Klinische Charakteristik der therapieresistenten Depression (TRD)

Wie erkenne ich eine TRD bei meinen PatientInnen?

Mehr als 300 Millionen Menschen leiden derzeit weltweit an einer unipolaren depressiven Störung, die gleichzeitig auch die Hauptursache für Suizide mit einer jährlichen Suizidrate von etwa 800 000 Menschen darstellt. Internationale Studien konnten zeigen, dass eine unbehandelte depressive Episode mindestens 6 Monate andauert, und je länger sie ohne spezifische therapeutische Intervention anhält, desto schlechter ist die Prognose.

In diesem Zusammenhang ist von besonderer Bedeutung, dass die Prognose im Falle einer adäquaten Behandlung sehr gut ist. Laut aktueller Evidenz entwickelt etwa ein Drittel der depressiven PatientInnen eine sogenannte Therapieresistenz, die zu den wichtigsten klinischen Herausforderungen im Management der depressiven Störung aktuell gezählt wird. Der vorliegende Artikel, welcher im Einklang mit aktuellen und international anerkannten Richtlinien erstellt wurde, bietet einen Einblick in das gegenwärtige Verständnis über die Diagnostik und über das klinische Erscheinungsbild der therapieresistenten Depression. Bezüglich detaillierter Information verweisen wir höflich auf das kürzlich erschienene und online verfügbare Konsensus-Statement der Österreichischen Gesellschaft für Neuropsychopharmakologie und Biologische Psychiatrie (https://oegpb.at/wp-content/uploads/2021/04/ÖGPB-Konsensus-2021_Therapieresistente-Depression_final_210422.pdf).

Abb. 1:Die Abbildung, welche nach Amos et al. 2016a; Amos et al. 2018b; Feldmann et al. 2013c adaptiert wurde, beschreibt häufige Konsequenzen, die bei insuffizientem Ansprechen auf zwei oder mehr Therapieoptionen auftreten können. Sie ist im Konsensus-Statement – State of the Art 2021 „Therapieresistente Depression – Diagnose und Behandlung“ der Österreichischen Gesellschaft für Neuropsychopharmakologie und Biologische Psychiatrie (https://oegpb.at/wp-content/uploads/2021/04/ÖGPB-Konsensus-2021_Therapieresistente-Depression_final_210422.pdf) zu finden und wird mit Genehmigung des Fachjournals „JATROS Neurologie & Psychiatrie“ verwendet

Die Entwicklung und Prävalenz der therapieresistenten Depression

Die unipolare Depression ist die häufigste affektive Erkrankung und wird laut aktuellen Schätzungen für das Jahr 2030 hinsichtlich globaler Krankheitslast an erster Stelle der führenden Ursachen für assoziierte krankheitsbedingte Behinderung und vorzeitigen Tod stehen. Da eine ausbleibende oder inadäquate Behandlung dieser häufigen Störung neben tragischen Folgen für die Betroffenen und deren Angehörige auch mit bedeutenden Einbußen in der alltäglichen Funktionalität und somit mit erheblichen Kosten für die Gesellschaft einhergehen kann, ist ein rechtzeitiges Erkennen depressiver Symptome sowie deren adäquate Behandlung von essenzieller Bedeutung (Abb. 1). Obwohl uns derzeit eine Vielzahl moderner und effektiver Therapiemethoden zur Verfügung steht, sprechen bis zu 60% der unipolar depressiven PatientInnen nicht ausreichend auf die initiale antidepressive Therapie an. Dies bedeutet allerdings noch nicht, dass im konkreten Fall tatsächlich eine therapieresistente Depression (TRD) vorliegt, die etwa ein Drittel der depressiven PatientInnen entwickelt, zumal ein mangelnder Behandlungserfolg auch die Folge einer „Pseudotherapieresistenz“ sein kann (Abb. 2).

Die Diagnostik der TRD undder Ausschluss von Pseudotherapieresistenz

Der Ausschluss der sogenannten Pseudotherapieresistenz sollte immer zu den ersten diagnostischen Maßnahmen zählen. Konkret spricht man von Pseudotherapieresistenz, wenn ein mangelnder Behandlungserfolg seine Ursache in einer (noch) zu kurzen Behandlungsdauer, einer unzureichenden Dosierung der eingesetzten antidepressiven Psychopharmakotherapie bzw. auch einer grundsätzlich inadäquaten/nicht indizierten Behandlung hat. Weiters können mangelnde Therapieadhärenz, nicht ausreichend berücksichtigte bzw. behandelte psychiatrische und/oder somatische Komorbiditäten sowie auch potenzielle psychosoziale Belastungen, ungünstige Lifestyle-Faktoren und/oder unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) hinter dem Auftreten einer Pseudotherapieresistenz stehen. Auch Unterschiede in der individuellen Metabolisierung der eingesetzten antidepressiven Wirkstoffe, die in vielen Fällen zu Abweichungen von den empfohlenen therapeutischen Plasmaspiegel führen, können auf eine Pseudotherapieresistenz hinweisen (Abb. 2).

