Aktuelle Lipidzielwerte und wie man sie schnell erreicht
Nach der Lektüre dieser DFP-Fortbildung kennen Sie die pathophysiologische Assoziation zwischen LDL-C-Senkung und der Entwicklung einer Atherosklerose. Sie können die empfohlenen LDL-C-Zielwerte der aktuellen ESC/EAS-Leitlinie zum Management von Dyslipidämien zuordnen und wissen, wie Sie die risikoadjustierten LDL-C-Zielwerte mithilfe verschiedener lipidsenkender Therapieoptionen erreichen können.
Primäre Zielgruppen: Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin bzw. Innere Medizin insbesondere Kardiologen, Endokrinologen sowie Nephrologen, die Patienten mit Hyperlipidämie und kardiovaskulärem Risiko behandeln (sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich)
Überlegen Sie:Was bedeutet die „6er-Regel“ in der Statintherapie?Self-Check1. Kardiovaskuläres Risiko und die kardiovaskuläre Risikoprävention
1.1. Hintergrund
Atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankungen (ASCVD) gehören in Europa mit mehr als vier Millionen Todesfällen zu den Hauptursachen für Morbidität und Mortalität, obwohl die Inzidenz und die Sterblichkeitsraten in vielen Ländern rückläufig sind. In den letzten Jahrzehnten wurden wichtige Risikofaktoren für ASCVD und Präventionsansätze identifiziert. Vor diesem Hintergrund definiert die aktuelle Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS) zum Management von Dyslipidämien (Dyslipidämieleitlinie) aus dem Jahr 2019 Prävention als ein „koordiniertes Bündel von Maßnahmen“ mit dem Ziel, die Auswirkungen kardiovaskulärer Erkrankungen (CVD) und damit assoziierter Beeinträchtigungen zu eliminieren oder zu minimieren. Dabei geht es sowohl um die Primärprävention erstmaliger kardiovaskulärer (CV) Ereignisse als auch um die Sekundärprävention von Folgeereignissen, z.B. bei Patienten nach einem akuten Koronarsyndrom (ACS).
Die jüngste ESC-Leitlinie zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen (Präventionsleitlinie) aus dem Jahr 2021 empfiehlt ein schrittweises und personalisiertes Präventionsvorgehen, das sich vor allem auf ASCVD bezieht. Dazu gehören Lebensstilveränderungen wie Rauchstopp, Bewegung und Ernährungsumstellung. Im Mittelpunkt steht die gezielte Behandlung von Risikofaktoren, darunter die Reduktion des Low-Density-Lipoprotein-Cholesterins (LDL-C), die Blutdrucksenkung und die glykämische Kontrolle. Zur Umsetzung der Empfehlungen ist in der ESC-Präventionsleitlinie ein Stufenschema mit altersabhängigen Risikokategorien und einem Risikokalkulator publiziert. Dafür werden patientenindividuelle Unterschiede wie Alter, Geschlecht, Lebenserwartung und weitere Risikofaktoren berücksichtigt. Das Risiko für CVD kann für anscheinend gesunde Personen, aber auch für ältere Menschen und für Patienten mit nachgewiesener ASCVD oder Diabetes mellitus (DM) evaluiert werden. Anhand der Einschätzung werden im Rahmen einer gemeinsamen Entscheidungsfindung von Arzt und Patient individuelle und maßgeschneiderte Interventionen festgelegt. Die empfohlenen Präventionsmaßnahmen und Behandlungsziele richten sich nach der Grundkonstellation des Patienten. Dabei gilt es, spezifische Risikofaktoren wie z.B. familiäre Hypercholesterinämie (FH), chronische Niereninsuffizienz (CKD) und bereits manifeste ASCVD zu beachten. [1,2]
1.2. Kardiovaskuläres Risiko
Die Voraussetzung für die adäquate Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist die Einschätzung des individuellen CV Risikos. Die ESC/EAS-Dyslipidämieleitlinie hat dazu vier CV Risikokategorien definiert (Tab.1). Wichtige Parameter für die Risikoklassifikation sind bestehende CVD, bereits erlittene CV Ereignisse, der Typ und die Dauer eines DM, das Stadium einer CKD sowie die Berechnung der Systematic Coronary Risk Estimation (SCORE2 und SCORE2-OP). [1] Mit deren Hilfe lässt sich 10-Jahres Risiko für tödliche und nicht tödliche Ereignisse abschätzen, insbesondere bei Menschen, die keine der genannten Risikofaktoren aufweisen. In SCORE fließen die Risikofaktoren Alter, Geschlecht, Raucherstatus, systolischer Blutdruck und Gesamtcholesterin (TC) ein.[1,2] Die ESC-Präventionsleitlinie nennt als wichtigste kausale und modifizierbare Risikofaktoren für ASCVD Apolipoprotein-B(ApoB)-haltige Lipoproteine im Blut – vor allem das LDL-C –, Bluthochdruck, Rauchen, DM und Adipositas. [1–3]
2. Lipide, Lipoproteine und Atherosklerose
2.1. Die Rolle der Lipoproteine
