Venalpina IX

Nichtthermische endovenöse Verfahren bei Stammveneninsuffizienz

Bei den neuesten Entwicklungen in der endovenösen Therapie der Stammvarizen handelt es sich um die mechanochemische Ablation (MOCA) und die Ablation mittels Cyanoacrylat-Kleber (CAVA). Bei beiden Verfahren kann auf eine Lokalanästhesie verzichtet werden, beim Kleber ist zudem postoperativ keine Kompression notwendig.

Die chronische venöse Insuffizienz (CVI) ist eine häufige Erkrankung, die laut der Bonner Venenstudie bei 90% der Bevölkerung zu finden ist. Gemäß der CEAP-Klassifikation (klinischer Befund, Ätiologie, Lokalisation, Pathophysiologie) waren nur 9,6% der Probanden frei von Venenveränderungen. Bei 14,8% konnte eine Schwellungsneigung festgestellt werden und 14,3% hatten Varizen. Eine nicht behandelte CVI führt zu Komplikationen wie Beinschwellungen, Juckreiz, Stauungsekzemen (Abb. 1), Dermatoliposklerose und zu venösen Ulzerationen (0,6%). Bei rechtzeitiger Untersuchung und adäquater Behandlung der venösen Fehlfunktion können die schweren Folgen der CVI verhindert werden.

Die interventionelle Behandlung der Stammvarikose mit thermischen Kathetern hat das Dogma der exakten Crossektomie gehörig ins Wanken gebracht. Bei der endovenösen thermischen Ablation mit einem Radiofrequenz- oder Laserkatheter wird die insuffiziente Vene durch Erhitzung obliteriert, wobei bewusst auf die Crossektomie verzichtet wird. Die Effektivität und Rezidivfreiheit wurden deswegen lange infrage gestellt. Nach 20 Jahren Erfahrung und in unzähligen publizierten Studien konnte gezeigt werden, dass die Radiofrequenz- bzw. Laserablation ausgezeichnete Verschlussraten (bis 98%) wie auch geringe Rezidivraten aufweist, aber wesentlich weniger postoperative Schmerzen und Nebenwirkungen als das Stripping mit Crossektomie verursacht.1 Die Guidelines des National Institute for Health and Care Excellence (NICE) haben deswegen schon 2013 die interventionelle Therapie der Stammvarikose mit thermischen Kathetern als Erstlinientherapie empfohlen, gefolgt von der Ultraschall(US)-kontrollierten Schaumverödung, und das klassische Stripping an die dritte Stelle gesetzt.2

In den letzten 10 Jahren wurden nun auch nichtthermische endovenöse Verfahren zur Behandlung der Stammvarikose entwickelt, mit durchaus vergleichbaren Verschlussraten und geringen Nebenwirkungen, die ohne eine Lokalanästhesie durchgeführt werden können.

Neben der schon etablierten US-kontrollierten Schaumverödung sind das die mechanochemische Ablation (MOCA) und der endoluminale Cyanoacrylat (CA)-Kleber („cyanoacrylate vein ablation“, CAVA). Diese Methoden können ohne Lokalanästhesie durchgeführt werden, da außer einem Nadelstich an der Punktionsstelle keine Schmerzen entstehen (bei der Behandlung besteht keine Hitzeeinwirkung).

Mechanochemische Ablation

Die MOCA ist eine Kombination aus einer mechanischen Schädigung der Gefäßwand durch eine rotierende Katheterspitze und einer chemischen Schädigung durch ein flüssiges Verödungsmittel. Wie auch bei den thermischen Verfahren wird die Vene Ultraschall-kontrolliert, am distalen Insuffizienzpunkt perkutan punktiert, der Behandlungskatheter (ClariVein®) über eine Schleuse in die Vene eingeführt und unter Ultraschallkontrolle von distal nach proximal, meistens bis zur Crosse, vorgeschoben. Durch Aktivieren des Behandlungshandstücks wird die rotierende Spitze des Katheters ausgefahren und beginnt zu rotieren. Der Katheter wird dabei langsam nach distal bewegt. Das Endothel der Vene wird dadurch traumatisiert und es kommt zum Gefäßspasmus. Erst dann wird das flüssige Verödungsmittel langsam (0,1–0,2ml/cm) in die Vene injiziert (Abb. 2). Während der Behandlung ist keine Anästhesie notwendig. Anschließend tragen die Patienten für 2–3 Wochen einen Kompressionsstrumpf. Die mittelfristigen Verschlussraten (nach 2–3 Jahren) liegen bei 87–91%3 und sind durchaus mit den Resultaten der thermischen Ablationen vergleichbar. Die Nebenwirkungen nach der Behandlung sind gering.

Leider ist die Zahl der Publikationen noch zu dürftig und es fehlen randomisierte, kontrollierte Studien mit größeren Patientenzahlen. Trotzdem handelt es sich um eine minimal invasive Methode mit wenigen Nebenwirkungen und mit besseren Resultaten als bei der Schaumverödung.

Endoluminaler Cyanoacrylat-Kleber

Der medizinische CA-Kleber kommt seit 50 Jahren bei Wunden, Operationen, Zahnbehandlungen und auch bei blutenden Ösophagusvarizen zur Anwendung. Lange vor der endovenösen Behandlung von Varizen wurde der Kleber schon intravasal bei arteriovenösen Malformationen und zerebralen Aneurysmen erfolgreich verwendet. Schädliche Wirkungen auf Gewebe oder Gesundheit der Patienten wurden nicht beobachtet.