Abb. 2:Diese Abbildung, welche nach Malhi und Bell 2020 adaptiert wurde, stellt häufige Gründe für insuffizientes Therapieansprechen dar, welche mit dem Begriff der sogenannten Pseudotherapieresistenz zusammengefasst werden können. Auch die Abbildung 2 ist im Konsensus-Statement – State of the Art 2021 „Therapieresistente Depression – Diagnose und Behandlung“ der Österreichischen Gesellschaft für Neuropsychopharmakologie und Biologische Psychiatrie (https://oegpb.at/wp-content/uploads/2021/04/ÖGPB-Konsensus-2021_Therapieresistente-Depression_final_210422.pdf) zu finden und wird mit Genehmigung des Fachjournals „JATROS Neurologie & Psychiatrie“ verwendet

Um PatientInnen mit einer Pseudotherapieresistenz rechtzeitig zu identifizieren und eine eventuell verfrühte und nicht zutreffende Annahme einer TRD, deren genaue Definition unten angeführt ist, auszuschließen, sollten nach Beginn jeder antidepressiven Therapie der bisherige Behandlungserfolg, das eventuelle Vorliegen von Komorbiditäten und/oder psychosozialen Belastungen sowie das Auftreten etwaiger UAW regelmäßig evaluiert werden. Dies ermöglicht eine notwendige Therapieoptimierung, die im Falle eines Nicht- oder mangelhaften Ansprechens bzw. einer Zustandsverschlechterung rechtzeitig unternommen werden kann. Ein besonderer Fokus sollte hierbei auf das gezielte Ansprechen der subjektiven Lebensqualität bzw. das Auftreten von UAW gelegt werden. Dies ist z.B. bei sexuellen Funktionsstörungen von besonderer klinischer Relevanz, da diese häufig von PatientInnen nicht direkt angesprochen werden, jedoch einen erheblichen Leidensdruck verursachen können. Dieser kann folglich zur insuffizienten Therapieadhärenz, zum reduzierten Therapieansprechen und letztendlich auch zur TRD bzw. zu chronischen Verläufen führen, welche durch eine adäquate Therapiemodifikation durchaus vermeidbar sind. In diesem Zusammenhang sind auch die oft auftretenden metabolischen UAW erwähnenswert, die ebenfalls mithilfe einer individuell gewählten und durch regelmäßige Psychoedukation gestützten Psychopharmakotherapie und eines gesunden Lebensstils sehr gut vermeidbar sind.

Neben einer genauen psychiatrischen Exploration erlaubt im Laufe der antidepressiven Therapie eine zusätzliche Laboruntersuchung (Blutbild, Gerinnung, klinische Chemie mit metabolischen Screenings, Schilddrüsenfunktion, Eisenstatus, Vitamin D, Folsäure, Vitamin B12, hs-CRP) inklusive der Bestimmung der medikamentösen Plasmaspiegel im Blut (therapeutisches Drug Monitoring, TDM) Aussagen zur potenziell abweichenden Metabolisierung der eingesetzten Wirkstoffe. Diese lässt Rückschlüsse auf Enzymvarianten v.a. im Cytochrom-P450- System der Leber zu, die zu hohe („intermediate“ bzw. „poor metabolizer“) oder zu niedrige Plasmaspiegel („rapid“ bzw. „ultra-rapid metabolizer“) bedingen können. Während ein vermehrtes Auftreten von UAW bei bereits niedrigen Tagesdosierungen mit einer langsamen Metabolisierung („poor metabolizer“) einhergehen kann, liefert insuffizientes Ansprechen unter ausreichend dosierter Medikation Hinweise auf eine schnelle Metabolisierung („ultra-rapid metabolizer“).