Lipoproteine bestehen aus verestertem und unverestertem Cholesterin, Triglyzeriden (TG), Phospholipiden und Proteinkomponenten. Letztere werden Apolipoproteine [Apo, darunter ApoB, ApoA, ApoC und Apo(a)] genannt und übernehmen wichtige Aufgaben z.B. als Strukturkomponenten in Zellmembranen, als Liganden für zelluläre Rezeptorbindung und als Enzymaktivatoren oder -inhibitoren. Der größte Teil des Cholesterins wird in der Leber synthetisiert und für den Transport im Blutplasma mit TG in Lipoproteine verpackt. Die physiologische Aufgabe der Lipoproteine ist der Transport von Cholesterin und anderen Lipiden über das Blutplasma in verschiedene Gewebe. Dort werden sie eingelagert oder z.B. zur Energiegewinnung, Steroidhormonsynthese und Gallensäureproduktion verwendet. Unterschieden werden sechs Hauptlipoproteinarten im Blut:
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Chylomikronen
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Lipoproteine sehr geringer Dichte („very low density lipoprotein“, VLDL)
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Intermediate-Density-Lipoproteine (IDL)
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Low-Density-Lipoproteine (LDL)
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Lipoprotein(a) [Lp(a)]
Die Bestimmung von im Blut zirkulierenden Lipiden und Lipoproteinen, insbesondere der nicht-HDL-haltigen Lipoproteine (Chylomikronen, VLDL, IDL, LDL), ist die Voraussetzung, um das ASCVD-Risiko abzuschätzen und Therapieentscheidungen zu treffen. In der klinischen Praxis wird die Konzentration der Plasmalipoproteine durch die Bestimmung der Cholesterinmenge geschätzt und nicht direkt gemessen. Dabei verteilt sich das Gesamtcholesterin auf die drei Hauptlipoproteinklassen VLDL, LDL und HDL. Cholesterin ist in kleinen Mengen aber auch in IDL und Lp(a) enthalten. Für ein Standardserumlipidprofil wird die Konzentration des TC und des HDL-C sowie der TG gemessen, um die LDL-C-Konzentration zu schätzen. Das LDL-C im Plasma kann direkt z.B. mit enzymatischen Verfahren bestimmt werden. In der klinischen Routine wird es meist mit der Friedewald-Formel berechnet: [2]
LDL-C=TC–HDL-C–(TG/2,2) in mmol/l
oder
LDL-C=TC–HDL-C–(TG/5) in mg/dl
In der Allgemeinbevölkerung korrelieren das so berechnete LDL-C und das direkt bestimmte LDL-C sehr stark. [2,4–7] Allerdings bestehen bei der Friedewald-Formel einige Einschränkungen: So wird der berechnete LDL-C-Wert bei TG-Konzentrationen ≥2mmol/l (≥177mg/dl) unterschätzt. [2,5,6] Bei hohen TG-Werten >4,5mmol/l (>400mg/dl) sollte die Formel nicht verwendet werden. [2,5] Die Sampson-Formel kann in diesem Fall hilfreich sein: [8]
LDL-C = TC/0,948 − HDL-C/0,971 − (TG/8,56 + TG×non-HDL-C/2140 − TG2/16100) − 9,44
Die ESC/EAS-Dyslipidämieleitlinie gibt Empfehlungen zur Lipidanalyse, um das ASCVD-Risiko abzuschätzen. Der LDL-C-Wert ist der primäre Parameter für das Screening, die Diagnose und das Management von Dyslipidämien (Tab. 2). Zur Risikoabschätzung mit SCORE ist die TC-Plasmamessung erforderlich. Der HDL-C-Wert trägt zu einer Verfeinerung der Abschätzung bei. Der TG-Spiegel ist relevant, um Menschen zu identifizieren, bei denen die Berechnung oder Messung des LDL-C-Wertes das ASCVD-Risiko unterschätzen würde. Dazu gehören Patienten mit DM oder einem metabolischen Syndrom.[2] Meist besteht eine hohe Korrelation zwischen den Konzentrationen von LDL-C, Nicht-HDL-C und ApoB, sodass ihre Werte eine ähnliche Information zum bestehenden ASCVD-Risiko liefern.[2,9–13]
2.2. Lipide und Lipoproteine in der Pathophysiologie der Atherosklerose
Das im Blutplasma zirkulierende LDL und andere ApoB-haltige Lipoproteine (Chylomikronen, VLDL, IDL) spielen eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Progression der Atherosklerose. ApoB-haltige Lipoproteine mit einem Durchmesser von <70nm, einschließlich kleinerer triglyzeridreicher Lipoproteine und deren Restpartikel (Remnants), können ungehindert die Endothelbarriere passieren, insbesondere wenn eine endotheliale Dysfunktion vorliegt. Sie werden in der extrazellulären Matrix festgehalten, indem sie mit dort vorhandenen Strukturen wie Proteoglykanen interagieren. Nach dem „Response-to-Retention“-Modell der Atherosklerose verursacht die Retention Apo-B-haltiger Lipoproteinpartikel in der subintimalen Arterienwand einen komplexen Entzündungsprozess und nachfolgend die Bildung eines Atheroms. Bei weiterer Exposition gegenüber ApoB-haltigen Lipoproteinen verbleiben zusätzliche Partikel in der Arterienwand. Im Lauf der Zeit wächst das Atherom und es bilden sich größere und komplexere atherosklerotische Plaques. Die zunehmende Plaques-Gesamtlast hängt von der Konzentration des zirkulierenden LDL-C und anderer Apo-B-haltiger Lipoproteine sowie von der Expositionsdauer gegenüber diesen Lipoproteinen ab. Die atherosklerotische Zunahme und Veränderungen in der Zusammensetzung der Plaques können einen kritischen Punkt erreichen, an dem es zu einer Plaque-Ruptur kommt. In der Folge kann sich ein Thrombus bilden, der den Blutfluss behindern und zu CV Ereignissen wie instabiler Angina pectoris und Myokardinfarkt (MI) sowie zum Tod führen kann. [2,14–17]
