Psoriasis vulgaris und Psoriasisarthritis

Einfacher wird es nicht!

Arthritis, die im Rahmen einer Psoriasis auftritt, hat fürDermatologen und Rheumatologen in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Zu Beginn ist natürlich meist die Dermatologie verantwortlich. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass 20 bis 40% der Psoriasispatienten im Verlauf der Erkrankung eine Psoriasisarthritis (PsA) aufweisen werden.

Heute weiß man, dass in 75% der Fälle die Psoriasis einer PsA um bis zu zehn Jahre vorausgeht.1 Noch vor wenigen Jahren wurde von rheumatologischer Seite die PsA wie eine Arthritis, im Rahmen der rheumatoiden Arthritis,bewertet. Sehnenentzündungen oder die Daktylitis sind phänotypische Ausprägungen der PsA, die letztendlich aber therapieentscheidend geworden sind.

Diese kleine Übersicht soll kurz die in den letzten Jahren gewonnenen Erkenntnisse darstellen und die Bedeutung der Zusammenarbeit von Dermatologie und Rheumatologie für den Patienten hervorheben.

Autoimmunerkrankung oder doch autoinflammatorischer Prozess?

Autoinflammatorische Erkrankungen stellen eine überschießende Antwort des angeborenen Immunsystems dar. Es zeigt sich dabei jedoch kein sicheres Pathogen, welches die Entzündung induziert, außerdem sinddiese Erkrankungen zytokingesteuert. Autoimmunerkrankungen sind im Gegensatz dazu mit dem humanen Leukozyten-Antigensystem (HLA) assoziiert. Das Immunsystem attackiert spezifisch Körpergewebe und ist dabei T-Zell- oder B-Zell-abhängig. Psoriasispatienten wiesen in genetischen Studien multiple Psoriasis-Suszibilitätsloci auf, welche vor allem dem angeborenen Immunsystem zugeordnet werden konnten. Im Mausmodell induziertenInterleukin (IL) 23, IL-22 und IL-17 über die Induktion von antimikrobiellen Peptiden Psoriasis-ähnliche Dermatitis. Andererseits wäre die Autoimmunhypothese bei Befall der distalen Interphalangealgelenke, einer Sehnenbeteiligung des Nagelbettes und dortigem Vorhandensein von Melanozyten zu vertreten. Nur existieren keine Melanozyten in der Achillessehne.2–4

Klinische Präsentation

In jedem Fall präsentieren sich die Patienten mit einemdiffizilen Symptomenkomplex, dessen Gesamtbild Rheumatologen und Dermatologen unverändert vor große Herausforderungen stellt. Es wird auch immer wieder versucht, analog zur rheumatoiden Arthritis Frühsymptome zu differenzieren, um z.B. den Dermatologen zu unterstützen. Die Forderung, die sich aus einer in Toronto durchgeführten Analyse ergibt, auf wechselnde Arthralgien, Fersenschmerzen, Fatigue und eine Morgensteifigkeit bei Psoriasis-vulgaris-Patienten zu achten, ist wenig hilfreich.5 Wenngleich das Erkennen einer Psoriasis vulgaris gerade bei versteckten Ausprägungen, z.B.in der Rima ani, unter einem Nagelpilz oder an der Ohrmuschel schwierig ist, so sei nur erwähnt, dass sich bei undifferenzierten Gelenksbeschwerden oder Fingerpolyarthrosen das Therapiespektrum deutlich verändert, wenn eine Psoriasis vulgaris vorliegt. Um das Ganze für den klinischen Alltag noch komplexer zu gestalten, zeigten sich subklinisch bei Psoriasispatienten (also ohne Symptomatik von Arthralgien) mittels Mikro-CT radiologische Veränderungen am Gelenk. Weiters konnte gezeigt werden, dass durch mechanische Belastung bei Psoriasis-vulgaris-Patienten Sehnenentzündungen ausgelöst werden können. Wenn diese Patienten konsequent therapiert werden, bessern sich diese radiologischen Veränderungen sogar wieder.

Bester Biomarker für Arthritisentwicklung wäre der Dermatologe!

Obwohl Messinstrumentewie der PEST-(Psoriasis Epidemiology Screening Tool)-Fragebogenlaut Datenlage gut validiert sind, haben sich diese, bedingt durch den nötigen Zeitaufwand und die Praktikabilität im klinischen Alltag, nicht durchgesetzt. Deswegen kommt der Aufklärung und Information durch praktische Ärzte eine hohe Bedeutung zu.

