Real-World-Daten zur CLL-Behandlung mit zielgerichteten Therapien

Nach der Lektüre dieses DFP-Literaturstudiums wissen Sie, welche Therapien bei chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) eingesetzt werden und wie sich die Beobachtungen zu Therapieerfolgen und Nebenwirkungen aus dem Praxisalltag von den klinischen Studien unterscheiden. Zudem kennen Sie Vor- und Nachteile der Real-World-Evidenz.

Primäre Zielgruppen: Fachärztinnen und -ärzte für Hämatologie und Onkologie, die mit der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie befasst sind.

OA Dr. Thomas Nösslinger

Venetoclax- Monotherapie

Auch die Zulassungsbehörden EMA und FDA haben Statements zum Umgang mit der Real-World-Evidenz auf ihren Internetseiten abgegeben.

Venetoclax plus Anti-CD20-Antikörper

Die Erstlinientherapie orientiert sich primär am genetischen Risikoprofil. Heute wird für Patienten mit Hochrisikoprofil (del[17p13], TP53-Mutation, komplexer Karyotyp, IGHV-unmutiert) ein BTKi ± Anti-CD20-Antikörper oder Venetoclax plus Obinutuzumab empfohlen.[5]Überlegen Sie:Welchen vier Risiken für einen Bias unterliegt die Real-World-Evidenz?Self-CheckÜberlegen Sie:Welche Nebenwirkungen neben hämatologischen Toxizitäten und Infektionen sind bei der Behandlung mit Ibrutinib bzw. Venetoclax besonders zu beachten? Self-CheckBei Patienten mit vorbestehendem Vorhofflimmern, die eine Therapie mit Antikoagulanzien benötigen, sollen alternative Behandlungsoptionen zu Ibrutinib in Erwägung gezogen werden, so der Hinweis der Fachinformation.[12] Bei Patienten mit hohem Risiko, bei denen keine Alternativen geeignet sind, soll eine engmaschig kontrollierte Behandlung mit Antikoagulanzien in Betracht gezogen werden.Vor Einleitung der Behandlung mit Venetoclax muss bei allen Patienten eine Beurteilung der Tumorlast erfolgen.[16] Um einem Tumorlysesyndrom vorzubeugen, wird Venetoclax in einem 5-wöchigen Aufdosierungsplan, beginnend mit einer Tagesdosis von 20mg und schrittweiser Erhöhung bis zur Tagesdosis von 400mg, gegeben.Seite 2Patientenselektion, Fehlinterpretation von Studiendaten, Überbewertung eigener Erfahrungen, höhere Aufmerksamkeit für erwartete Ereignisse.Seite 7Ibrutinib: Vorhofflimmern; Venetoclax: Tumorlysesyndrom.Self Check AUFLÖSUNG

Zusammenfassung der in diesem med·Diplom vermittelten Lerninhalte

XXXXXXX ist weltweit die häufigste Mangelerkrankung des Menschen. Erhöhtes Risiko für Eisenmangel besteht vor allem in der Schwangerschaft, bei Tumorerkrankungen und chronisch entzündlichen Darmkrankheiten, bei akutem Blutverlust sowie bei ernährungsbedingt oder malabsorptiv reduzierter Eisenaufnahme.

Für die Diagnostik entscheidend sind Hämoglobinwert (Frauen: 12-15 g/dl, Männer: 14–17 g/dl), Ferritin (30-400 µg/l) und Transferrinsättigung (16–45 %).

Die Therapie der Eisenmangelanämie umfasst die Beseitigung der Ursachen und die orale oder intravenöse Eisensubstitution, abhängig von Schweregerad des Eisenmangels und der individuellen Verträglichkeit.

Klinische Relevanz:

XXX Zellen des Körpers benötigen Eisen. Eisenmangel kann alle Systeme des Körpers betreffen. Bei Säuglingen und Kleinkindern kann ein schwerer chronischer Eisenmangel teils irreversible Wachstumsstörungen, neurologische und kognitive Defizite verursachen. Eine schwere Eisenmangelanämie der Schwangeren führt zu vermehrten Fehl- und Frühgeburten, fetalen Entwicklungsstörungen und einem erhöhten Risiko für mütterliche Infektionen.

© Th. Nösslinger

Die Autorin empfiehlt folgende Referenzen als wissenschaftlich und/oder praktisch besonders relevant (im Text und in der Literaturliste markiert mit **).