2.3. LDL-Cholesterin als kausale Ursache von Atherosklerose
Die Plasma-LDL-C-Konzentration ist ein Maß für die Masse des in LDL-Partikeln transportierten Cholesterins und ein Schätzwert für die Konzentration des zirkulierenden LDL.[2] Zahlreiche epidemiologische Studien, Studien mit Mendel’scher Randomisierung und randomisierte kontrollierte Studien (RCT) haben einen logarithmisch-linearen (log-linearen) Zusammenhang zwischen der absoluten Veränderung der LDL-C-Konzentration im Plasma und dem Risiko für ASCVD nachgewiesen (Abb. 1).[2,15] Die Konsistenz dieser Studienresultate ist – neben der biologischen und experimentellen Evidenz – ein überzeugender Nachweis, dass LDL-C kausal mit dem Risiko für ASCVD assoziiert ist. Das heißt umgekehrt, dass sich mit einer Reduktion der LDL-C-Konzentration das ASCVD-Risiko verringert, und das proportional zur absoluten LDL-C-Senkung. Damit ist das LDL-C das Hauptziel der CV Risikoreduktion. Daraus lässt sich das folgende kurze Fazit ableiten: Je niedriger der LDL-C-Wert, desto besser ist dies für die Reduktion des ASCVD-Risikos – „the lower the better“.[2,15,18] Ergänzend zeigen Metaanalysen und -regressionen, dass der Nutzen einer intensiven LDL-C-Reduktion zur Verminderung des CV Gesamtrisikos umso stärker ist, je höher die Ausgangs-LDL-C-Werte bei den betroffenen Patienten waren. [19]
2.4. Progression, Anhalten und Regression von Plaques hängen vom LDL-C-Wert ab
Der Einfluss der LDL-C-Senkung auf die Atherosklerose-Entwicklung lässt sich mit Bildgebungstechnologien nachweisen. So zeigen Imaging-Studien mit intravaskulärem Ultraschall und optischer Kohärenztomografie (OCT), dass die Entwicklung atherosklerotischer Plaques von der LDL-C-Konzentration abhängt. Studien haben gezeigt, dass eine LDL-C-Konzentration von <74mg/dl (<1,9mmol/l) mit einer Plaque-Regression einhergeht. Dagegen kommt es ab einem LDL-C-Wert von >77mg/dl (>2mmol/l) zu einer Plaque-Progression (Abb. 2).[20–27]
2.5. Kumulative Effekte des LDL-C auf das kardiovaskuläre Risiko
Die Belastung durch atherosklerotische Plaques hängt neben der LDL-C-Menge auch von der Dauer der Gesamtexposition gegenüber dem LDL-C und anderen Apo-B-haltigen Lipoproteinen ab („Cholesterinjahre“). Die kumulative LDL-C-Exposition in mg-Jahren bzw. mmol-Jahren lässt sich näherungsweise abschätzen, indem man das Alter eines Menschen mit der LDL-C-Konzentration multipliziert. Im jüngeren Lebensalter haben sich noch zu wenig atherogene Lipoproteine in der Arterienwand abgelagert, um zu einer Plaque-Ruptur und damit zu einem CV Ereignis zu führen. Bis ins mittlere Erwachsenenalter ist daher das kurzfristige CV Risiko gering. Die kumulative LDL-C-Konzentration erreicht mit der Zeit einen Schwellenwert, ab dem das CV Risiko steigt (Abb. 3). Atherosklerotische Plaques wachsen proportional zur Konzentration der zirkulierenden Apo-B-haltigen Lipoproteine, daher kommt es bei einem niedrigen LDL-C-Wert von z.B. 80mg/dl (2,1mmol/l) zu einem langsameren Plaque-Wachstum als bei einem hohen LDL-C-Wert von z.B. 125mg/dl (3,2mmol/l). So wird der kritische Schwellenwert für die kumulative LDL-C-Exposition mit einem LDL-C-Wert von 80mg/dl (2,1mmol/l) erst im Alter von 100 Jahren erreicht statt bereits mit 65 Jahren beim LDL-C-Wert von 125mg/dl (3,2mmol/l). Daraus lassen sich zwei Ziele für die LDL-C-Senkung ableiten: Je früher die LDL-C-Senkung beginnt und je länger sie andauert, desto besser für die Reduktion des CV Risikos („the earlier the better – the longer the better“). Dies gilt besonders für Menschen mit einer heterozygoten oder homozygoten FH. Sie haben lebenslang eine extrem hohe kumulative LDL-C-Exposition und daher ein extrem hohes Lebenszeitrisiko für CV Ereignisse. Bei einem LCL-C-Wert >190mg/dl (>4,9mmol/l) sollte an die Möglichkeit einer FH gedacht werden. [2,14]
3. LDL-C-Behandlungsziele