Bei Kontakt mit Gewebe, Blut, Blutplasma und der Gefäßwand polymerisiert der CA-Kleber. In Gefäßen kommt es zu einer entzündlichen Reaktion und zur Zerstörung des Endothels und der tieferen Schichten der Gefäßwand mit anschließender Fibrosierung der Vene, die dann im Laufe von einigen Monaten von Makrophagen abgebaut wird. Bei jenem Kleber, der für die endoluminale Ablation der Varizen eingesetzt wird, wurde die Polymerisation herabgesetzt,dadurch wurden eine höhere Viskosität und auch mehr Flexibilität erreicht. Aus diesem Grund ist der Kleber nicht hart, sondern von weicher Konsistenz und wird so vom Patienten nicht wahrgenommen. Wegen der hohen Viskosität reißt der Kleber nicht, wodurch die Gefahr einer Embolisation minimiert ist. Die Erstzulassung für die Behandlung der Stammvenen erfolgte 2011 in Europa, 2015 folgte die Zulassung durch die FDA.

Das Behandlungsset (VenaSeal™) besteht aus 5mL Kleber, einer Applikationspistole, dem Einführungsset, Kleberkatheter und zwei Spritzen sowie Kanülen zum Aufziehen des Klebers (Abb. 3).3 Der Kleberkatheter hat an der Spitze sechs feine luftgefüllte Kanäle zum besseren Erkennen im Ultraschall.

Die Behandlung kann ohne Lokalanästhesie erfolgen, da sie keine Schmerzen verursacht. Die perkutane Punktion, das Einführen und Positionieren des Katheters erfolgen ähnlich wie bei den thermischen Behandlungskathetern und der MOCA.

Der Abstand von der Crosse sollte 5cm betragen (Abb. 4). Die Applikation des Klebers erfolgt mit der Behandlungspistole und dem Kleberkatheter. Distal der Crosse (5cm) werden dann im Abstand von einem Zentimeter zweimal jeweils 0,09mL des Klebers platziert und der Katheter wird dann um drei Zentimeter nach distal positioniert. Mit der flachen Hand wird die behandelte Stelle drei Minuten lang komprimiert. Dabei wird proximal der Katheterspitze die Stammvene immer mit dem Ultraschall abgedrückt. Danach werden die nächsten Kleberapplikationen (0,09mL) in Abständen von 3cm und mit einer 30 Sekunden langen Kompression nach distal weiterbehandelt,5cm vor der Einstichstelle wirdder Katheterherausgezogen. Die Punktionsstelle wird für einige Minuten komprimiert und mit Suture-Strips versorgt. Eine Kompression ist nicht notwendig. Dadurch ist die Methode auch sehr gut geeignet für Behandlungen in den Sommermonaten oder für Patienten, die Schwierigkeiten mit dem Anziehen des Kompressionstrumpfes haben.

Bei der ersten postoperativen Ultraschallkontrolle nach einer Woche sind die behandelten Venen nicht komprimierbar, die Crosse zeigt keinen Reflux, die V. femoralis ist gut komprimierbar und frei von Thromben (Abb. 5a+b).

Eine prospektive, randomisierte und kontrollierte amerikanischeMulticenterstudie mit 244 Patienten (VeClose-Studie) zeigte nach drei Jahren Follow-up eine Verschlussrate von 94,4% und im Vergleich mit der Radiofrequenzablation keine signifikanten Unterschiede in der Verschlussrate.4 Die Nebenwirkungen waren minimal, in 11% kam es zu einer vorübergehenden Phlebitis der behandelten Venen. Es gab keine tiefe Venenthrombose (TVT), Embolien oder granulomatösen Reaktionen. Die Patienten waren nach einem Tag arbeitsfähig. Eine rezente Studie bestätigte sowohl die Verschlussrate nach zwei Jahren mit 95,5% als auch keinen Unterschied bezüglich der postoperativen Nebenwirkungen und der Lebensqualität im Vergleich zur Radiofrequenztherapie.5 Trotzdem sollten weitere Studien gemacht werden, um zu klären, wann der CA-Kleber resorbiert wird und wie stabil die Verschlussraten langfristig sind.

Fazit

Die Behandlung mit nichtthermischen Kathetermethoden scheint den thermischen Verfahren (segmentale Radiofrequenz ClosureFast™oder langwelliger Laser) bezüglich Verschlussraten und Nebenwirkungen ebenbürtig zu sein. Vorteile bestehen darin, dass die nichtthermischen Behandlungen sowohl bei MOCA als auch bei CAVA ohne Tumeszenzlokalanästhesie möglich sind und bei CAVA zudem keine Kompressionstherapie notwendig ist. ◼

Autorin:

Univ.-Doz. Dr. Sanja Schuller-Petrovic

VENEX – Zentrum für Haut &Venen und Ästhetische Hautchirurgie

Wien

E-Mail: schuller-petrovic@vienna.at

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© S. Schuller-Petrovic

Abb. 5:Crosse mit Reflux (A) vor und (B) nach Behandlung mit Cyanoacrylat-Kleber

© S. Schuller-Petrovic

Abb. 1:Stauungsekzem bei Insuffizienz der Vena saphena magna

Abb. 2:Mechanochemische Ablation (ClariVein®)

© Fa. Merit Medical

Abb. 3:Cyanacrylat-Kleber-Set (VenaSeal™)

© Fa. Medtronic

Abb. 4:Kleberkatheter 5cm distal der Crosse

© Fa. Medtronic

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