[2•] XXXX J et al.: Onkopedia-Leitlinie Eisenmangel und Eisenmangelanämie; Stand 2018Teil der onkopedia-Leitliniensammlung der Hämatologisch-onkologischen Fachgesellschaften Österreichs, Deutschlands und der Schweiz. Transparent erstellte, praxisorientierte Empfehlungen in deutscher Sprache[3••] XXXXXX W et al.: S1-Leitlinie 025-021: Eisenmangelanämie; Stand: 01/2016Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) ist ein Zusammenschluss von rund 180 medizinischen Fachorganisationen in Deutschland. S1-Leitlinien werden von von repräsentativ zusammengesetzten Expertengruppen erarbeitet und von den involvierten Fachgesellschaften autorisiert.Element not implemented: <footer>

Die Behandlung von Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) hat sich mit der Entwicklung der zielgerichteten Therapien grundlegend verändert. Goldstandard für Zulassungen und Therapieentscheidungen sind randomisierte, kontrollierte Studien (RCTs; „randomized controlled trials“). Wichtige Fragen zur Anwendung neuer Substanzen im klinischen Alltag können durch RCTs nicht immer beantwortet werden. Ergänzend sind daher Register, Phase-IV-Studien und retrospektive Analysen, zusammengefasst als „Real-World-Daten“, eine wichtige Quelle für die umfassendere Evidenz.

Randomisierte klinische Studien dienen der Prüfung von Sicherheit und Effektivität neuer therapeutischer Substanzen.[1•] Die Notwendigkeit strikter Ein- und Ausschlusskriterien bei klinischen Studien führt im Allgemeinen dazu, dass die Studienpopulation nicht die gesamte Population des Praxisalltags abbildet und zudem Fragen zum Vorgehen im Praxisalltag offenbleiben. Indes gibt es viele Datenquellen, die sich für weitergehende Informationen nutzen lassen, beispielsweise Dokumentationen von Krankenkassen, elektronische Krankenakten, gezielte Register oder retrospektive Auswertungen von Langzeitbeobachtungen aus klinischen Studien.[2]

Real-World-Daten als valide Informationsquelle

Um Real-World-Daten als Informationsquelle zu nutzen, ist es wichtig, Stärken und Schwächen der Erhebungen zu kennen. Während in RCTs das Risiko für einen Bias durch Stratifizierung, Randomisierung, Placebokontrolle sowie Verblindung von Patienten und Ärzten weitgehend reduziert werden kann, unterliegen Beobachtungen im Praxisalltag verschiedenen Bias. Zu nennen sind hier die Selektion von Patienten für bestimmte Therapien („selection bias“), die Fehlinterpretation von Studiendaten („information bias“), die Überbewertung eigener Erfahrungen („recall bias“) und die häufigere Identifizierung erwarteter Ereignisse für bestimmte Patientengruppen („detection bias“).[1•] Neben dem Risiko für die erwähnten Bias liegen Schwächen der Real-World-Daten auch in einer möglicherweise geringen Validierung der Datenerhebung oder einer fehlenden Qualitätskontrolle.[3•]

Die Stärke von Real-World-Daten liegt im Gegenteil genau darin, dass Medikamente einerseits vom behandelnden Arzt für bestimmte Patientengruppen ausgewählt werden und andererseits ein breiteres Patientenkollektiv behandelt wird.[1•] Daraus lassen sich Behandlungsmuster ablesen, aber auch Wissenslücken füllen. Spezifische Hinweise, auf die Wissenschaftler über Erhebungen im Praxisalltag aufmerksam werden, können wiederum in kleineren klinischen Phase-II-Studien untersucht oder bei anstehenden Phase-III-Studien berücksichtigt werden. Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse verschiedener Real-World-Analysen zur CLL-Therapie, insbesondere mit dem Brutontyrosinkinase-Inhibitor (BTKi) Ibrutinib und dem „B-Cell Lymphoma 2 (BCL-2)“-Inhibitor Venetoclax, die bisher am häufigsten eingesetzt wurden und für die die meisten Daten zur Verfügung stehen, angeführt.

Erfahrungen mit zielgerichteten Therapien im Praxisalltag

Im Großen und Ganzen bestätigen die Real-World-Daten die Ergebnisse der RCTs, sowohl bezüglich der Effektivität als auch der Toxizität. Möglicherweise wird aber zu wenig auf prädiktive Biomarker getestet und Patienten mit genetischen Hochrisikofaktoren suboptimal behandelt.