In der aktuellen ESC/EAS-Dyslipidämieleitlinie sind zur Behandlung LDL-C-Zielwerte definiert, die sich nach dem individuellen CV Risiko richten. Dahinter stehen insbesondere die Ergebnisse von Metaanalysen: Je größer die absolute LDL-C-Reduktion, desto stärker sinkt das CV Risiko. Abbildung 4 zeigt die zu erreichenden LDL-C-Zielwerte in Abhängigkeit vom individuellen CV Risiko (Tab. 1). Die Leitlinie unterscheidet eine Primär- und eine Sekundärprävention von CV Ereignissen. So beträgt der empfohlene LDL-C-Zielwert bei Menschen mit einem geringen CV Risiko <116mg/dl (<3,0mmol/l) und sinkt bei einem moderaten Risiko auf <100mg/dl (<2,6mmol/l). Bei einem hohen CV Risiko liegt der LDL-C-Zielwert zur Primärprävention bei <70mg/dl (<1,8mmol/l). Außerdem soll eine ≥50%ige Absenkung vom LDL-C-Ausgangswert erreicht werden. Der Ausgangswert ist definiert als der LDL-C-Wert bei einer Person, die keine lipidsenkenden Medikamente einnimmt, oder der extrapolierte Ausgangswert für Personen, die derzeit eine Behandlung erhalten. Zur Primär- und Sekundärprävention bei Patienten mit einem sehr hohen CV Risiko empfiehlt die Leitlinie einen LDL-C-Zielwert von <55mg/dl (<1,4mmol/l) sowie eine ≥50%ige Reduktion vom LDL-C-Ausgangswert. Bei Patienten mit ASCVD, bei denen unter einer Statintherapie in maximal verträglicher Dosierung innerhalb von zwei Jahren ein zweites CV Ereignis (nicht notwendigerweise vom gleichen Typ wie das erste) wahrscheinlich ist, kann ein LDL-C-Ziel von <40mg/dl (<1,0mmol/l) in Betracht gezogen werden. Für andere Lipidwerte wie HDL-C oder Triglyzeride wurden bislang noch keine Zielwerte in klinischen Studien untersucht. Sie können aber individuell im Therapiemanagement z.B. bei Hochrisikopatienten berücksichtigt werden. [2]
4. Nichtmedikamentöse Optionen zur Senkung von LDL-C
Die ESC-Präventionsleitlinie empfiehlt Lebensstilinterventionen und Rauchstopp als eine Maßnahme zur Modifikation von Risikofaktoren bei Patienten mit ASCVD. Der Verzicht auf das Rauchen ist potenziell die wirksamste aller präventiven Maßnahmen, da sie die Anzahl der (wiederholten) MI und Todesfälle erheblich reduziert.[1] Mit Blick auf die LDL-C-Reduktion schlägt die ESC/EAS-Dyslipidämieleitlinie vor allem Ernährungsanpassungen vor. Den größten Einfluss auf die LDL-C-Konzentration haben gesättigte Fettsäuren: Jeder zusätzliche Prozentpunkt Energiegewinn aus gesättigten Fettsäuren lässt den LDL-C-Wert um 0,8 bis 1,6mg/dl (0,02 bis 0,04mmol/l) ansteigen. Einen ähnlichen Effekt haben Transfettsäuren. Ungesättigte Fettsäuren aus Pflanzenölen senken nachweislich die LDL-C-Konzentration um 7,7 bis 16,2mg/dl (–0,20 bis –0,42mmol/l), wenn sie anstelle von Fetten mit einem hohen Gehalt gesättigter Fettsäuren (Butter, Schmalz) verwendet werden. Ballaststoffe haben eine hypocholesterämische Wirkung und können andere Ernährungsinterventionen zur Senkung des LDL-C-Spiegels unterstützen. Kohlenhydrate verhalten sich LDL-C-neutral. Eine Gewichtsabnahme und körperliche Bewegung beeinflussen den LDL-C-Spiegel zwar günstig, aber nur im geringen Ausmaß, haben jedoch einen positiven Effekt auf andere CV Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder DM. [2]
5. Medikamentöse Optionen zur Senkung von LDL-Cholesterin
Die ESC/EAS-Leitlinie diskutiert verschiedene lipidsenkende Therapieoptionen.Die Tabelle 3 zeigt die in Studien erreichte durchschnittliche LDL-C-Reduktion unter verschiedenen Therapieregimen. [2]
5.1. LDL-C-Senkung mit Statinen
Seit den 1980er-Jahren werden Statine zur Lipidsenkung in der klinischen Routine eingesetzt.[28] Sie hemmen das Enzym 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-Coenzym-A(HMG-CoA)-Reduktase und so die hepatische Cholesterinsynthese. Die verringerte intrazelluläre Cholesterinkonzentration induziert die Expression von LDL-Rezeptoren auf der Zelloberfläche der Hepatozyten. In der Folge nehmen sie mehr LDL-C aus dem Blut auf. Die Plasmakonzentration von LDL-C sowie anderer ApoB-haltiger Lipoproteine einschließlich von TG sinkt. Die erreichbare LDL-C-Senkung variiert zwischen den verschiedenen Statinen und ist von der Dosis abhängig. Eine hochintensive Statintherapie ist definiert als die Dosis, bei der die LDL-C-Konzentration um durchschnittlich ≥50% sinkt (Tab. 3). Bei 30% bis 50% LDL-C-Reduktion handelt es sich um eine moderat intensive Statintherapie.[2] Mit hochpotenten Statinen wie Atorvastatin und Rosuvastatin ist eine LDL-C-Reduktion von ≥50% erreichbar. [2,29–32] Allerdings zeigen sich individuelle Unterschiede beim Ansprechen auf eine Statintherapie, denen – neben Adhärenzfaktoren – möglicherweise auch genetische Ursachen zugrunde liegen können. [2] In der klinischen Praxis wird eine individuelle Titration bis zur maximal verträglichen Dosis durchgeführt. Dabei verläuft die Wirksamkeit von Statinen nicht linear, vielmehr tritt die prozentual stärkste LDL-C-Reduktion mit der niedrigsten Dosis ein. Jede weitere Dosisverdopplung führt zu einer zusätzlichen LDL-C-Senkung um ca. 6% („6er-Regel“).