Dr. Markus-Johannes Handl, Experte für ästhetische Chirurgie in Wien, berichtet über seine Erfahrungen mit Botulinumtoxin A.

Laut einer Datenbank ist die Anzahl der Botulinumtoxin-Injektionen zwischen 2015 und 2019 allein in den USA um 35% angestiegen. Ist das in Österreich auch so? Wenn ja, wie erklären Sie sich das?

M.-J. Handl: Ich kann hier keine evidenzbasierten Zahlen nennen, ich glaube aber schon, dass es diesen Anstieg auch in Österreich gibt. Das hat einerseits sicher mit demografischen Veränderungen – Stichwort: Überalterung der Bevölkerung – zu tun, andererseits aber auch damit, dass die Akzeptanz der Behandlung mit Botulinumtoxin A immer größer wird.

Es gibt inzwischen einige Botulinumtoxin-A-Präparate auf dem Markt. Wie unterscheiden sich diese?

M.-J. Handl: Es gibt ja unterschiedliche Serotypen von Botulinumtoxin. In der ästhetischen Medizin wird der Serotyp A verwendet, wobei die Hersteller ihren Produkten eigene generische Namen geben, wie z.B. Onabotulinumtoxin A, Abobotulinumtoxin A, Incobotulinumtoxin A oder Letibotulinumtoxin A. Dies bezieht sich auf unterschiedliche Herstellungsverfahren und Zusatzstoffe, aber alle diese Präparate enthalten Botulinumtoxin A. Die leicht unterschiedliche Zusammensetzung der einzelnen Präparate kann jedoch durchaus Auswirkungen auf die Haltbarkeit oder die Temperaturempfindlichkeit des einzelnen Produkts haben.

Nach welchen Kriterien entscheiden Sie sich für das eine oder andere?

M.-J. Handl: Das Hauptkriterium ist zunächst der Patientenwunsch. Wenn eine Patientin ein bestimmtes Produkt verlangt, so werde ich diesem Wunsch nachkommen. Aus medizinischer Sicht nehme ich das Präparat, mit dem ich die besten Erfahrungen habe, etwa was das Anhalten oder die Qualität der Wirkung betrifft.

Das heißt, man gewöhnt sich in der Regel an ein bestimmtes Präparat, das man dann vorzugsweise verwendet?

M.-J. Handl: Ja, weil man das Präparat dann gut kennt. Man weiß das genaue Verdünnungsverhältnis, das nötig ist, und man kennt eben auch die Wirkung aus Erfahrung. Man muss ja wissen, dass alle in Österreich erhältlichen Botulinumtoxin-A-Präparate in Pulverform geliefert und erst vor der Anwendung aufgelöst werden.

In welchen Indikationen verwenden Sie Botulinumtoxin A hauptsächlich?

M.-J. Handl: In unserer Gruppenpraxis haben wir vor allem die ästhetischen Indikationen, das bedeutet Glabella- und Stirnfalten, weiters periokuläre Falten, die sogenannten Krähenfüße. Es gibt aber auch andere Indikationen, wie z.B. eine zentral auftretende Migräne. Hier kann Botulinumtoxin A sehr hilfreich sein. Auch die axilläre Hyperhidrose ist eine Indikation, in der Botulinumtoxin A sehr erfolgreich eingesetzt wird.

Haben Sie schon persönliche Erfahrungen mit Letibotulinumtoxin A (Letybo®) gemacht?

M.-J. Handl: Ja, wir haben dieses Präparat bereits häufig eingesetzt und von unseren Patientinnen und Patienten ein sehr gutes Feedback dazu bekommen.

Wenn Sie einen Kollegen/eine Kollegin in der Therapie mit Botulinumtoxin A schulen, was sind dann die Punkte, auf die Sie hinweisen? Gibt es Fallstricke oder Gefahren?

M.-J. Handl: Ich halte einmal im Monat ein Seminar, in dem ich Kolleginnen und Kollegen die Handhabung von Botulinumtoxin A sowohl theoretisch erkläre als auch praktisch am Patienten zeige. Dabei gibt gewisse No-Gos, etwa anatomische Bereiche, wo man Botulinumtoxin A nicht applizieren darf.

Dann muss man auch wissen, welche Konzentration man für welche Areale verwenden soll.

Und natürlich spreche ich die Kontraindikationen an, das sind klassischerweise Schwangerschaft, Muskelerkrankungen, Infektionen und auch die gleichzeitige Gabe von Aminoglykosiden, weil es hier hepatotoxische Interaktionen geben kann.

Was ist in der Aufklärung der Patienten wichtig?

M.-J. Handl: Zunächst ist eine gründliche Anamnese erforderlich, um herausfinden, ob die oder der Betreffende für eine Behandlung mit Botulinumtoxin A infrage kommt. Dann muss man auf die häufigsten theoretisch möglichen Probleme eingehen – z.B. die Möglichkeit einer Infektion oder einer Gewebeschädigung. Der Patient muss darüber aufklärt werden, dass die Beweglichkeit der behandelten Muskulatur reduziert wird – was ja an sich der gewünschte Effekt ist. Und man muss natürlich über Haltbarkeit, Wirkdauer und Reversibilität sprechen. Ein weiteres Problem, das theoretisch bei falscher Applikation auftreten kann, ist ein Absinken des Augenlids – insgesamt ist eine solche Aufklärung schon sehr umfassend.

Welche Patientin/welcher Patient wäre nicht für eine Therapie mit Botulinumtoxin A geeignet?

M.-J. Handl: Medizinische Kontraindikationen sind etwa Schwangerschaft und Stillzeit, Muskelerkrankungen oder starke Gerinnungshemmung. Es gibt aber auch ästhetische Kontraindikationen, und zwar – allgemein formuliert – immer dann, wenn nicht zu erwarten ist, dass man mit Botulinumtoxin A das gewünschte, den Patienten zufriedenstellende Ergebnis erzielen wird. Ein Beispiel wäre eine so weit fortgeschrittene Faltenstruktur, dass Botulinumtoxin A nicht mehr hilft oder das Ergebnis sogar verschlechtert.

Wie oft muss man die ästhetische Behandlung mit Botulinumtoxin A wiederholen?

M.-J. Handl: Ich sage meinen Patienten immer, dass eine Wiederholung grundsätzlich nicht zwingend ist, dass sie aber dann einen Sinn hat, wenn der Effekt der Faltenreduktion fortgeführt werden soll. Das ist eine sehr persönliche Entscheidung. Im Normalfall lässt die Wirkung nach ungefähr drei Monaten nach. Dann entschließen sich die meisten Patienten, eben wieder einmal bei uns vorbeizukommen.◼

Wir danken für dieses Gespräch!
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