Eine englische Studie untersuchte retrospektiv die Aufzeichnungen von hämatologisch-onkologisch ausgerichteten Ärzten, die mindestens seit drei Jahren praktizierten und wenigstens fünf CLL-Patienten im vergangenen Jahr behandelt hatten.[4] Das Zeitfenster der Beobachtung begann für Idelalisib (einem PI3K-Inhibitor) am 28. Oktober 2015, für Ibrutinib am 31. Jänner 2017 und für Venetoclax am 8. November 2017. Es wurden sowohl vorbehandelte als auch therapienaive Patienten in die Studie aufgenommen. Für die veröffentlichte Analyse wurden Daten bis zum 30. Juli 2018 beachtet. Es konnten 259 Patienten in der Ibrutinib-Kohorte ausgewertet werden, die bei Therapiebeginn ein medianes Alter von 71 Jahren aufwiesen. 95,8% der Patienten hatten vor der CLL-Diagnose keinen Nachweis für eine Krebserkrankung, die Mehrheit der Patienten wies ein Rai-Stadium III/IV (59,5%) oder ein Binet-Stadium C (55,6%) auf. An Hochrisikogenen wurde bei 22,0% der Patienten eine 17p-Deletion, bei 21,6% eine TP53-Mutation und bei 13,5% der Patienten eine 11q-Deletion identifiziert. Zudem wurden auch 30 Patienten, die mit Venetoclax, sowie 29 Patienten, die mit Idelalisib behandelt wurden, ausgewertet. Das mediane Alter dieser Patientenkohorten betrug 69 bzw. 70 Jahre und 60,0% bzw. 69,0% zeigten ein Rai-Stadium III/IV sowie 60,0% bzw. 72,4% ein Binet-Stadium C. Venetoclax und Idelalisib wurden hauptsächlich in der zweiten (36,7% bzw. 51,7%) oder in späteren Therapielinien (60,0% bzw. 27,6%) appliziert. Insgesamt wurden in der ersten Therapielinie am häufigsten das FCR (Fludarabin, Cyclophosphamid, Rituximab)-Regime (24,3%) und BR (Bendamustin, Rituximab) (20,9%) gegeben, gefolgt von der Ibrutinib-Monotherapie (20,1%).

In dieser Studie wurde mit Ibrutinib ein Ansprechen (ORR, „objective response rate“) bei 88,4% der Patienten, mit Komplettremissionen (CR, „complete response“) bei 37,5% gesehen.[4] 8,9% der mit Ibrutinib behandelten Patienten erlitten unter Therapie einen Krankheitsrückfall mit einer medianen Zeit bis zum Progress von 11,2 Monaten (Spanne: 2,0–28,6 Monate). Unter Venetoclax betrug die ORR 90,0% (CR: 56,7%) und die klinische Kontrollrate 96,7%. Bei keinem der mit Venetoclax behandelten Patienten wurde innerhalb des Untersuchungszeitraums ein Rückfall der Erkrankung bekannt. Die Idelalisib-Kohorte zeigte ein Ansprechen bei 93,1% der Patienten (CR 31,0%) und eine klinische Kontrollrate von 100%. 13,8% der Patienten erlitten in der Beobachtungsphase einen Krankheitsrückfall.

Nebenwirkungen wurden in dieser Untersuchung bei 58,3% der mit Ibrutinib behandelten Patienten dokumentiert.[4] Am häufigsten traten Blutergüsse (19,3%), Zytopenien (17,0%), Diarrhö (13,9%) und Arthralgien (11,6%) auf. Infektionen wurden bei 8,9% der Patienten gesehen, 3,5% der Patienten hatten Blutungen und 4,6% Vorhofflimmern. 3,5% der Patienten brachen die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab. Unter Venetoclax wurden Nebenwirkungen bei 53,3% der Patienten dokumentiert, im Wesentlichen Zytopenien (30,0%), Infektionen (23,3%) und Fatigue (16,7%). In der Idelalisib-Kohorte zeigten 75,9% der Patienten Nebenwirkungen, mit Infektionen (27,6%), Zytopenien (24,1%) und Kolitis (20,7%) als häufigsten Toxizitäten.