[29] Im Zusammenhang mit der Statintherapie wird auch das Auftreten einer Statinintoleranz diskutiert, darunter vor allem Statin-assoziierte Muskelsymptome (SAMS). Sie führen oft zum Absetzen der Statintherapie. Angaben zur Prävalenz der Statinintoleranz schwanken zwischen 5% und 7% in klinischen Studien und bis zu 30% in Kohortenstudien. In einer Metaanalyse mit 176 Studien und über 4,1 Millionen eingeschlossenen Patienten wird die Prävalenz mit 9,1% (95%-Konfidenzintervall [KI]: 8,0–10,0) angegeben. Dabei wurden unterschiedliche Definitionen der Statinintoleranz berücksichtigt. Die Autoren vermuten, dass die Prävalenz der Statinintoleranz möglicherweise überschätzt wird und sie oft auf einen sogenannten Nocebo-Effekt zurückgeführt werden kann. [33]
5.2. LDL-C-Senkung mit Ezetimib
Die lipidsenkende Therapie mit Ezetimib setzt an einem anderen Punkt im Cholesterinstoffwechsel an als Statine. Ezetimib inhibiert die Aufnahme des alimentären und hepatisch synthetisierten Cholesterins im Bürstensaum des Darms (Interaktion mit dem „Niemann-Pick C1-like“-Protein 1), ohne die Absorption anderer fettlöslicher Nährstoffe zu beeinträchtigen. Die Leber reagiert auf das reduzierte Cholesterinangebot mit einer verstärkten Expression von LDL-Rezeptoren und erhöhter LDL-C-Aufnahme aus dem Blut. [2] Die Gabe von täglich 10mg Ezetimib ergänzend zu einer bestehenden Statintherapie kann im Vergleich zu Placebo den LDL-C-Wert zusätzlich um rund 20% reduzieren (Abb. 5).[2,34] Damit kann eine Kombination aus einer Hochdosis-Statintherapie mit 10mg Ezetimib zu einer LDL-C-Gesamtreduktion von etwa 65% führen (Tab. 3).[2] Eine Ezetimib-Monotherapie kann z.B. bei Patienten mit Statinunverträglichkeit eingesetzt werden. Zu den häufigeren Nebenwirkungen von Ezetimib zählen gastrointestinale Beschwerden wie Diarrhö und Symptome wie Fatigue. [35]
5.3. LDL-C-Senkung mit Bempedoinsäure
Wie Statine, so zählt auch Bempedoinsäure zu den Inhibitoren der hepatischen Cholesterinsynthese, greift aber an einem früheren Punkt als Statine in die Synthese ein und inhibiert das Enzym Adenosintriphosphat(ATP)-Citratlyase. Als Prodrug muss Bempedoinsäure durch die langkettige Acyl-CoA-Synthetase-1 aktiviert werden, die vor allem in der Leber und weniger in anderen Geweben exprimiert wird. In der CLEAR-Studie haben Patienten mit ASCVD, die bereits mit Statinen behandelt worden sind, zusätzlich täglich 180mg Bempedoinsäure erhalten, wobei der LDL-C-Wert nach 52 Wochen durchschnittlich um rund 13% im Vergleich zu Placebo gesunken ist (p<0,001) (Abb. 6).[36] Die Fixkombination aus 180mg Bempedoinsäure und 10mg Ezetimib führte zu einer LDL-C-Reduktion von 38% (p<0,001) im Vergleichzu Placebo.[37] Bempedoinsäure ist als Monotherapie und als Kombinationspräparat mit 10mg Ezetimib erhältlich. Angewendet wird sie zum Beispiel bei Patienten mit einer Unverträglichkeit oder Kontraindikation bezüglich Statinen sowie bei Nichterreichen der LDL-C-Zielwerte unter einer Statin- bzw. Ezetimib-Therapie. Im Rahmen von Studien wurden als Nebenwirkungen der Bempedoinsäure unter anderem erhöhte Harnsäurewerte, bei Patienten mit bestehender Gicht Anfälle berichtet.[38,39]
5.4. LDL-C-Senkung mit PCSK9-Inhibitoren
Die LDL-C-Konzentration im Blut wird insbesondere über die LDL-Rezeptoren an der Oberfläche der Hepatozyten reguliert. Sie binden das zirkulierende LDL-C und transportieren es in die Leberzellen, wo es abgebaut wird. Der freie LDL-Rezeptor kehrt an die Zelloberfläche zurück und bindet das nächste LDL-C-Molekül. Das proteolytische Enzym Proproteinkonvertase-Subtilisin/Kexin-Typ-9 (PCSK9) greift in diesen Zyklus ein. Es bindet an LDL-Rezeptoren und fördert so deren lysosomalen Abbau. Damit stehen sie nicht mehr zur Bindung von LDL-C zur Verfügung und die LDL-C-Konzentration im Blut steigt. [40]
5.4.1. LDL-Cholesterinsenkung mit PCSK9-Antikörpern
PCSK9-Antikörper sind eine weitere Substanzklasse zur LDL-C-Reduktion. Sie binden an das zirkulierende PCSK9 und inhibieren den Abbau von LDL-Rezeptoren. So stehen mehr LDL-Rezeptoren in den Zellmembranen zur Verfügung, die mehr LDL-C aus dem Blut aufnehmen können, was schließlich zu einer LDL-C-Reduktion führt.[40] Derzeit sind mit Alirocumab und Evolocumab zwei PCSK9-Antikörper in Europa zugelassen. Beide werden per subkutaner Injektion in einem zweiwöchentlichen oder monatlichen Abstand verabreicht. [41,42]Abbildung 7 (A) und (B) zeigt, wie schnell die LDL-C-Senkung nach dem Therapiebeginn mit PCSK9-Antikörpern im Vergleich zu Placebo eintritt.
