Diagnose und Behandlung von Frauen mit OAB

Nur wenige werden therapiert

Eine Kombination aus konservativen und medikamentösen Massnahmen verspricht den besten Erfolg sowohl bei einer «trockenen» wie auch bei einer «nassen» überaktiven Blase (OAB). Das Management ist bei der jüngeren und der älteren Patientin unterschiedlich.

Viele Frauen kennen das Problem der überaktiven Blase («overactive bladder», OAB). Obwohl der Leidensdruck gross ist, spricht die Mehrheit der Betroffenen oft nicht darüber in der Sprechstunde. «Nur ein Viertel der Frauen mit einer OAB hat dann eine Diagnose und nur 16% von ihnen erhalten eine adäquate Behandlung», erklärt PD Dr. med. Daniele Perucchini vom Blasenzentrum in Zürich anlässlich eines Symposiums am FomF Gynäkologie – Update Refresher.

Zusammen mit einer Expertengruppe der Arbeitsgemeinschaft Urogynäkologie (AUG, www. urogyn.ch) hat er eine Checkliste für Diagnose und Therapie der OAB als Hilfestellung für die Praxis entwickelt (Abb. 1).

Ursache unklar

Die Ursache für die OAB ist unklar. Leitsymptom ist ein plötzlich einsetzender, ultimativ starker Harndrang, der in der Regel von einer Pollakisurie und einer Nykturie begleitet ist. Eine Harninkontinenz («nasse Blase») kann, muss aber nicht zwingend zusammen mit einer OAB auftreten. «Wahrscheinlich beginnt das Problem mit einer ‹trockenen› Blase, die im Verlauf in eine ‹nasse› Blase übergehen kann», so der Referent. Die Diagnose OAB steht, wenn ein Harnwegsinfekt (HWI) und eine andere Ätiologie als Ursache für die Beschwerden ausgeschlossen sind.1

Korrektes Vorgehen in der Praxis

Das praktische Vorgehen erläutert PD Dr. med. Perucchini anhand einer Checkliste (Abb.1), die als Leitfaden für Diagnostik und Therapie primär den Allgmeinmedizinern dient. Auf Basis dieses Tools erklärt er das Management, das sich bei der jüngeren und der älteren Frau etwas unterscheidet. «Bei der älteren Frau gehört nicht nur eine Urinanalyse zur Abklärung, sondern auch der Ausschluss von Restharn, da bei diesen Patientinnen eine OAB öfters mit einer Senkungs- und Blasenproblematik im Zusammenhang stehen kann», erklärt er. Die älteren Frauen mit einer OAB haben zudem tendenziell mehr Begleiterkrankungen und mehr Nykturie. Bei ihnen spielt auch die Genitalatrophie eine Rolle, die sich mit vaginalen Östrogenen behandeln lässt.

Manchmal bringt eine Antibiotikabehandlung die Beschwerden zum Verschwinden. «Aber nicht jede Bakteriurie muss auch antibiotisch behandelt werden», betont Dr. Perucchini. Bei älteren Frauen beispielsweise besteht häufig eine asymptomatische Bakteriurie.2 Diese wird in der Regel nicht behandelt. Jüngere Frauen hingegen können typische HWI-Beschwerden und gleichzeitig negative Bakterienkulturen haben.

Auch die Symptome bei einer Blasenentzündung unterscheiden sich mitunter bei jüngeren und älteren Patientinnen. Bei den Jüngeren stehen hauptsächlich die Schmerzen und das Brennen beim Wasserlösen im Vordergrund. Hinzukommen können Pollakisurie und gelegentlich auch eine Makrohämaturie.3 «Bei der älteren Patientin sind die Beschwerden meistens diskreter, es brennt etwas nach dem Wasserlassen und vielleicht bestehen auch eine Nykturie und/oder eine Inkontinenz»4, erklärt Dr. Perucchini.

Blasentraining, Trinkverhalten und Beckenbodentraining

Ein zentraler Bestandteil in der OAB-Behandlung sind die konservativen Massnahmen. «Sie verstärken auch die Wirkung der medikamentösen Therapie», sagt Dr. Perucchini.

Die initiale Behandlung beginnt mit dem Führen eines Miktionsprotokolls für drei Tage, einem Blasentraining und einer Anpassung des Trinkverhaltens. Die Patientinnen sollten weder zu viel noch zu wenig trinken. Optimal ist die Aufnahme von durchschnittlich etwa 1,5l Flüssigkeit pro Tag. Der Konsum von Kaffee, Tee und Nikotin sollte aber reduziert werden, da er – wie Verstopfung und Übergewicht – den Drang fördert. «Speziell die ältere Frau muss auch lernen, jeweils vor dem Harndrang regelmässig alle zwei Stunden auf die Toilette zu gehen», erklärt der Experte.

Beckenbodentraining/Physiotherapie ist bei allen Frauen mit OAB, unabhängig von ihrem Alter, effektiv. Dieses führt zu einer besseren Lebensqualität – selbst wenn der Beckenboden nicht bei jeder Frau mit den speziellen Übungen gleichermassen gestärkt wird.5

Anticholinergika und Mirabegron

Für die Pharmakotherapie stehen mit den Anticholinergika und mit Mirabegron (BetmigaTM) zwei Medikamentengruppen zur Verfügung. Die Antimuskarinika hemmen den Parasympathikus und die Blasenentleerung. Mirabegron – es ist bislang der einzige in der Schweiz zugelassene β3-Adrenozeptoragonist – aktiviert den Sympathikus und entspannt die Blase.