Dosismodifikationen wurden laut einem Review unter der Therapie mit Ibrutinib unterschiedlich häufig in den RCTs und den Real-World-Analysen gesehen (Tab. 1). Unter Venetoclax kam es zu etwas höheren Raten an Dosisreduktionen, aber insgesamt stimmten die Häufigkeit der Unterbrechungen und die Verringerungen mit den veröffentlichten Studiendaten überein (Tab.2).[3•] Dosismodifikationen scheinen sich allerdings nicht auf den Therapieerfolg mit Ibrutinib oder Venetoclax auszuwirken. Dieses Ergebnis kann in der Kommunikation zwischen Behandler und Patient helfen, die Notwendigkeit von Dosisreduktionen und Dosisunterbrechungen zu vermitteln – insbesondere im rezidivierten und refraktären Setting, bemerkten die Autoren zu den Real-World-Daten in der Ära der zielgerichteten CLL-Therapien.[3•]

Das prospektive US-amerikanische Register informCLL startete im Oktober 2015 und schloss 840 CLL-Patienten ein.[5] Ein Ziel der Untersuchung war die Erfassung des Behandlungsmusters von CLL-Patienten und damit verbundener Therapieerfolge. 55% der eingeschlossenen Patienten waren nicht vorbehandelt und 45% in der rezidivierten oder refraktären Situation. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Analyse betrug die mediane Nachbeobachtungszeit 9,4 Monate. Insgesamt waren die Patienten median 70 Jahre alt. Für 58% der Patienten war das Rai-Stadium bekannt. 45% der nicht vorbehandelten und 57% der rezidivierten und refraktären Patienten wiesen ein Rai-Stadium ≥III auf. Bluthochdruck (64%) und Diabetes mellitus (23%) waren die häufigsten Komorbiditäten. 31% der Patienten waren per FISH (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung) auf del(17p), del(11q) sowie del(13q), 11% auf eine TP53-Mutation und ebenfalls 11% auf eine IGHV-Mutation getestet worden (Abb. 1). Die Autoren der Studie kritisierten, dass laut den Registerdaten nicht häufig genug auf prognostische Biomarker getestet wurde, was möglicherweise zu einer suboptimalen Behandlung geführt habe. Außerdem sei auch bei Vorliegen von genetischen Hochrisikofaktoren nicht immer die optimale Therapie für diese Patienten gewählt, sondern häufig auf die bekannten Chemoimmuntherapien zurückgegriffen worden.

Real-World-Studien zur Behandlung mit Ibrutinib

Eine US-amerikanische Untersuchung prüfte die Behandlung mit Ibrutinib (als Monotherapie oder kombiniert) im praktischen Alltag sowie in klinischen Studien anhand der Dokumentationen von 9 Krebszentren und dem Connect-CLL-Register.[7] Insgesamt wurden Daten von 616 Patienten analysiert (Erstlinie: n=80; Rezidivtherapie: n=536), von denen 88% im Praxisalltag behandelt wurden. Es konnte beobachtet werden, dass Patienten in den klinischen Studien häufig jünger waren als im Praxisalltag (58 vs. 61 Jahre). Nach einer Nachbeobachtungszeit von median 17 Monaten hatten 41% der Patienten die Ibrutinib-Therapie abgebrochen, wobei die mediane Zeit bis zum Therapieabbruch 7 Monate betrug. Als häufigster Grund für den Therapieabbruch wurden Nebenwirkungen (51,2%; nach median 6 Monaten), gefolgt von einem Krankheitsprogress (20,8%; nach median 10 Monaten), angegeben.

In eine griechische Beobachtungsstudie wurden 58 CLL-Patienten eingeschlossen, die Ibrutinib als Monotherapie außerhalb von klinischen Studien in der ersten oder in späteren Therapielinien erhalten hatten.[8] Die mediane Therapiedauer betrug zum Zeitpunkt der Veröffentlichung 6,6 Monate in der ersten Therapielinie und 16,3 Monate in der rezidivierten und refraktären Situation. Die Erstlinientherapie hatte 1 von 11 Patienten aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen. In der rezidivierten oder refraktären Situation hatten 23 von 47 Patienten die Therapie abgebrochen, hauptsächlich wegen einer Krankheitsprogression (27,7%), Nebenwirkungen (10,6%) oder des Versterbens aufgrund nicht mit der CLL assoziierter Ursachen (10,6%). Für Patienten mit Ibrutinib in der rezidivierten und refraktären Situation betrug das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) 43,3 Monate und das mediane Gesamtüberleben (OS) 49,6 Monate, wogegen für die in der ersten Therapielinie mit Ibrutinib behandelten Patienten der Median noch nicht erreicht war. An Nebenwirkungen wurden am häufigsten Neutropenien (alle Grade: 34,5%; Grad 3/4: 5,2%), Infektionen (22,4%; 5,2%), Blutungsereignisse (13,8%; 10,3%) und Vorhofflimmern (10,3%; 5,2%) berichtet.