Die Definition der TRD

Nach Ausschluss der Pseudotherapieresistenz sollte das unzureichende Therapieansprechen genauer definiert und quantifiziert werden. Die Definition der TRD wurde in den letzten Jahrzenten durch eine wachsende Anzahl internationaler Daten zunehmend gefestigt. Besonders hervorzuheben sind hierbei die Ergebnisse der European Group for the Study of Resistant Depression (GSRD), eines internationalen Forschungskonsortiums, welches seit mehr als zwei Jahrzehnten in insgesamt acht Ländern (Österreich, Italien, Deutschland, Schweiz, Belgien, Frankreich, Griechenland, Israel) sowohl klinische als auch biologische Korrelate der TRD und ihre Behandlungsmöglichkeiten systematisch untersucht. Im Laufe der intensiven 20-jährigen Forschung wurde unter anderem das GSRD-Staging-Modell für die Beurteilung des individuellen Ansprechens auf eine antidepressive Behandlung, das die aktuelle Schwere der depressiven Symptome sowie die angewendeten psychopharmakotherapeutischen Strategien berücksichtigt, vorgestellt und aufgrund einer breiten internationalen Anwendung und Anerkennung von der European Medicines Agency (EMA; http://www.ema.europa.eu) übernommen.

Im Einklang mit dem GSRD-Staging-Modell für die Beurteilung des individuellen Ansprechens auf eine antidepressive Psychopharmakotherapie im Rahmen der unipolaren Depression wird die TRD aktuell als ein fehlendes Ansprechen auf zumindest zwei konsekutive Behandlungen mit Antidepressiva gleicher oder unterschiedlicher Wirkstoffklassen definiert, welche über einen ausreichenden Behandlungszeitraum von mindestens 4 Wochen und in einer ausreichenden Tagesdosis (Tab. 1) bei therapieadhärenten PatientInnen verabreicht wurden.

Tab. 1: Die Tabelle 1, welche nach „Bauer et al. 2017; Dold und Kasper 2017; Bartova et al. 2017; Hiemke et a.l 2011“ adaptiert wurde, beschreibt die von internationalen Therapieleittlinien empfohlenen täglichen Standard- und Zieldosierungen der meistverordneten Antidepressiva. *Beim empfohlenen Dosisbereich von Esketamin i.n. (= intranasal) ist zu erwähnen, dass dessen Verabreichung nicht täglich, sondern nach einem vorgegebenen Schema erfolgt (LJ = Lebensjahr). Zusätzlich sind Empfehlungsgrade für therapeutisches Drug-Monitoring (TDM) abgebildet, wobei TDM beim Grad 1 dringend empfohlen und beim Grad 2 empfohlen wird, während TDM beim Grad 3 als nützlich und beim Grad 4 als potentiell nützlich angesehen wird. Eine fehlende Gradangabe stellt dar, dass TDM bei dieser Substanz noch nicht ausreichend untersucht wurde und daher derzeit keine Empfehlung vorliegt. Die Tabelle 1 ist im Konsensus-Statement - State of the Art 2021 „Therapieresistente Depression – Diagnose und Behandlung“ der Österreichischen Gesellschaft für Neuropsychopharmakologie und Biologische Psychiatrie (https://oegpb.at/wp-content/uploads/2021/04/ÖGPB-Konsensus-2021_Therapieresistente-Depression_final_210422.pdf) zu finden und wird mit Genehmigung des Fachjournals „Jatros Neurologie & Psychiatrie“ verwendet.

Bei der Beurteilung des individuellen Therapieansprechens wird von internationalen psychiatrischen Fachgesellschaften, wie z.B. der World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP), das Heranziehen validierter Messinstrumente empfohlen. Aufgrund evidenzbasierter Datenlage werden hierbei vordergründig die Montgomery-Åsberg Depression Rating Scale (MADRS) und/oder die Hamilton Depression Rating Scale (HAM-D) eingesetzt. Gemäß der HAM-D wird eine Remission durch das Erreichen eines HAM-D- Gesamtscores von ≤ 7 definiert, während von einem ausreichenden Therapieansprechen bei einer Reduktion der Symptomschwere um ≥ 50% gesprochen wird. Ein partielles Ansprechen wird durch Reduktion der depressiven Symptomatik von > 25 bis < 50% charakterisiert, ein Nichtansprechen durch eine Symptomreduktion von ≤ 25%.