«Die Wirkstärke der beiden Medikamentengruppen ist vergleichbar», zitiert Dr. Perucchini aus der Literatur.6 Mirabegron und Anticholinergika werden deshalb auch von der europäischen Fachgesellschaft EAU für die medikamentöse Behandlung der OAB empfohlen.7

Die Wirkung tritt rasch ein. Wie Phase-II/III-Studien mit Mirabegron8 zeigen, nimmt bereits nach der ersten Behandlungswoche die Anzahl der Miktionen und der Inkontinenzepisoden im Vergleich zu Placebo signifikant ab.

Ein Vorteil von Mirabegron gegenüber den Anticholinergika sind laut Dr. Perucchini die bessere Verträglichkeit und Compliance.9,10 Anticholinergika verursachen öfters unangenehme Nebenwirkungen wie Verstopfung und einen trockenen Mund. Ausserdem können sie Verwirrtheit und Halluzinationen auslösen.11«Sie sind deshalb insbesondere für die ältere Patientin weniger gut geeignet», betont Dr. Perucchini.

Gerade bei den Älteren ist die anticholinerge Last per se schon hoch, weil sie oft Medikamente einnehmen müssen.12 «Viele Präparate, die im Alltag gerne und häufig bei unterschiedlichen Indikationen verschrieben werden, haben eine anticholinerge (Partial-)Wirkung», erklärt der Referent. Dazu gehören beispielsweise Metformin, Furosemid oder auch Antidepressiva wie Fluoxetin und Escitalopram.13

Mirabegron – Erwägungen bei der Verabreichung

Mirabegron ist kein Anticholinergikum und auch für ältere Leute ein gut verträgliches Medikament.14 «Es braucht im höheren Alter keine Dosisanpassung und kann auch bei einer leichten bis mittleren Nieren- und einer leichten Leberinsuffizienz bedenkenlos verabreicht werden», erläutert der Experte. Die Therapie sollte jedoch bei allen Patientinnen immer mit 25mg gestartet werden und danach, bei Bedarf, auf 50mg erhöht werden.15 «Wie jedes Medikament kann auch BetmigaTM Nebenwirkungen verursachen», erklärt Dr. Perucchini. Als Sympathomimetikum erhöht es bei manchen Patientinnen etwas die Pulsfrequenz und den Blutdruck.16 «Bei einer schlecht eingestellten starken Hypertonie sollte das Medikament deshalb nicht verabreicht werden», so der Referent. Empfehlenswert sei auch, während der Therapie den Blutdruck ab und an zu kontrollieren. «Die kardiale Sicherheit von Mirabegron ist jedoch insgesamt laut Daten17, 18 die gleiche wie die der Antimuskarinika», betont er abschließend.

Quelle:

Symposium der Astellas Pharma AG am FomF Gynäkologie – Update Refresher, 24.–26. November 2022

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Entgeltliche Einschaltung

Mit freundlicher Unterstützung durch die Astellas Pharma AG

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Überaktive Blase (OAB) bei Frauen

Checkliste für ein pragmatisches Vorgehen in der Allgemeinpraxis, die als Orientierungshilfe auch für Gynäkologen hilfreich sein kann.

Element not implemented: <article-left-content-boxes>Element not implemented: <quotes>Element not implemented: <author>D. Perucchini, Zürich

© XXXXX

Anamnesegespräch

Häufiges Wasserlassen (ca. >7-mal täglich)

Starker Harndrang

Nächtliches Wasserlassen (Nykturie)

Urinverlust/Inkontinenz bei Drang oder Belastung

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Minimaldiagnostik

Urinanalyse

Harnwegsinfektion = behandeln

Pathologischer Befund

Restharn (Ultraschall) max. 100ml, sonst

OAB-Diagnose

Nass (inkontinent)

Trocken (kontinent)

Patientinnenaufklärung

Überaktive Blase ist eine chronische Krankheit.

Erkrankung ist behandelbar, aber das braucht Zeit.

Vereinbaren von Behandlungszielen

Therapie

1. Blasentraining und Trinkverhalten,inkl. Miktionskalender (3 Tage)

2. Beckenbodentraining/Physiotherapie

3. Medikamentöse Behandlung mit Aufklärungüber Wirkung und Nebenwirkungen β3-Adrenozeptor-Agonist Anticholinergika Evtl. lokale Östrogentherapie

Follow-up

Verbesserung nach durchschnittlich 3–6 Monaten

Evtl. Überweisung an einen Spezialisten

Teilerfolg oder

Behandlungsziele verfehlt

Teilerfolg oder

Behandlungsziele verfehlt

Abklärungen

erforderlich

Falls unklar

Abb. 1:Checkliste der AUG für das praktische Vorgehen bei Frauen mit OAB in der Allgemeinpraxis, die als Orientierungshilfe auch für Gynäkologen hilfreich sein kann

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