Psoriasis bzw. Psoriasisarthritis kommt selten alleine

Im Rahmen chronisch-entzündlicher Erkrankungen sind die Komorbiditäten ein entscheidender Faktor. Neben Diabetes mellitus, arterieller Hypertonie, Adipositas, Hyperlipidämien oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) sind Depressionen ein nicht zu unterschätzender Faktor.7Schließlich ist das kardiovaskuläre Risiko bei diesen Erkrankungen bereits erhöht, zusätzlich kommt bei der Psoriasis allerdings noch die chronisch-entzündliche Komponente hinzu. Aktuelle Fallzahlen aus dem britischen PsA-Registerweisen einestandardisierte Mortalitätsrate (SMR) von 1,56 auf, die SMR bei Tod aufgrund von koronaren Herzerkrankungen liegt sogar bei 2,42!8

Therapieupdate

Zur Therapie der Psoriasis und PsA steht derzeit eine Reihe konventioneller wie auch neuer, sehr effektiver Medikamente (Biologika und „small molecules“) zur Verfügung. Um die Komplexität der PsA selbst noch einmal zu unterstreichen, sei an dieser Stelle auch angemerkt, dass unter systemischer Therapie eine eventuelle Besserung der Hautsituation das zeitgleich positive Ansprechen der Arthritis keinesfalls immer vorhersagt –wie sich auch ein Gelenkschub nicht notwendigerweise an der Haut niederschlägt.

Das wachsende Verständnis für die Auswirkungen chronisch-entzündlicher Krankheitsprozesse ermöglicht faszinierende Einblicke in den Ablauf komplexer Immunmechanismen. Gleichzeitig zeigt es aber angesichts der Vielzahl weiterer therapiepflichtiger Begleitererkrankungen auch das Dilemma auf,den Patienten einerseits nicht zu überfordern, andererseitsden strukturierten Fokus für eine umfassende wie zielgerichtete Behandlung nicht zu verlieren.

Eine Therapieübersicht, bei der die Therapie nach phänotypischer Ausprägung empfohlen und laufend aktualisiert wird, ist in Abbildung1 festgehalten.

Die hohe Effektivität der neueren Medikamente hat eine deutliche Verbesserung des Outcomes in der Therapie der Psoriasis und PsA gebracht. Es gibt jedoch kein „bestes“ Biologikum, wie es von den Patienten erfragt wird. Das Ziel und zugleich die große Herausforderung ist es und wird es weiterhin sein, den Patienten langfristig in Remission zu halten. Dies umso mehr, da nach zwei Jahren circa 30 bis 40% der Patienten aufgrund von Wirkverlust oder Nebenwirkungen eine Therapieumstellung benötigen.9, 10

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Priv.-Doz. Dr. Wolfgang Weger


Psoriasisambulanz


Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie


LKH-Universitätsklinikum Graz


E-Mail: Wolfgang.weger@medunigraz.at


OA Dr. Raimund Lunzer


Rheumatologische Spezialambulanz


Abteilung für Innere Medizin II


Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Graz


E-Mail: Raimund.lunzer@gmx.at





Welche Domänen sind beteiligt?NägelHautDaktylitisEnthesitisAxiale PsAPeriphere ArthritisÜberprüfung der Aktivität, der Einfluss- und prognostischen FaktorenNSAR und i.a. Glukokortikosteroide indiziertDMARD (MTX, SSZ, LEF), TNFi oder PDE4iBiologika (TNFi, IL-12/23i, IL-17Ai) oder PDE4iBiologika switch (TNFi, IL-12/23i, IL-17Ai)Physiotherapie und NSARNSARBiologika (TNFi, IL-17Ai oder IL-12/23i)Biologika switch (TNFi, IL-17Ai oder IL-12/23i)Physiotherapie und NSARNSARBiologika (TNFi, IL-12/23i, IL-7Ai) oder PDE4iBiologika switch (TNFi, IL-17Ai, IL-12/23i) oder PDE4iNSAR und i.a. Glukokortikosteroide indiziertNSARDMARD (MTX, SSZ, LEF) oder PDE4iBiologika (TNFi, IL-12/23i)Biologika switch (TNFi, IL-12/23i, IL-17Ai) oder PDE4iTopische Therapie in der IndikationTopische TherapiePhototherapie oder DMARD (MTS, CsA FA) oder PDE4iBiologika (TNFi, IL-12/23i, IL-17Ai) oder PDE4iBiologika switch (TNFi, IL-12/23i, IL-17Ai) oder PDE4iTopische Therapie oder DMARD (CSA, LEF, MTX)Biologika (TNFi, IL-12/23i, IL-17Ai) oder PDE4iBiologika switch (TNFi, IL-12/23i, IL-17Ai) oder PDE4iPeriodische Überprüfung der Wirksamkeit und ggf. Anpassung der TherapieEntscheidungsrelevant: Vortherapie, Auswahl des Patienten, weitere Manifestationen der Erkrankung und Komorbiditäten. Die Therapie sollte entsprechend den vorliegenden betroffenen Domänen ausgewählt werden.NSAR: nichtsteroidales Antirheumatikum, i.a.: intraartikulär, DMARD: „disease-modifying anti-rheumatic drugs“, MTX: Methotrexat, SSZ: Sulfasalazin, LEF: Leflunomid, TNFi: TNF-alpha-Inhibitor, PDE4i: Phosphodiesterase-4-Inhibitor, IL: Interleukin, IL-17Ai: IL-17A-Inhibitor, CsA: Ciclosporin A, FA: Fumarsäure. Abb. 1: Therapieempfehlung zur Psoriasis und PsA nach Manifestationsmuster gemäß GRAPPA (Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis)(modifiziert nach Köhm M et al.: Zeitschrift für Rheumatol 2020; 79: 23-32 bzw. Coates LC et al.: Br J Dermatol 2016; 174(6): 1174-8)

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