Auch ein schwedisches Compassionate-Use-Programm zeigte Hinweise auf Vorhofflimmern als zu beachtende Nebenwirkung bei Langzeitbehandlung mit Ibrutinib: Bei 97 konsekutiv zwischen 15. Mai 2014 und 31. Mai 2015 in schwedischen Zentren behandelten Patienten mit rezidivierter oder refraktärer CLL/SLL (kleinzelliges lymphozytisches Lymphom) wurde innerhalb von 30 Monaten Vorhofflimmern bei 15% der Patienten beobachtet, im Vergleich zu 8% innerhalb der ersten 10 Monate.[9, 10] 51% der Patienten hatten zudem eine Infektion Grad 3/4. 37% der Patienten waren in 30-monatiger Nachbeobachtungszeit gestorben, darunter 7 Patienten an Infektionen und 4 Patienten an verschiedenen Toxizitäten.[10]

Eine retrospektive Analyse von 38 Patienten der Brighton and Sussex University Hopitals kam ebenfalls zu dem Schluss, dass neben dem guten Therapieerfolg mit Ibrutinib bei den CLL-Patienten (Ausnahme: Patienten mit 13q14.3-Deletion) im Praxisalltag häufiger Nebenwirkungen auftraten, als von den klinischen Studien erwartet worden wäre.[11] Die Rate an Therapieabbrüchen wurde häufiger als in den klinischen Studien beobachtet.

Venetoclax-Therapie im Real-World-Setting

In einem retrospektiven Vergleich der Venetoclax-Monotherapie gegenüber der Kombination mit Rituximab bei Patienten mit rezidivierter oder refraktärer CLL wurden die Daten von insgesamt 321 intensiv vorbehandelten Patienten, die in den USA oder dem UK behandelt wurden, ausgewertet.[13] Im Median hatten die Patienten bereits 3 Therapielinien erhalten, 89% waren mit einem Kinaseinhibitor und 78% mit Ibrutinib behandelt worden. Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 13,4 Monaten wurde kein Unterschied bezüglich des PFS und des OS zwischen den Venetoclax-Therapien beobachtet (HR: 1,0 bzw. 1,2). 82 bzw. 81% der Patienten zeigten ein Ansprechen auf die Venetoclax-Therapie, mit einer Komplettremission bei 33% bzw. 34% der Patienten. Nach 12 Monaten lebten noch 82% der Patienten und 74% lebten ohne ein Fortschreiten der Erkrankung (Abb. 2). Der geringe Effekt der zusätzlichen Rituximab-Therapie wurde von den Autoren mit einer wahrscheinlich hohen Anzahl an Rituximab-refraktären Patienten begründet.

An Nebenwirkungen von Interesse trat unter Venetoclax ein Tumorlysesyndrom (TLS) bei 11,5% der Patienten unter Monotherapie und 5,8% der Patienten unter Venetoclax-haltiger Kombinationstherapie auf. Davon hatten 9 Patienten ein klinisches TLS, was 2,8% entspricht.[13] Eine Neutropenie vom Grad 3 wurde bei 40,4 bzw. 34,0% der Patienten beobachtet und eine Thrombozytopenie Grad 3 bei 30,8 bzw. 23,0% der Patienten. 41% der Patienten brachen die Venetoclax-Monotherapie und 39% die Kombinationstherapie ab.

Daten von 105 rezidivierten oder refraktären Patienten, die zwischen August 2015 und November 2017 innerhalb des UK-CLL-Forums behandelt wurden, wurden retrospektiv bezüglich der Wirksamkeit und Sicherheit der Venetoclax-Monotherapie analysiert.[14] Die Patienten waren median 67 Jahre alt und hatten median 3 Therapielinien erhalten. Nahezu die Hälfte der Patienten (48%) wiesen eine 17p-Deletion/TP53-Mutation auf. Es sprachen 88% der Patienten auf Venetoclax an, 30% mit einem kompletten Ansprechen. Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 15,6 Monaten lag die 1-Jahres-PFS-Rate bei 65% und die 1-Jahres-OS-Rate bei 75,1%. In Bezug auf die vorangegangene Therapie zeigten sich sowohl für Patienten mit vorangegangener BTKi-Therapie als auch für Patienten mit vorangegangener PI3Ki-Therapie hohe Ansprechraten von 85% bzw. 92% unter Venetoclax. 100% der Patienten ohne vorangegangene B-Zell-Rezeptor(BCR)-gerichtete Therapie sprachen auf Venetoclax an. Patienten, die eine vorangegangene Therapie mit einer B-Zell-gerichteten Substanz aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen hatten, sprachen in 92% der Fälle auf Venetoclax an und bei Therapieabbruch aufgrund eines Krankheitsprogresses in 84% der Fälle. Es wurde kein Unterschied des Ansprechens bei Vorliegen oder Nichtvorliegen einer 17p-Deletion/TP53-Mutation gesehen (89% bzw. 86%). 9 Patienten erhielten Venetoclax als Bridging zur allogenen Stammzelltransplantation, diese sprachen alle auf die Therapie an. Das PFS war bei Patienten mit Abbruch der BCRi-Therapie aufgrund von Toxizitäten deutlich verlängert gegenüber dem Therapieabbruch aufgrund eines Krankheitsprogresses.