Abb. 3:In der Abbildung 3, welche nach Kautzky et al. 2019 adaptiert wurde, sind klinische Merkmale abgebildet, die wiederholt mit der therapieresistenten Depression assoziiert wurden, die in der klinischen Routine leicht zu erheben sind und daher als hilfreiche Prädiktoren für den Behandlungsverlauf herangezogen werden können. Die Abbildung 3 ist ebenfalls im Konsensus-Statement – State of the Art 2021 „Therapieresistente Depression – Diagnose und Behandlung“ der Österreichischen Gesellschaft für Neuropsychopharmakologie und Biologische Psychiatrie (https://oegpb.at/wp-content/uploads/2021/04/ÖGPB-Konsensus-2021_Therapieresistente-Depression_final_210422.pdf) zu finden und wird mit Genehmigung des Fachjournals „JATROS Neurologie & Psychiatrie“ verwendet

Das klinische Erscheinungsbildder TRD

Der klinische Phänotyp der TRD wurde bisher in zahlreichen internationalen Studien untersucht, wobei die europäischen GSRD-Studien, die in den letzten zwei Jahrzenten mehr als 2762 depressive PatientInnen und deren Therapieansprechen systematisch untersuchten, wesentlich zum aktuellen Verständnis beitrugen. Wie international wiederholt gezeigt wurde und in Abbildung 3 dargestellt ist, zeichnet sich die TRD sehr häufig durch einen höheren Schweregrad der depressiven Symptomatik und einen chronifizierten Verlauf aus. Hierbei wurde gezeigt, dass die Dauer der aktuellen depressiven Episode sowie die Anzahl der früheren depressiven Episoden und der bisherigen psychiatrischen stationären Behandlungen von besonderer Relevanz sind. Weiters wurden ein geringeres Alter bei Ersterkrankung, eine positive Familienanamnese für affektive Erkrankungen, das vermehrte Auftreten von UAW sowie auch ein hohes berufliches Beschäftigungsausmaß, das besonders bei Managern und ähnlichen Berufsgruppen wie z.B. auch ÄrztInnen, beobachtet wurde, mit einem fehlenden Therapieansprechen bzw. der TRD assoziiert. Ergänzend ist internationalen Untersuchungen, wie z.B. der „Sequenced Treatment Alternatives to Relieve Depression (STAR*D)“-Studie, zu entnehmen, dass belastende Lebensereignisse eine große Rolle bei individuellem Therapieansprechen und in der Entwicklung der TRD spielen.

Außerdem waren Suizidalität, melancholische und psychotische Symptome während der aktuellen depressiven Episode sowie komorbide Angsterkrankungen und Persönlichkeitsstörungen mit einem insuffizienten Ansprechen bzw. der TRD gehäuft vergesellschaftet. Auch somatische Komorbiditäten wurden mit einem unzureichenden Therapieansprechen bzw. der TRD in Verbindung gebracht, wobei diese in den GSRD-Studien lediglich im Falle einer komorbiden Migräne beobachtet werden konnte. Zudem wurde ein Zusammenhang zwischen somatischen Komorbiditäten und einem höheren Einsatz psychopharmakotherapeutischer Maßnahmen gefunden, was eine klinisch hohe Relevanz aufweist, da die Notwendigkeit komplexer therapeutischer Maßnahmen im Sinne einer häufigeren und längeren stationären Behandlung sowie eines erhöhten Einsatzes psychopharmakotherapeutischer Augmentations- und Kombinationsstrategien in Verbindung mit einem unzureichenden Therapie-Outcome wiederholt beobachtet wurde. In den GSRD-Studien wurden entsprechende Assoziationen besonders für die Augmentationstherapie mit Antipsychotika der zweiten Generation bzw. Lithium und/oder Benzodiazepinen sowie für die Anzahl der eingenommenen Antidepressiva berichtet. Eine weitere Verbindung konnte kürzlich für die Wahl der initialen antidepressiven Psychopharmakotherapie gezeigt werden, wobei die Verordnung von Antidepressiva, die nicht der Substanzklasse der selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) angehören, vermehrt mit einem unzureichenden Therapieansprechen und der TRD einherging. Die zusätzliche Anwendung von psychotherapeutischen Strategien konnte in einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung der GSRD, die bei insgesamt 1279 unipolar depressiven PatientInnen durchgeführt wurde, nicht mit einem besseren Therapie-Outcome assoziiert werden.

In einer rezenten Replikationsstudie, die bei 916 GSRD-PatientInnen durchgeführt wurde, zeigten sich der höhere Schweregrad der depressiven Symptomatik, Suizidalität, die höhere Anzahl früherer depressiver Episoden und die komorbide Angststörung als besonders robuste Risikofaktoren für die Entwicklung einer TRD. Durch die Verwendung von maschinellem Lernen konnte besonders in dieser Studie sowie in Folgestudien mit erweiterten Patientenpopulationen die Prädiktion von individuellem Therapieansprechen und der TRD deutlich präzisiert werden. Hierbei wurden zuletzt die Dauer der depressiven Störung, die Schwere der depressiven Symptomatik, komorbide Angstsymptome und somatische Beschwerden sowie spezifische Persönlichkeitsmerkmale als wichtige Prädiktoren hervorgehoben. Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass eine (noch) nicht diagnostizierte „Bipolarität“ mit einem nicht zufriedenstellenden Therapieansprechen bzw. der TRD einhergehen kann.