In der ODYSSEY-OUTCOMES-Studie zu Alirocumab waren 18924 Patienten nach einem ACS eingeschlossen, von denen die Mehrheit (89%) mit einer Hochdosis-Statintherapie behandelt wurde. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 2,8 Jahre. Im Rahmen der ODYSSEY-OUTCOMES-Studie führte die Therapie mit Alirocumab im Vergleich zu Placebo zu einer LDL-C-Reduktion von durchschnittlich 54,7% (On-Treatment-Analyse; Woche 48 nach Randomisierung). [43]
In der FOURIER-Studie zu Evolocumab wurden 27564 Patienten mit einer klinisch evidenten ASCVD (Definition: Anamnese mit MI, nichthämorrhagischem Schlaganfall oder symptomatischer peripherer arterieller Verschlusskrankheit) untersucht, die bereits hochpotente Statine mit oder ohne Ezetimib erhalten hatten. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 2,2 Jahre. Im Rahmen der FOURIER-Studie reduzierte sich der LDL-C-Wert in der Evolocumab-Gruppe gegenüber Placebo um durchschnittlich 59% (Woche 48 nach der Randomisierung). [44]
Mit PCSK9-Antikörpern als Monotherapie oder zusätzlich zu anderen Therapien ist eine LDL-C-Reduktion um durchschnittlich 60% erreichbar (Tab. 3). Bei einer PCSK9-Antikörper-Gabe zusätzlich zu einer Statin-Ezetimib-Kombinationstherapie kann das LDL-C um rund 85% reduziert werden.[2] In Studien konnte die starke und anhaltende LDL-C-Reduktion unter einer Therapie mit PCSK9-Antikörpern im Vergleich zu Placebo bestätigt werden, besonders in Subgruppen, in denen Statine an ihre Wirksamkeitsgrenzen stoßen und/oder die schwer zu behandeln sind. Dazu zählen Patienten mit heterozygoter FH, mit einem hohen CV Risiko und mit Statinintoleranz.[45–52] PCSK9-Antikörper zeigen ein günstiges Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil. Zu den am häufigsten berichteten Nebenwirkungen der PCSK9-Antikörper gehören Reaktionen an der Injektionsstelle und grippeähnliche Symptome.[2,41,42]
5.4.2. LDL-Cholesterinsenkung mit PCSK9-Synthese-Hemmern
Gegen PCSK9 richtet sich auch die „small interfering“ Ribonukleinsäure (siRNA) Inclisiran. Im Unterschied zu PCSK9-Antikörpern inhibiert Inclisiran nicht die Enzymfunktion, sondern die PCSK9-Biosynthese in den Hepatozyten. D.h., die siRNA wirkt auf Translationsebene. Dazu bindet der Antisense-Strang der siRNA zunächst an den „RNA-induced silencing complex“ und beide zusammen anschließend an die Boten-RNA (mRNA) für PCSK9. Dadurch wird die mRNA für PCSK9 abgebaut und dessen Proteinbiosynthese verringert. Die Konsequenzen für die LDL-C-Konzentration sind ähnlich wie bei der Therapie mit PCSK9-Antikörpern: Der Abbau von LDL-Rezeptoren wird verringert, wodurch mehr im Blut zirkulierendes LDL-C gebunden und in der Leber metabolisiert werden kann.[52,53] In den Zulassungsstudien ORION-10 und ORION-11 wurde mit Inclisiran im Vergleich zu Placebo eine LDL-C-Reduktion von etwa 50% erreicht (Abb. 8).[53] Die Wirkung auf schwerwiegende CV Ereignisse wird in den Studien ORION-4 und VICTORION-2P mit jeweils 15000 Patienten (geplant) noch untersucht. [54–56] Die subkutane Injektion des siRNA-Wirkstoffs erfolgt ab der dritten Gabe in Abständen von sechs Monaten (zweimal jährlich). Die einzigen berichteten Inclisiran-assoziierten Nebenwirkungen waren Reaktionen an der Einstichstelle. [53,57]
5.5. LDL-C-Senkung mit Fibraten
Fibrate beeinflussen den Lipid- und Lipoproteinmetabolismus über verschiedene Mechanismen. Sie sind z.B. Agonisten der Peroxisom-Proliferator-aktivierten Rezeptoren alpha (PPAR-α) und wirken über Transkriptionsfaktoren. Daher zeigen Fibrate eine gute Wirksamkeit hinsichtlich Reduktion von TG (nüchtern, postprandial und TG-haltige Lipoprotein-Remnants). Der klinische Effekt auf das Lipidprofil hängt vom jeweiligen Fibrat und von den Ausgangswerten ab. Unter einer Therapie mit Fibraten ist eine TG-Reduktion um bis zu 50% und eine LDL-C-Senkung um ≤20% möglich. Der HDL-C-Wert kann mit Fibraten steigen (Ausmaß ca 20%). Bei hohen TG-Werten kann es zu einer paradoxen LDL-C-Erhöhung kommen. Nach den Empfehlungen der ESC/EAS-Dyslipidämieleitlinie können Fibrate bei zwei Patientengruppen in Betracht gezogen werden: bei Patienten in der Primärprävention und bei Hochrisikopatienten, die ihre empfohlenen LDL-C-Zielwerte erreicht haben, aber eine TG-Konzentration von >200mg/dl (>2,3mmol/l) aufweisen. Zu den Nebenwirkungen der Fibrate zählen Myopathien, erhöhte Leberwerte und Cholelithiasis. Außerdem können manche Fibrate mit anderen Arzneimitteln, darunter Statine, interagieren, was ebenfalls zu unerwünschten Wirkungen führen kann. [2]
6. Schnelles Erreichen der LDL-C-Ziele
6.1. Therapieziel oft nicht erreicht