Die Patienten des UK-CLL-Forums tolerierten die Venetoclax-Therapie gut.[14] 41% der Patienten erhielten eine Dosisreduktion oder eine Therapieunterbrechung aufgrund von Nebenwirkungen. 9,4% dieser Patienten brachen die Therapie permanent ab, vergleichbar mit den 8% der gesamten untersuchten Population. 42% der Patienten mussten während der Venetoclax-Behandlung ungeplant das Krankenhaus aufsuchen, hauptsächlich aufgrund von Infektionen.

Eine weitere, in den USA und dem UK durchgeführte Studie mit 297 Patienten untersuchte die TLS-Prophylaxe und selektierte Nebenwirkungen und den Einfluss der Dosismodifikationen unter Venetoclax im klinischen Alltag.[15] Die retrospektiv untersuchte Kohorte von Patienten, die nicht an klinischen Studien teilgenommen hatten, bestand aus 96% Patienten mit rezidivierter oder refraktärer CLL, 45% mit 17p-Deletion und 84% mit unmutiertem IGHV. Das mediane Alter der Patienten betrug 67 Jahre. Das TLS-Risiko wurde bei 40% der Patienten als niedrig eingestuft, bei 32% als intermediär und bei 28% als hoch. Ein klinisch ausgeprägtes TLS trat bei 2,7% der Patienten auf und bei 5,7% der Patienten wurde ein TLS anhand der Labordaten festgestellt. Laut einer multivariaten Analyse sind die TLS-Risiko-Gruppe und die Kreatinin-Clearance <80ml/min unabhängige Prädiktoren für das Auftreten eines TLS. Innerhalb dieser Studie traten an häufigsten Grad-3/4-Nebenwirkungen Neutropenien (39,6%), Thrombozytopenien (29,2%), Infektionen (25,0%), febrile Neutropenien (7,9%) und Diarrhö (69%) auf. Es brachen 7,4% der Patienten die Venetoclax-Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab. Das PFS wurde nicht von der Anzahl an Dosisunterbrechungen, der Länge der Dosisunterbrechungen oder der stabilen Venetoclax-Dosis beeinflusst. Die mediane Zeit zwischen Beginn der Venetoclax-Therapie und dem Progress oder der letzten Kontrolluntersuchung betrug 11 Monate, bei einer Spanne von 1 bis 33 Monaten. 40% der Patienten brachen die Venetoclax-Therapie innerhalb der medianen Nachbeobachtungszeit von 12 Monaten ab, ein Drittel dieser Patienten aufgrund von CLL-Progression (38 der 42 Patienten hatten bereits Ibrutinib erhalten), 19,3% aufgrund von Nebenwirkungen, 14,3% aufgrund einer geplanten zellulären Therapie und 10,9% aufgrund einer Richter-Transformation.

Venetoclax in der Therapiesequenz

Die optimale Therapiesequenz für die neuen zielgerichteten Substanzen wurde in RCTs nicht thematisiert. Auch die Evidenz aus CLL-Registern ist noch gering. Weitere Beobachtungen und Auswertungen bestehender Informationsquellen aus dem Praxisalltag können möglicherweise zukünftig mehr Auskunft zur Therapiesequenz bei der CLL geben.