Die TRD in der aktuellen klinischen Routine und Ausblick

Da sich eine depressive Episode erst im Verlauf durch das mangelhafte Ansprechen auf adäquat eingesetzte Therapien als therapieresistent und bei weiterer unzureichender Behandlung als zunehmend chronifizierend herausstellen kann und dadurch von einer zunächst gut respondierenden und dann remittierenden depressiven Episode initial nicht immer eindeutig abgegrenzt werden kann, ist es essenziell, die oben genannten speziellen Charakteristika regelmäßig zu explorieren. In diesem Zusammenhang sollte den sogenannten klinischen Prädiktoren, die in der klinischen Routine leicht zu erheben und in Bezug auf das zukünftige Therapieansprechen essenziell sind, besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Da mehrfach berichtet wurde, dass mit einem frühen Erkennen des Risikos für eine Therapieresistenz einer späteren Chronifizierung vorgebeugt werden kann, sollte die gezielte Exploration des Schweregrades der depressiven Symptomatik, der Suizidalität, der Anzahl früherer depressiver Episoden und der Komorbiditäten, die als robuste Risikofaktoren für die Entwicklung einer TRD identifiziert werden konnten, eine individuell maßgeschneiderte Therapie ermöglichen, um die Entwicklung einer TRD und eine Chronifizierung zu verhindern.

Obwohl das komplexe Krankheitsbild der TRD zweifellos eine besondere Herausforderung für das medizinische Fachpersonal, die Betroffenen und deren Angehörige darstellt, ist darauf hinzuweisen, dass bei Anwendung individuell gewählter und effektiver Behandlungsmethoden ein zufriedenstellender Therapieerfolg überaus realistisch ist. In diesem Zusammenhang wird derzeit in internationalen Fachkreisen eine dementsprechende und für die PatientInnen weniger stigmatisierende Bezeichnung als die der „TRD“ bzw. der ebenfalls häufig verwendeten „difficult-to-treat depression“ (DTD) zunehmend thematisiert.

Ähnlich wie bei vielen anderen Krankheitsbildern, wie z.B. der arteriellen Hypertonie, sollte bei der TRD – im Sinne einer optimalen maßgeschneiderten antidepressiven Therapie – die medikamentöse Behandlung als Basistherapie dienen, die um weitere effektive nichtpharmakologische und psychosoziale Interventionen entsprechend den individuellen Bedürfnissen erweitert werden kann. Um einen guten Behandlungserfolg und somit eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität unserer PatientInnen zu erreichen, ist eine tragfähige und durch regelmäßige Psychoedukation gestützte Arzt/Ärztin-PatientInnen-Beziehung unentbehrlich.

Abschließend ist im Rahmen der angestrebten Präzisionsmedizin zu erwähnen, dass erste Ergebnisse genomweiter und multifaktorieller Studien ein Potenzial genetischer Marker für Präzisionsdiagnostik und Therapievorhersage erkennen lassen. Somit stellt die Charakterisierung genetischer Marker der TRD einen weiteren wichtigen Schwerpunkt der Depressionsforschung dar, um u. a. eine personalisierte und somit bestmögliche Psychopharmakotherapie etablieren zu können, wie dies beispielsweise bei einigen onkologischen Erkrankungen bereits der Fall ist.

Interessenskonflikte:

DDr. Lucie Bartova erhielt Honoraria von AOP Orphan, Medizin Medien Austria, Vertretungsnetz, Schwabe Austria, Janssen und Angelini. Em. o.Univ.-Prof. Dr. h.c. mult. Dr.med. Siegfried Kasper erhielt in den letzten fünf Jahren Honoraria von Angelini, AOP Orphan Pharmaceuticals, Celegne GmbH, Eli Lilly, Janssen-Cilag Pharma GmbH, KRKA-Pharma, Lundbeck A/S, Mundipharma, Neuraxpharm, Pfizer, Sanofi, Schwabe, Servier, Shire, Sumitomo Dainippon Pharma Co. Ltd. und Takeda.

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