In der Realität werden die von der ESC/EAS-Dyslipidämieleitlinie empfohlenen LDL-C-Zielwerte oft nicht erreicht. Eine mögliche Ursache dafür ist eine nicht ausreichende lipidsenkende Therapie, wie Kohorten- und Registerstudien zeigen:
Daten der europaweiten DA-VINCI-Studie zeigen, dass sich die Differenz zwischen den – im Jahr 2019 weiter abgesenkten – LDL-C-Zielwerten für Hochrisikopatienten in den Leitlinienempfehlungen und deren praktischer Umsetzung vergrößert hat. Bei den untersuchten 2039 Patienten mit einem sehr hohen CV Risiko halbierte sich der Anteil derer, die unter einer hoch dosierten Statin-Monotherapie den aktuellen LDL-C-Zielwert von 2019 von <55mg/dl (<1,4mmol/l) erreichten, auf 22% – im Verglich zu 45% Erreichung des früher gültigen Zielwerts aus dem Jahr 2016 von <70mg/dl (<1,8mmol/l). Besser war dies bei Patienten unter einer Kombinationstherapie mit PCSK9-Antikörpern: 67% erreichten den Zielwert von 2016 und 58% den Zielwert von 2019. Allerdings wurden über 80% der Hochrisikopatienten nur mit einer Statin-Monotherapie behandelt und nur 10% mit einer Kombinationstherapie aus Ezetimib und/oder PCSK9-Antikörpern.[58]
Zu einem ähnlichen Fazit kommt eine Modellrechnung mit Daten des schwedischen SWEDEHEART-Registers. Von den mehr als 25000 analysierten Patienten mit einem MI erreichten rund 17% die LDL-C-Zielwerte von 2019. Keiner der Hochrisikopatienten hatte eine lipidsenkende Kombination aus Hochdosis-Statintherapie, Ezetimib und PCSK9-Antikörpern erhalten, obwohl 50% davon die Kriterien der ESC/EAS-Leitlinie erfüllt hätten. Wären diese 50% mit der Dreifachkombinationstherapie behandelt worden, hätten hochgerechnet 90% die LDL-C-Ziele erreicht. [59]
Nach den Ergebnissen des ACS Patient Pathway Project ist die LDL-C-Zielerreichung in der Zeit nach einem ACS-bedingten Krankenhausaufenthalt unbefriedigend. Im Rahmen der Studie wurden bei fast 2800 ACS-Patienten aus Europa unter anderem die Erreichung der empfohlenen LDL-C-Zielwerte von 2016 während der Akutphase im Krankenhaus und bei zwei bis drei Folgeuntersuchungen innerhalb von zwölf Monaten nach der Klinikentlassung untersucht. Bei der ersten Folgeuntersuchung nach der Klinikentlassung hatten 78% der Patienten die empfohlenen LDL-C-Zielwerte von damals <70mg/dl (<1,8mmol/l) nicht erreicht. Beim zweiten und dritten Termin waren es 68% bzw. 62%. Während im Krankenhaus 93% der Patienten eine lipidsenkende Therapie erhalten hatten, wurden bei der Entlassung nur noch 66% der Patienten mit einer Hochdosis-Statintherapie behandelt. [60]
Eine unzureichende reale LDL-C-Zielerreichung bei Risiko- und Hochrisikopatienten stellte auch die Dyslipidemia International Study II (DYSIS II) fest. Lediglich 29,4% der 6794 Patienten mit stabiler KHK und 18,9% der 3867 Patienten mit einem ACS erreichten den damals empfohlenen LDL-C-Wert von <70mg/dl (<1,8mmol/l). [61]
In der europäischen Registerstudie ESC-EORP Survey (EUROASPIRE V) wiesen 71% der 8261 eingeschlossenen Patienten mit einem koronaren Ereignis oder Eingriff einen LDL-C-Wert von ≥70mg/dl (≥1,8mmol/l) auf. 80% der Patienten wurden mit Statinen behandelt. [62]
6.2. Therapiealgorithmus und Stufenprinzip zur schnellen LDL-C-Zielwerterreichung
Um die LDL-C-Zielwerte bei Patienten mit einem hohen und sehr hohen CV Risiko schnellstmöglich zu erreichen, sieht der von der ESC/EAS-Dyslipidämieleitlinie empfohlene Algorithmus eine regelmäßige Evaluation der LDL-C-Werte und eine rasche Eskalation der Therapieoptionen vor (Abb. 9). Er beginnt mit einer hochpotenten Statintherapie in der höchsten verträglichen Dosis, die mit Ezetimib ergänzt wird, falls die LDL-C-Zielwerte nach 4 bis 6 Wochen nicht erreicht worden sind. Wenn nach weiteren 4 bis 6 Wochen trotz Ezetimib-Gabe die Zielerreichung nicht gelungen ist, empfiehlt die Leitlinie, einen PCSK9-Antikörper hinzuzunehmen. Wichtig ist, die LDL-C-Werte der Patienten regelmäßig zu kontrollieren.[2] In ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2021 erklärten die Mitglieder der EAS Task Force, dass die Statin-Ezetimib-Kombinationstherapie die erste Wahl zur Behandlung erhöhter LDL-C-Werte sei. Sie sollte bei Patienten mit sehr hohem Risiko und hohen LDL-C-Werten von vornherein gegeben werden, wenn es unwahrscheinlich ist, dass die LDL-C-Zielwerte allein mit Statinen erreicht werden können.[63] Der Publikation einer ESC-Expertengruppe im Februar 2022 zufolge gilt die Kombination aus Statinen und Ezetimib als Erstlinientherapie zur Lipidsenkung bei Patienten mit einem sehr hohen CV Risiko. Bei einem extrem hohen Risiko sollte diese Kombinationstherapie von Anfang an um einen gegen PCSK9 gerichteten Wirkstoff erweitert werden.[64] Diese Empfehlungen unterstreichen den Grundsatz der lipidsenkenden Therapie: Je schneller die LDL-C-Senkung, desto besser für die Reduktion des CV Risikos („the faster the better“).[2,63,64]