Eine multizentrische, US-amerikanische, retrospektive Kohortenanalyse untersuchte den Therapieerfolg, Toxizitäten und Therapieentscheidungen nach einem Abbruch der Venetoclax-Therapie.[17] Eingeschlossen waren 141 CLL-Patienten. Das mediane Alter der Patienten betrug bei Diagnose der CLL 59 Jahre und bei Start der Venetoclax-Therapie 67 Jahre. Im Median hatten die Patienten vor Beginn der Venetoclax-Therapie 3 Therapielinien (Spanne: 0–11) erhalten. 81% der Patienten wiesen eine IGHV-unmutierte Erkrankung auf, 45% hatten eine 17p-Deletion und 26,8% einen komplexen Karyotyp. Die Dosis konnte bei 85% der Patienten bis zu den empfohlenen 400mg Venetoclax täglich eskaliert werden und 75% der Patienten konnten die 400mg-Dosis über einen langen Zeitraum stabil einnehmen. Es sprachen 72,1% der Patienten auf Venetoclax an und 19,4% erreichten eine komplette Remission. Das Ansprechen war ähnlich für ältere Patienten (≥65 Jahre) (ORR: 73,4%), für Patienten mit 17p-Deletion (71,4%), mit vorangegangener Ibrutinib-Therapie (69,1%), mit BTK-Mutation (91,6%) und mit PLCγ2-Mutation (75,0%). Mit einer Nachbeobachtungszeit von 7 Monaten wurden das 12-Monats-PFS bzw. OS auf 68% bzw. 88% geschätzt. In einer univariaten Analyse wurde das Vorliegen einer 17p-Deletion und/oder TP53-Mutation als prädiktiv für ein verschlechtertes PFS, nicht aber OS identifiziert. Die mediane Zeit bis zum besten Ansprechen betrug 2,1 Monate.

Bei 30% der Patienten wurde die Therapie unterbrochen und bei 21% wurde die Dosis reduziert.[17] Die häufigsten Nebenwirkungen waren Neutropenie (47,4%) und Thrombozytopenie (36,0%). Ein Tumorlysesyndrom wurde bei 13,4% der Patienten berichtet, febrile Neutropenie bei 11,6% und Diarrhö Grad ≥2 bei 7,3% der Patienten. Opportunistische Infektionen zeigten 11 Patienten unter Venetoclax, wobei davon 9 Patienten zuvor mit Ibrutinib (n=8) oder mit zwei Kinaseinhibitoren (n=6) behandelt worden waren. Opportunistische Infektionen traten unter der Therapie mit Venetoclax nach median 5 Monaten und innerhalb einer Spanne von 0,2 bis 16 Monaten auf. Bis auf 27 Patienten wurden alle Patienten einmal oder häufiger ungeplant stationär aufgenommen. Ein TLS-Ereignis wurde bei 13,4% der Patienten berichtet, allerdings zeigten nur 6 Patienten klinische Symptome. Ein Patient mit rapidem CLL-Progress, der nach einer Dosisunterbrechung aufgrund einer hospitalisierungsbedürftigen Neutropenie ohne erneute Dosiseskalierung 400mg Venetoclax erhielt, starb am TLS.

Bei den 41 Patienten, die die Therapie mit Venetoclax abbrachen, waren der häufigste Grund dafür der Krankheitsprogress (53,8%) und die Toxizität (20,5%).[17] Die Hälfte der Patienten (17 von 34), die Venetoclax abgebrochen hatten und noch am Leben waren, brauchten bis zur Zeit der Auswertung keine weitere Therapie. 21% der weiter behandelten Patienten erhielten Ibrutinib, 12,5% Rituximab als Monotherapie, 12,5% ein Anthrazyklin-basiertes Regime, 12,5% eine Stammzelltransplantation, 8,3% eine Idelalisib-basierte Therapie und 8,3% eine CAR-T-Zell-Therapie.

Die CLL Collaborative Study of Real-World Evidence (CORE) ist eine multizentrische Analyse von 21 Zentren in 4 Ländern, die die Erstlinienbehandlung von CLL-Patienten seit dem 1. Jänner 2012 und in späteren Linien seit dem 2. Dezember 2014 beobachtet.[18] Von den bisher eingeschlossenen 1231 Patienten erhielten 155 Patienten Venetoclax, davon 21 im nicht vorbehandelten und 134 im rezidivierten oder refraktären Stadium. Das mediane Alter bei Therapiebeginn mit Venetoclax lag bei 67,5 Jahren mit einer Spanne von 37 bis 91 Jahren. 33% der Patienten wiesen eine 17p-Deletion oder eine TP53-Mutation auf, 24% hatten einen komplexen Karyotyp und 77% einen unmutierten IGHV-Status. Die meisten Patienten erhielten Venetoclax in der zweiten (36%) oder dritten Therapielinie (26%). 63% der mit Venetoclax behandelten Patienten hatten zuvor einen BTKi erhalten. Nahezu ein Drittel der Patienten brach die Therapie mit Venetoclax ab, 13% aufgrund von Nebenwirkungen. Ein TLS trat bei 5 Patienten auf, bei 3 Patienten mit klinischen Symptomen. Es sprachen 74% auf die Therapie an, 40% mit einer kompletten Remission. Ähnliche Ansprechraten wurden für alle genetischen Risikogruppen beobachtet.◼

