?

Körperliche Einschränkungen, unter denen Patient:innen mit PH leiden, sind, wie bereits angeführt, Atemnot, aber auch Müdigkeit und körperliche Schwäche. Patient:innen mit einer niedrigeren Leistungsfähigkeit berichten über ein niedrigeres Energielevel sowie körperliche Beeinträchtigungen. Diese körperlichen Beeinträchtigungen bringen mit sich, dass alltägliche Aktivitäten nicht mehr so gut ausgeführt werden können. Das kann zur Abhängigkeit von anderen Personen, eingeschränkter Mobilität und damit zu einem Verlust an Lebensfreude führen. Generell können die Symptome von Lungenhochdruck aufgrund des eingeschränkten Bewegungsradius die Fähigkeit zur Teilnahme an sozialen Aktivitäten und die Interaktion mit anderen Menschen beeinträchtigen. Dies kann zu sozialer Isolation und damit ebenfalls zu einer Verringerung der Lebensqualität beitragen.

In einer Studie von Reis et al.14 konnte gezeigt werden, dass die körperliche Leistungsfähigkeit, erhoben mit dem 6MWT, eng mit der Lebensqualität zusammenhängt. Da die Resultate des 1-min STST gut mit den Ergebnissen des 6MWT übereinstimmen,7 trifft dieser Zusammenhang wahrscheinlich auch auf die Leistungsevaluierung mit dem 1-min STST zu. Weiters konnten wir in einer rezenten Studie9 eine gute Assoziation der 1-min-STST-Performance mit der Lebensqualität bei PatientInnen mit chronischer Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion nachweisen. Eine niedrige 1-min-STST-Performance (≤50% des Sollwerts an Wiederholungen) war signifikant verknüpft mit einer schlechteren Lebensqualität.

Einfluss der körperlichen Leistungsfähigkeit auf die Lebensqualität

Die Leistungsfähigkeit wird oft als primärer Endpunkt bei medikamentösen Studien zu PH herangezogen.15 Die Leistungsevaluierung spielt eine zentrale Rolle bei der Beurteilung des Schweregrads der PH, der Überwachung des Krankheitsverlaufs und der Bewertung der Wirksamkeit der Behandlung. Auch die Erhebung der Lebensqualität der Patient:innen spielt eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Auswirkungen von PH und bei der Entwicklung eines individuell angepassten Behandlungsplans. In vielen Studien konnte gezeigt werden, dass eine Stärkung der peripheren Muskulatur sowie der Atemmuskulatur mit gezielten Übungen, ein Ausdauertraining und spezielle physikalische Therapien zur Steigerung der Muskelfunktion, der pulmonalen Zirkulation, der Leistungsfähigkeit sowie der Lebensqualität beitragen.16,17

Klinische Relevanz des 1-minütigen Sit-to-stand-Tests

Mittels einer multizentrischen Studie konnte der 1-min STST bei COPD-Patient:innen bereits validiert werden.3 Andere Arbeitsgruppen18 haben die praktische Anwendung des STST aufgezeigt und konnten den prognostischen Wert des STST bei COPD-Patient:innen hinsichtlich klinischer Verschlechterung („schwere Exazerbationen“) darstellen. Der 1-min STST könnte bei der medizinischen Betreuung von PH-Patient:innen zusätzlich zu den herkömmlich verwendeten Parametern (Tab. 1) eine erleichterte Risikostratifizierung ermöglichen. Bei Patient:innen mit schlechterer Leistungsfähigkeit im 1-min STST könnte man beispielsweise ein kürzeres Kontrollintervall festlegen, während Patient:innen, mit nur leichter Einschränkung der Leistungsfähigkeit ein weiter ausgedehntes Vorstellungsintervall empfohlen bekommen.

Fazit für die Praxis

Der 1-min STST dient zur Leistungsevaluierung bei pulmonalen und kardialen Erkrankungen und könnte zukünftig eine optimale Alternativtestmöglichkeit zu dem routinemäßig durchgeführten 6MWT bei Patient:innen mit PH darstellen. Zukünftige Studien sollen zur Validierung dieses Tests bei PH-Patient:innen beitragen. Bisherige Ergebnisse zeigen eine gute Korrelation des 1-min STST mit der Lebensqualität.9,19,20

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C. Kronberger, WienR. Badr Eslam, Wien

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Tab. 1:Risikostratifizierungstabelle aus den PH-Leitlinien der ESC/ERS von 2022, adaptiert nach Humbert et al.1

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Abb. 1:Schematische Darstellung des 1-minütigen Sit-to-stand-Tests

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