6.3. Mögliche Optimierung zur schnellen Erreichung der LDL-C-Therapieziele
Aus den Leitlinien- und Expertenempfehlungen lässt sich ableiten, wie die empfohlenen LDL-C-Zielwerte bei Patienten mit einem hohen und sehr hohen CV Risiko möglichst schnell erreicht werden können:
Zunächst sollte das CV Risiko eines Patienten evaluiert werden, um seinen individuellen risikoadaptierten LDL-C-Zielwert festzulegen.Zur Primärprävention sollte bei erhöhten LDL-C-Werten eine lipidsenkende Therapie begonnen werden, um die empfohlenen risikoadjustierten LDL-C-Ziele zu erreichen. In der Sekundärprävention sollte eine lipidsenkende Therapie bereits am ersten Tag nach einem akuten Ereignis begonnen werden. Für diese Patienten gilt: Die LDL-C-Werte sollten alle vier bis sechs Wochen kontrolliert werden. Von Beginn an sollte mit einer Statin-Ezetimib-Kombination behandelt werden. Bei Nichterreichen der LDL-C-Zielwerte kann das Therapieregime mit PCSK9-Antikörpern, Bempedoinsäure bzw. Inclisiran ergänzt werden.Nach dem Erreichen der LDL-C-Zielwerte sollte die lipidsenkende Therapie fortgeführt und nicht reduziert werden. Studien zeigen: Es gibt keinen zu niedrigen LDL-C-Wert; eine langfristige Behandlung führt zu einer stärkeren Risikoreduktion.Bei Statinunverträglichkeit sollte rasch auf eine alternative lipidsenkende Therapie umgestellt werden. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass nicht jedes Symptom auf eine Statinintoleranz zurückzuführen ist.Entscheidend ist, die Patienten über die Erkrankung und die Risiken einer Atherosklerose sorgfältig aufzuklären. Dabei sollte ihnen die Bedeutung einer lebenslangen lipidsenkenden Therapie deutlich gemacht werden. [2,63–66] ◼Zusammenfassung der in diesem med·Diplom vermittelten Lerninhalte
XXXXXXX ist weltweit die häufigste Mangelerkrankung des Menschen. Erhöhtes Risiko für Eisenmangel besteht vor allem in der Schwangerschaft, bei Tumorerkrankungen und chronisch entzündlichen Darmkrankheiten, bei akutem Blutverlust sowie bei ernährungsbedingt oder malabsorptiv reduzierter Eisenaufnahme.
Für die Diagnostik entscheidend sind Hämoglobinwert (Frauen: 12-15 g/dl, Männer: 14–17 g/dl), Ferritin (30-400 µg/l) und Transferrinsättigung (16–45 %).
Die Therapie der Eisenmangelanämie umfasst die Beseitigung der Ursachen und die orale oder intravenöse Eisensubstitution, abhängig von Schweregerad des Eisenmangels und der individuellen Verträglichkeit.
Klinische Relevanz:
XXX Zellen des Körpers benötigen Eisen. Eisenmangel kann alle Systeme des Körpers betreffen. Bei Säuglingen und Kleinkindern kann ein schwerer chronischer Eisenmangel teils irreversible Wachstumsstörungen, neurologische und kognitive Defizite verursachen. Eine schwere Eisenmangelanämie der Schwangeren führt zu vermehrten Fehl- und Frühgeburten, fetalen Entwicklungsstörungen und einem erhöhten Risiko für mütterliche Infektionen.
Zusammenfassung der vermittelten Lerninhalte
Das im Blut zirkulierende LDL-C- und weitere ApoB-haltige Lipoproteine spielen eine maßgebliche kausale Rolle bei der Entstehung und Progression atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankungen. Der kumulative Effekt des LDL-C auf die Atherosklerose-Entwicklung und das kardiovaskuläre Risiko hängt von seiner Plasmakonzentration und von der Expositionsdauer ab. Die Grundsätze für die LDL-C-Senkung zur Reduktion des kardiovaskulären Risikos sind: The lower the better. The earlier the better. The longer the better. Der von der ESC/EAS-Leitlinie zum Management von Dyslipidämien empfohlene LDL-C-Zielwert für Patienten mit einem sehr hohen kardiovaskulären Risiko beträgt <55mg/dl (<1,4mmol/l) und zugleich eine ≥50%ige Absenkung des LDL-C-Ausgangswerts. Die von der Leitlinie empfohlenen LDL-C-Zielwerte für Patienten mit einem sehr hohen Risiko lassen sich nur mit einer Kombinationstherapie aus hochpotenten Statinen, Ezetimib und PCSK9-Inhibitoren erreichen.
Klinische Relevanz
Das LDL-C ist der wichtigste modifizierbare Risikofaktor für atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankungen. Eine rasche LDL-C-Reduktion auf die von der ESC/EAS-Leitlinie empfohlenen Zielwerte mit lipidsenkenden Kombinationstherapien ist gerade bei Patienten mit einem sehr hohen Risiko im Sinne der Sekundärprävention wichtig.
Seite 6XXXXX Symptome: auffällige Blässe, ständige Müdigkeit, Kon-zentrationsschwäche, häufige Infektionen, Rhagaden in den MundwinkelnSeite 7XXXXX der Patientin: 842-1.288 mg(Hb-Referenzbereich: 12-15 g/d,62x(12-9,7)x2,4+500=842,24;62x(15-9,7)x2,4+500=1288,64)Self Check AUFLÖSUNGÜberlegen Sie:Wie unterscheiden sich PCSK9-Antikörper und PCSK9-Synthese-Hemmer?Self-Check