Fragebogen auf Seite XX

Zusammenfassung der in diesem med·Diplom vermittelten Lerninhalte

Real-World-Daten ergänzen die Evidenz, die aus klinischen Studien gewonnen wird. Vorteile dieser Erhebungen sind eine breitere und Praxis-nähere Patientenpopulation. Es müssen allerdings das Risiko für einen Bias, der häufig retrospektive Charakter und die nicht randomisierte Situation berücksichtigt werden.

Ibrutinib wurde mit den Erhebungen aus dem Praxisalltag in seiner Effektivität bestätigt. Bei den Nebenwirkungen zeigte sich das Vorhofflimmern als ernst zu nehmende Nebenwirkung.

Die Therapie mit Venetoclax induziert hohe Ansprechraten nach B-Zell-gerichteter Therapie, unabhängig davon, ob diese aufgrund von Nebenwirkungen oder einem Krankheitsprogress abgebrochen wurde. Venetoclax wurde generell gut vertragen, am häufigsten traten Infektionen auf. Das Tumorlysesyndrom tritt bei empfohlener Eskalation bei Therapiebeginn selten auf und kann durch Dosismodifikationen gut kontrolliert werden.

Klinische Relevanz

Mit den neuen zielgerichteten Regimen hat sich die Behandlung der CLL zu einer chemotherapiefreien Therapie entwickelt. Die vielversprechenden Ergebnisse, die in den großen klinischen Studien gezeigt wurden, finden sich im praktischen Alltag wieder. Intensiv mit BTKi und PI3Ki vorbehandelte Patienten sprechen in der Mehrheit auf Venetoclax an, unabhängig von der Ursache des Therapieabbruchs. Zudem geben die Beobachtungsstudien Hinweise darauf, dass Venetoclax zum Bridging zu einer allogenen Stammzelltransplantation verwendet werden kann.

Seite 6XXXXX Symptome: auffällige Blässe, ständige Müdigkeit, Kon-zentrationsschwäche, häufige Infektionen, Rhagaden in den MundwinkelnSeite 7XXXXX der Patientin: 842-1.288 mg(Hb-Referenzbereich: 12-15 g/d,62x(12-9,7)x2,4+500=842,24;62x(15-9,7)x2,4+500=1288,64)Self Check AUFLÖSUNGDie Auswahl der Rezidivtherapie hängt von mehreren, individuellen Faktoren wie dem Alter, der Komorbidität des Patienten sowie der Primärtherapie, der damit erreichten Remissionsdauer und den gegenüber der Erstdiagnose veränderten Eigenschaften der CLL ab.[6]Tab. 1:Dosisreduktionen und Therapieabbruch unter Ibrutinib-Therapie (modifiziert nach Islam P, Mato AR)3Tab. 2:Dosisreduktionen und Therapieabbruch unter Venetoclax-Therapie (modifiziert nach Islam P, Mato AR)3

B: Gesamtüberleben (OS)

Gesamtüberleben (OS)

Zeit (Monate)

Abb. 2: Progressionsfreies Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) im Real-World-Vergleich von Venetoclax-Monotherapie versus Venetoclax plus Anti-CD20-Antikörper13

Venetoclax- Monotherapie

Venetoclax plus Anti-CD20-Antikörper

A: progressionsfreies Überleben (PFS)

Zeit (Monate)

Progressionsfreies Überleben (PFS)

Anzahl Patienten (%)

A: Testung auf prognostische Biomarker per FISH

therapienaiv (n=459)

rezidiviert/refraktär (n=381)

gesamt (n=840)

B: Testung auf TP53-Mutationsstatus

Anzahl Patienten (%)

therapienaiv (n=459)

rezidiviert/refraktär (n=381)

gesamt (n=840)

C: Testung auf IGHV-Mutationsstatus

Anzahl Patienten (%)

therapienaiv (n=459)

rezidiviert/refraktär (n=381)

gesamt (n=840)

Test durchgeführt Test nicht durchgeführt unbekanntAbb. 1: Häufigkeit der Testung auf prognostische Biomarker per FISH (A), auf TP53-Mutationsstatus (B) und IGHV-Mutationsstatus (C) (modifiziert nach Mato AR et al.)5Element not implemented: <authorinfo>
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